Logo MDR 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Urteile der Woche Egal wie kurios die Unterlage – der letzte Wille zählt

02. März 2024, 06:40 Uhr

Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.


Letzter Wille auf Gastronomie-Bestellzettel ist wirksam

Oberlandesgericht Oldenburg (3 W 96/23)

Evelyn Evers ist seit kurzem Witwe. Nun kümmert sie sich um den Nachlass ihres verstorbenen Lebensgefährten und damit auch um die Gaststätte, die er betrieben hatte. Als sie dort aufräumt, findet sie hinter der Bar den Notizzettel einer Brauerei. Auf dem ist neben einem Datum und der Unterschrift ihres Partners vermerkt, Frau Evers solle einmal alles erben.

Und so geht sie mit dem Zettel zum Amtsgericht und beantragt die Erteilung eines Erbscheins. Das Amtsgericht akzeptiert das Schriftstück aber nicht und geht zunächst von der gesetzlichen Erbfolge aus. Evelyn Evers legt dagegen Beschwerde ein.

Das Oberlandesgericht Oldenburg entscheidet schließlich zu ihren Gunsten und begründet wie folgt: "Bei dem Bestellzettel handelt es sich um ein wirksam errichtetes Testament, welches der Erblasser eigenhändig und mit Testierwillen errichtet hat und mit welchem die Partnerin zur Alleinerbin eingesetzt worden ist. Alleine der Umstand, dass das formgültige Schriftstück sich auf einer ungewöhnlichen Unterlage befindet, lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass es sich bei dem Schriftstück nur um einen Entwurf handelt."

Die Hinterbliebene wird als Alleinerbin akzeptiert.


Influencerin kann Ausgaben für Mode nicht steuerlich absetzen

Niedersächsisches Finanzgericht (3 K 11195/21)

Lucy Lightning verdient ihr Geld als Influencerin. Sie betreibt einen Blog für Mode und Lifestyle auf verschiedenen Social-Media-Kanälen. Firmen schicken ihr also Produkte und die bewirbt die junge Frau in Online-Videos und auf Fotos.

Auf ihr Äußeres legt Lucy Lightning dabei viel Wert und das lässt sie sich einiges kosten. Sie kauft regelmäßig Klamotten und Accessoires namhafter Marken. Und weil das alles für den beruflichen Zweck ist, gibt Lightning die Kosten als Betriebsausgaben bei der Steuer an. Das Finanzamt lehnt eine entsprechende Vergünstigung ab mit der Begründung, sämtliche Gegenstände könnten durch die Steuerpflichtige auch privat genutzt werden.

Der Fall landet vor dem Niedersächsischen Finanzgericht, wo ähnlich argumentiert wird: "Allein die naheliegende Möglichkeit der Privatnutzung von bürgerlicher Kleidung und Mode-Accessoires führt dazu, dass eine steuerliche Berücksichtigung ausgeschlossen ist. Auch handelt es sich bei den von der Klägerin erworbenen Gegenständen nicht um typische Berufskleidung, die nach ihrer Beschaffenheit objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Nutzung bestimmt sind."

Die Influencerin kann die Ausgaben für Mode und Accessoires also nicht steuerlich geltend machen.


Arbeitgeber muss Reisekosten für Präsenzschulung übernehmen

Bundesarbeitsgericht (Az. 7 ABR 8/23)

Bernhard Bernstein ist neu im Betriebsrat einer großen Fluggesellschaft. Für eine Grundlagenschulung werden er und ein Kollege für mehrere Tage zu einem Seminar geschickt. Die Kosten dafür übernimmt das Unternehmen. Die Reise- und Hotelkosten müssen Herr Bernstein und sein Kollege zunächst alleine aufbringen.

Der Personalrat fordert die Ausgaben für die beiden später zurück. Das Unternehmen aber will nicht zahlen. Schließlich hätten die neuen Personalvertreter auch an einem gleichwertigen Online-Seminar des Anbieters teilnehmen können. Der Personalrat lässt das nicht auf sich sitzen. Der Fall wird erst am Landesarbeitsgericht Düsseldorf und dann am Bundesarbeitsgericht verhandelt.

Das bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz: "Die Personalvertretung muss sich wegen der notwendigen Schulungen ihrer Mitglieder vom Arbeitgeber nicht auf ein Webinar verweisen lassen, nur weil dieser Geld sparen will. Die Personalvertretung hat bei der Auswahl der Schulungen einen gewissen Spielraum. Dieser umfasst auch die Wahl des Formates, selbst wenn eines in Präsenz regelmäßig teurer ist als ein Webinar."

Der Arbeitgeber muss seinen Beschäftigten die Reisekosten erstatten.

*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 02. März 2024 | 08:17 Uhr

Mehr zum Thema Recht

Weitere Ratgeber-Themen