Urteile der Woche Kein Schmerzensgeld nach Sturz im Bus
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23. November 2024, 11:23 Uhr
Fast täglich werden im Gerichtssaal wichtige Urteile gesprochen, die Einfluss auf unser Leben haben können. MDR AKTUELL präsentiert Ihnen die drei interessantesten dieser Woche in Kurzform.
Kein Schmerzensgeld nach Sturz in Linienbus
Amtsgericht München (Az. 338 C 15281/24)
Es ist Abend und Stefan Stehfest ist mit dem Linienbus in München unterwegs. Er kommt vom Einkaufen, hat deshalb seinen Rollkoffer dabei. Obwohl es noch freie Plätze gibt, bleibt der 76-Jährige während der Fahrt stehen und hält sich am Handlauf und seinem Trolley fest. Als ein PKW dem Linienbus die Vorfahrt nimmt, muss der Fahrer scharf bremsen. Herr Stehfest wird durch den Bus gewirbelt und stürzt. Er zieht sich Prellungen an Brustwirbelsäule und Becken zu. Auch ein Gelenk in der Hand wird überdehnt. Wochenlang kämpft der Rentner mit den Schmerzen. Er klagt auf Schmerzensgeld – will vom Fahrer des Pkw und dessen Versicherung 2.000 Euro haben.
Das Amtsgericht München weist die Klage aber ab und argumentiert wie folgt: "Zwar hat der Fahrer des anderen Fahrzeuges tatsächlich gegen Sorgfaltspflichten beim Spurwechsel verstoßen und dadurch zum Sturz des Mannes beigetragen. Das eigene Verhalten des Fahrgastes schließt eine Haftung des Pkw-Fahrers jedoch aus. Denn die stehende Position im Bus war nicht geeignet, um bei einer Bremssituation gesichert zu sein." Der Fahrgast bekommt also kein Schmerzensgeld.
Kunden können unzulässige Kontogebühren auch nach drei Jahren zurückfordern
Bundesgerichtshof (Az. XI ZR 139/23)
Tamilo Taler* ist seit vielen Jahren Sparkassen-Kunde. Er hat dort zwei Konten, die für ihn kostenlos sind, solange er jeweils mit 1.500 Euro im Plus ist. 2017 informiert ihn seine Bank, dass ab dem neuen Jahr Kontoführungsgebühren anfallen. Herr Taler kündigt eines der Konten. Die Gebühren für das andere zahlt er künftig.
Als der Bundesgerichtshof 2021 entscheidet, dass Banken ihre Kunden immer eindeutig um Zustimmung bitten müssen, wenn sie Gebühren erhöhen, wird Herr Taler hellhörig. Er widerspricht den Gebühren seiner Sparkasse und fordert eine Rückzahlung aller bislang erbrachten Kontobeiträge. Am Landgericht Ingolstadt hat er damit zunächst keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil aus Ingolstadt aber auf: "Die Sparkasse hat die Entgelte ohne Rechtsgrundlage vereinnahmt. Auch der Umstand, dass ein Kunde die zu Unrecht erhobenen Gebühren mehr als drei Jahre lang widerspruchslos zahlte, führt nicht automatisch dazu, dass die Sparkasse das Geld behalten darf." Die Sparkasse muss dem Kunden knapp 200 Euro zurückzahlen.
Airline muss bei Annullierung Ersatzflüge anderer Fluggesellschaften anbieten
Bundesgerichtshof (Az. X ZR 109/23)
Frank Flügelschlag ist auch für kurze Strecken gern mit dem Flieger unterwegs. Auf einer Reise von Berlin-Tegel nach Düsseldorf hat er allerdings Pech. Wegen eines Gewitters annulliert die Fluggesellschaft sowohl den Hin- als auch den Rückflug. Die Airline bietet mehrere Ersatzflüge an: einen noch am selben Tag, andere am Folgetag. Frank Flügelschlag entscheidet sich aber für den Zug, weil der ihn schneller an sein Ziel bringt.
Später versucht er mithilfe eines Fluggastrechteportals eine Entschädigung von der Fluggesellschaft einzuklagen. Zunächst vergebens, denn das Landgericht Berlin meint, die Fluggesellschaft habe mit den angebotenen Ersatzflügen ausreichende Maßnahmen getroffen.
Der Bundesgerichtshof sieht das anders: "Es reicht nicht, wenn eine Airline nur eine Ersatzbeförderung mit eigenen Flügen anbietet. Ausnahmen bestehen im Wesentlichen nur, wenn es keine verfügbaren Alternativflüge anderer Airlines gibt, mit denen Passagiere früher am Ziel ankommen könnten. Das muss die Fluggesellschaft im Zweifel nachweisen können." Die Fluggesellschaft muss die Entschädigung von 250 Euro zahlen.
*Alle Namen wurden von der Redaktion geändert.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 23. November 2024 | 08:24 Uhr