Ehegattentestament Berliner Testament: Das müssen Sie wissen
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27. Februar 2023, 15:30 Uhr
Das Berliner Testament ist die am weitesten verbreitete Form für ein gemeinschaftliches Testament im deutschsprachigen Raum. Damit setzen sich Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner wechselseitig zu Alleinerben ein. Welche Fallstricke es zu beachten gibt, weiß Rechtsexperte Gilbert Häfner.
Was ist ein "Berliner Testament"?
Das so genannte Berliner Testament ist eine besondere Art des gemeinschaftlichen Testaments, bei der sich Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen, um die Versorgung des länger Lebenden sicherzustellen. Zugleich bestimmen sie in dem Testament, dass nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten der beiderseitige Nachlass einer oder mehreren anderen Personen zufallen soll, wobei es sich bei diesen Personen nicht notwendigerweise um die gemeinsamen Kinder handeln muss.
Welche Varianten des Berliner Testaments gibt es?
Bei der Gestaltung des Berliner Testaments wird zwischen der "Trennungslösung" und der "Einheitslösung" unterschieden. Die "Trennungslösung" besteht darin, dass sich die Ehegatten gegenseitig zu Vorerben und die Kinder (oder andere Dritte) zu Nacherben sowie für den Fall des eigenen Überlebens zugleich als Ersatzerben einsetzen. Dadurch entstehen mit dem ersten Todesfall zwei getrennte Vermögensmassen in der Hand des überlebenden Ehegatten, nämlich dessen bereits vorhandenes Eigenvermögen und das ererbte Vermögen.
Beim zweiten Todesfall wird dann das Eigenvermögen an die eingesetzten Kinder vererbt und das ererbte Vermögen an diese weitervererbt. Insoweit können die zwei Vermögensmassen auch wieder auseinanderfallen, so etwa wenn in dem Berliner Testament Verwandte des Ehemannes zu Erben für dessen Nachlass und Verwandte der Ehefrau zu Erben für deren Nachlass berufen werden.
Bei der "Einheitslösung" bestimmen die Ehegatten gemeinsam den Erben des Überlebenden, den Schlusserben. Nach dieser Variante vereinigt sich mit dem ersten Todesfall der Nachlass des verstorbenen Ehegatten mit dem bereits vorhandenen Eigenvermögen des überlebenden Ehegatten in dessen Hand.
Ist durch ein Berliner Testament gewährleistet, dass die Kinder ihren Pflichtteil nicht geltend machen können?
Das Gesetz sichert den Abkömmlingen (ebenso wie dem Ehegatten oder den Eltern des Erblassers, wenn diese ohne testamentarische Verfügung gesetzliche Erben gewesen wären) den so genannten Pflichtteil zu. Die Pflichtteilsberechtigten haben danach gegen den oder die testamentarisch eingesetzten Erben einen Anspruch auf Geldzahlung in Höhe der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
Hieran kann durch das Berliner Testament nichts geändert werden. Macht beim ersten Todesfall nur eines von mehreren als Schlusserben eingesetzten Kindern von seinem Pflichtteilsrecht Gebrauch, ist es sogar gegenüber den anderen im Vorteil, da alle Kinder nach dem Tode des zweiten Ehegatten zu gleichen Teilen dessen Erben werden.
Die Ehegatten haben aber die Möglichkeit, die Kinder von der Geltendmachung des Pflichtteils abzuhalten und somit deren Gleichbehandlung zu gewährleisten: Sie können im Testament verfügen, dass dasjenige Kind, welches nach dem Tod des zuerst Versterbenden den Pflichtteil geltend macht, auch nach dem Tod des zweiten Ehegatten nur den Pflichtteil erhalten soll (so genannte Pflichtteils-Strafklausel).
Wie wirkt sich eine "Pflichtteils-Strafklausel" im Berliner Testament eines Ehepaares mit drei gemeinsamen Kindern aus, wenn der zuerst versterbende Ehegatte ein Vermögen von 90.000 Euro und der ihn überlebende Ehegatte ein solches von 30.000 Euro hat?
Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist – zunächst unabhängig vom ehelichen Güterstand – neben Abkömmlingen zu 1/4 gesetzlicher Erbe. Haben die Eheleute, wie es die Regel ist, im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so erhöht sich der genannte Erbteil um 1/4, also neben leiblichen Kindern auf insgesamt 1/2. Die andere Hälfte erben die Kinder zu gleichen Teilen.
Daraus folgt für den Beispielsfall: Macht nach dem Tod des zuerst versterbenden Elternteils keines der drei Kinder seinen Pflichtteil geltend und bleiben der Nachlass dieses Elternteils sowie das eigene Vermögen des anderen Elternteils bis zu dessen Tod ungeschmälert, erbt hiernach jedes der drei Kinder 40.000 Euro ([90.000 Euro + 30.000 Euro] x 1/3).
Verlangt hingegen eines der drei Kinder seinen Pflichtteil, so erhält es aus dem 90.000 Euro betragenden Nachlass des zuerst versterbenden Elternteils 7.500 Euro (90.000 Euro x 1/2 x 1/3 x 1/2); nach dem Tod des anderen Elternteils erhält dieses Kind weitere 18.750 Euro ([90.000 Euro ./. 7.500 Euro + 30.000 Euro] x 1/3 x 1/2).
Die als "Strafe" erlittene Einbuße des Kindes, das seinen Pflichtteil geltend gemacht hat, liegt somit bei 13.750 Euro (40.000 Euro ./. 7.500 Euro ./. 18.750 Euro).
Wie errichtet man ein Berliner Testament?
Ein privates Testament ist nur wirksam, wenn bestimmte Formerfordernisse beachtet werden: Es muss von demjenigen, der damit über sein Vermögen für den eigenen Todesfall verfügen will, vollständig handgeschrieben und unterschrieben sein. Ist das Testament mit der Schreibmaschine oder am Computer geschrieben oder fehlt die Unterschrift, so ist es insgesamt unwirksam; das hat zur Folge, dass die gesetzliche Erbfolge eingreift.
Die Unterschrift muss den Text auch räumlich abdecken und ihn deshalb abschließen. Dringend zu empfehlen ist die Angabe von Zeit und Ort der Niederschrift im Testament; da ein neues das alte Testament ganz oder teilweise aufheben kann, kann man nur auf diese Weise einfach und zuverlässig ermitteln, welches das jüngere von beiden oder das jüngste von mehreren ist.
Ein gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten (oder gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnern) errichtet werden. Dabei genügt es, dass einer der Ehegatten das Testament handschriftlich verfasst. In diesem Fall müssen beide Ehegatten die einheitliche Urkunde eigenhändig unterschreiben. Derjenige Ehegatte, der lediglich unterschreibt, soll dabei das Datum und den Ort seiner Unterschriftsleistung angeben.
Es ist auch möglich, dass die Ehegatten ihr gemeinschaftliches Testament in getrennten Urkunden, also jeder für sich, errichten. In diesem Fall müssen beide Urkunden vom jeweiligen Verfasser vollständig handgeschrieben und unterschrieben sein. Darüber hinaus müssen beide Urkunden erkennen lassen, dass dem Testament ein gemeinsamer Wille der Ehegatten zugrunde liegt.
Kann man ein Berliner Testament auch bei einem Notar beurkunden lassen?
Anstatt einer eigenhändigen handschriftlichen Abfassung des Testaments, auch des Berliner Testaments, kann man dieses zur Niederschrift eines Notars errichten (so genanntes öffentliches Testament). Dabei erklärt der Erblasser entweder seinen letzten Willen dem Notar oder er übergibt diesem ein Schriftstück mit der Erklärung, dass darin der letzte Wille enthalten sei.
Ein solches Schriftstück kann offen oder geschlossen übergeben werden, es muss auch nicht vom Erblasser selbst verfasst sein. Nach der Beurkundung veranlasst der Notar, dass das öffentliche Testament beim Amtsgericht in amtliche Verwahrung genommen wird.
Die Errichtung eines öffentlichen Testaments bietet vor allem den Vorteil, dass der Erblasser hierbei eine Beratung durch den fachkundigen Notar in Anspruch nehmen kann. Sie ist daher jedenfalls dann zu empfehlen, wenn ein größeres Vermögen zu vererben ist und/oder komplexe Familienverhältnisse zu berücksichtigen sind.
Können sich Ehegatten von einem Berliner Testament lösen?
Sofern sich beide Ehegatten einig sind, dass ihr gemeinschaftliches Testament keinen Bestand mehr haben soll, können sie dieses einfach vernichten und/oder ein neues Testament errichten. Ist das aufzuhebende Testament zur Niederschrift eines Notars errichtet worden, können die Ehegatten das Testament aus der amtlichen Verwahrung heraus verlangen. Bereits die Rückgabe des amtlich verwahrten Testaments an die Ehegatten gilt als Widerruf.
Will sich nur einer der Ehegatten von dem gemeinschaftlichen Testament lösen, kann er dies nur tun, solange der andere Ehegatte noch lebt. Anderenfalls muss er das ihm Zugewendete ausschlagen; hierdurch erlangt er zwar nach dem Tod seines Ehegatten seine Testierfreiheit wieder, allerdings besteht insoweit die Gefahr, dass er sich zugleich um seine Stellung als gesetzlicher Erbe des verstorbenen Ehegatten bringt.
Einen Widerruf des gemeinschaftlichen Testaments zu Lebzeiten des anderen Ehegatten muss der Widerrufende notariell beurkunden lassen; auch muss diese notarielle Urkunde dem anderen Ehegatten zugehen. Eine einseitige Aufhebung des gemeinschaftlichen Testaments in der Weise, dass ein Ehegatte einfach ein neues Testament errichtet, ist nicht möglich.
Überdauert das Berliner Testament eine Scheidung der Eheleute?
Eine Scheidung beendet das gesetzliche Erbrecht des anderen Ehegatten. Gleiches gilt für dessen Erbrecht aus einem alleinigen Testament des ehemaligen Ehegatten oder aus einem gemeinsamen Testament. Das gesetzliche oder testamentarische Erbrecht des anderen Ehegatten erlischt sogar bereits dann, wenn zur Zeit des Todes des Erblassers die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe gegeben waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte.
Ein geschiedener Ehegatte kann aber unter Umständen mittelbar in den Genuss der Erbschaft kommen. Solches passiert etwa, wenn die geschiedenen Ehegatten ein einziges Kind haben und dieses, nachdem es als Abkömmling den verstorbenen Elternteil beerbt hat, verstirbt, ohne eigene Abkömmlinge zu hinterlassen. In diesem Fall "wandert" das Vermögen des verstorbenen geschiedenen Ehegatten über das hiernach verstorbene gemeinsame Kind an den überlebenden geschiedenen Ehegatten.
Gilt ein Berliner Testament weiter, wenn der überlebende Ehegatte erneut heiratet?
Die neue Eheschließung des Witwers lässt die Wirksamkeit des Berliner Testaments, das er gemeinsam mit dem verstorbenen Ehegatten geschlossen hat, unberührt. Allerdings kann der Witwer dieses Testament anfechten, weil mit dem neuen Ehegatten ein Pflichtteilsberechtigter hinzugekommen ist, der bei Errichtung des Berliner Testaments noch nicht pflichtteilsberechtigt war. Die Frist für die Anfechtung, die auch von dem neuen Ehegatten erklärt werden kann, beträgt ein Jahr und beginnt grundsätzlich mit der neuen Eheschließung.
Auch ohne eine solche Anfechtung ist der Witwer nicht gehindert, zu seinen Lebzeiten das ererbte Vermögen seinem neuen Ehegatten zuzuwenden und hierdurch die Kinder, die er gemeinsam mit seiner verstorbenen Ehefrau in dem Berliner Testament als Nach- oder Schlusserben bedacht hatte, trotz "testamentskonformen" Verhaltens letztlich doch auf den Pflichtteil zu beschränken. Im Hinblick auf diese Unwägbarkeiten, die mit einer möglichen Wiederverheiratung des überlebenden Ehegatten verbunden sind, empfiehlt es sich, das Berliner Testament mit einer so genannten Wiederverheiratungsklausel zu versehen, in welcher die Folgen einer Wiederverheiratung geregelt werden.
Ist der Erbvertrag eine sinnvolle Alternative zum (Berliner) Testament?
Mit einem Erbvertrag kann man bereits zu Lebzeiten – anders als beim Testament, das jederzeit widerrufbar ist und daher dem Verfügenden alle Freiheiten belässt – verbindlich bestimmen, wer Erbe werden oder etwas aus dem Nachlass erhalten soll. Allerdings verbleibt dem Erblasser auch nach Abschluss eines solchen Erbvertrages grundsätzlich das Recht, zu Lebzeiten frei über sein Vermögen zu verfügen. Der Erbvertrag ist nur dann wirksam, wenn er vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit aller Vertragsparteien geschlossen wurde.
Sinnvoll kann eine vorweggenommene erbrechtliche Bindung des Erblassers vor allem dort sein, wo eine Unternehmensnachfolge angebahnt werden soll. So wird der Sohn eines selbständigen Handwerkers oder eines Landwirts mitunter nur dann zur langfristigen Mitarbeit im väterlichen Betrieb bereit sein, wenn er in einem Erbvertrag zum Nachfolger seines Vaters bestimmt ist. Als Alternative zu einem Berliner Testament ist ein Erbvertrag insoweit zweckmäßig, als sich darin die Nacherben bzw. Schlusserben wirksam verpflichten können, auf ihren Pflichtteil zu verzichten.
Wer erbt, wenn kein (Berliner) Testament errichtet ist?
Ist die Erbfolge nicht durch ein Testament (oder einen Erbvertrag) geregelt, so tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Begünstigt sind insoweit der Ehegatte und die Verwandten des Erblassers. Dabei sind die Verwandten in Erben unterschiedlicher Ordnung eingeteilt. Zur 1. Ordnung gehören die Abkömmlinge des Verstorbenen (Kinder, Enkel, Urenkel etc.). Ist ein Erbe der 1. Ordnung vorhanden, so kommen die Erben der 2. oder noch entfernteren Ordnung (etwa die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge nicht zum Zuge.
Bei den gesetzlichen Erben 1. Ordnung schließt ein zur Zeit des Erbfalls lebender Abkömmling (Sohn oder Tochter) die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (Enkel und Urenkel) von der Erbfolge aus. An die Stelle eines zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlings treten die durch ihn mit dem Erblasser verwandten Abkömmlinge (so genannte Erbfolge nach Stämmen). Kinder, auch innerhalb eines Stamms, erben zu gleichen Teilen.
Beispiel Der Erblasser hinterlässt einen Sohn, der wiederum zwei eigene Kinder hat. Der Erblasser hatte ferner eine Tochter, die bereits vor ihm verstorben war und zwei – zur Zeit des Todes des Erblassers noch lebende - Kinder hinterlassen hat. Bei dieser Konstellation erbt der Sohn des Erblassers zur Hälfte, die andere Hälfte des Nachlasses verteilt sich zu je ½ auf die beiden Kinder der verstorbenen Tochter des Erblassers. Demgegenüber gehen die Kinder des lebenden Sohnes des Erblassers bei dem Erbfall leer aus.
In welchem Umfang erbt nach der gesetzlichen Erbfolge der Ehegatte des Verstorbenen neben dessen Kindern, und was gilt, wenn der Verstorbene keine Kinder gehabt hat?
Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist – zunächst unabhängig vom ehelichen Güterstand – neben Abkömmlingen zu ¼ gesetzlicher Erbe. Gibt es keine Abkömmlinge, so erbt der Ehegatte neben Verwandten der 2. Ordnung sowie neben Großeltern zu ½. Haben die Eheleute, wie es die Regel ist, im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so erhöht sich der genannte Erbteil um ¼, also neben leiblichen Kindern auf ½ und in der anderen Variante auf ¾.
Weitere Informationen zum Thema enthalten die kostenlosen Broschüren:
- Erbrecht – ein Ratgeber, herausgegeben vom Sächsischen Staatsministerium der Justiz, erhältlich beim Zentralen Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung, Hammerweg 30, 01127 Dresden, Telefon 0351/2103671, Telefax, 0351/2103681, E-Mail: publikationen@sachsen.de.
- Erben und Vererben – Informationen und Erklärungen zum Erbrecht, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, erhältlich beim Publikationsversand der Bundesregierung, Postfach 48 10 09, 18132 Rostock, Telefon 030/18 272 272 1, Telefax 030/18 10 272 272 1.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 28. Mai 2020 | 17:00 Uhr