Rechtliche Vorsorge fürs Alter Vorsorgevollmacht – warum jeder eine haben sollte
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29. Januar 2020, 15:03 Uhr
Um im Alter selbstbestimmt zu leben, ist eine Vorsorgevollmacht unverzichtbar. Was dabei zu beachten ist und wer überhaupt als Bevollmächtigter in Frage kommt, das erklärt Rechtsexperte Gilbert Häfner.
Wie unterscheiden sich Betreuungsverfügung und Vorsorgevollmacht?
Betreuungsverfügung
Wer wegen psychischer Krankheit, Abhängigkeitskrankheiten oder geistiger, seelischer oder körperlicher Behinderung seine rechtlichen Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr besorgen kann, dem stellt der Staat in Gestalt des Amtsgerichts einen Betreuer zur Seite. Der Betreuer besorgt als gesetzlicher Vertreter des Betreuten dessen rechtliche Angelegenheiten im Bereich des vom Gericht zugewiesenen Aufgabenkreises. Dieser kann beispielsweise die Vermögenssorge, die Regelung von Behörden-Angelegenheiten und/oder die Gesundheitsfürsorge umfassen. Durch eine so genannte Betreuungsverfügung kann der Betroffene zu der Zeit, in der er seine rechtlichen Angelegenheiten noch uneingeschränkt selbst besorgen kann, für den etwaigen späteren Eintritt des Betreuungsfalles bestimmte Wünsche für die Ausgestaltung der Betreuung formulieren, auf die das Betreuungsgericht bei seinen Entscheidungen im Betreuungsverfahren Rücksicht nehmen muss. Diese Wünsche können sich etwa auf die Person des Betreuers, auf das Alten- oder Pflegeheim, in dem man versorgt werden will, oder auf besondere Gewohnheiten beziehen, die von dem Betreuer respektiert werden sollen.
Vorsorgevollmacht
Um ein Betreuungsverfahren überhaupt zu vermeiden, kann man im Wege einer so genannten Vorsorgevollmacht eine andere Person ermächtigen, ganz allgemein oder beschränkt auf bestimmte Bereiche den Aussteller der Vollmacht im Rechtsverkehr zu vertreten. Je nach Reichweite der Vollmacht, über die allein der Vollmachtgeber bestimmt, kann der Bevollmächtigte für diesen etwa Bankgeschäfte tätigen, Verträge abschließen und vertragliche Rechte ausüben oder auch die Einwilligung in die Vornahme medizinischer Maßnahmen erklären.
Ab welchem Lebensalter sollte man sich damit beschäftigen, einer anderen Person eine Vorsorgevollmacht zu erteilen?
Der richtige Zeitpunkt hierfür ist wider Erwarten bereits der Eintritt der Volljährigkeit, denn damit endet die gesetzliche Vertretungsbefugnis der eigenen Eltern. So ist in vielen Fällen nicht altersbedingte Demenz, sondern ein folgenschwerer Unfall oder eine ernste Erkrankung die Ursache dafür, dass man die Kontrolle über den eigenen Willen verliert. Vor solchen Schicksalsschlägen sind leider auch junge Menschen nicht gefeit.
Benötigen Ehepartner ebenfalls eine Vorsorgevollmacht oder können sie sich schon wegen der Ehe gegenseitig vertreten?
Eine umfassende gesetzliche Vertretungsbefugnis folgt lediglich aus dem Sorgerecht, das Eltern in Bezug auf ihr minderjähriges Kind zusteht. Ehegatten können einander hingegen kraft Gesetzes nur bei Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie vertreten, wobei aus solchen Geschäften in der Regel auch der handelnde Ehegatte selbst berechtigt und verpflichtet wird. Rechtsgeschäfte, die darüber hinausgehen, kann ein Ehegatte im Namen des anderen nur abschließen, wenn dieser ihm dazu eine Vollmacht erteilt hat. Zu diesen Geschäften gehören zum Beispiel der Bauvertrag über ein Haus oder die Aufnahme eines Darlehens hierfür.
Wie verfasse ich eine Vorsorgevollmacht?
Nutzen Sie dazu am besten einen Mustertext zu einer Vorsorgevollmacht. Das Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz bietet einen solchen Text zum Download an.
Es empfiehlt sich, vor dem Ausfüllen des Formulars die in der Broschüre "Betreuungsrecht" zur Verfügung gestellten Informationen und Ausfüllhinweise zu lesen und entsprechend zu berücksichtigen. Wichtig ist, dass sowohl der Vorsorgevollmachtgeber als auch der -vollmachtnehmer die Vorsorgevollmacht unterschreiben. Bitte dabei das Datum nicht vergessen.
Wird eine Vorsorgevollmacht erst wirksam, wenn der Vollmachtgeber seine rechtlichen Angelegenheiten gesundheitsbedingt nicht mehr selbst besorgen kann?
Eine Vollmacht kann zwar, muss aber nicht an eine bestimmte Bedingung geknüpft sein. Für den Geschäftspartner des Vollmachtgebers hat eine solche Bedingung ohnehin nur Bedeutung, wenn diese Bedingung aus der ihm vorgelegten Vollmacht selbst hervorgeht oder ihm aus anderer Quelle bekannt ist. Es ist eigentlich auch nicht zu empfehlen, die Vorsorgevollmacht mit einer Bedingung zu versehen, da der Bevollmächtigte dann jeweils gegenüber dem Geschäftspartner des Vollmachtgebers den – nicht selten aufwändigen – Nachweis führen muss, dass die Bedingung eingetreten ist. Würde etwa die schriftliche Vorsorgevollmacht ausdrücklich an die Bedingung geknüpft, dass der Vollmachtgeber wegen psychischer Krankheit, Abhängigkeitskrankheiten oder geistiger, seelischer oder körperlicher Behinderung seine rechtlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst besorgen kann, müsste der Bevollmächtigte jeweils ein ärztliches Attest hierüber vorlegen oder gar den Eintritt der Bedingung gerichtlich feststellen lassen.
Kann ein Bevollmächtigter das Vermögen des Vollmachtgebers verschenken?
Der Vollmachtgeber entscheidet selbst über den Umfang der von ihm erteilten Vollmacht. Eine unbeschränkte Vollmacht – man spricht insoweit von einer Generalvollmacht – verleiht dem Bevollmächtigten unter anderem die Rechtsmacht, Schenkungen jedweder Art im Namen des Vollmachtgebers vorzunehmen. Allerdings trifft den Bevollmächtigten eine Vermögensbetreuungspflicht; er muss also bei jedem Rechtsgeschäft, das er im Namen des Bevollmächtigten vornimmt, in dessen Interesse handeln. Verletzt er diese Pflicht schuldhaft, macht er sich schadensersatzpflichtig und, wenn er gar vorsätzlich handelt, strafbar. Auch in diesem Fall ist aber eine Schenkung, die von der erteilten Vollmacht gedeckt ist, grundsätzlich wirksam. Es ist daher ratsam, eine Vorsorgevollmacht ausdrücklich dahin zu beschränken, dass der Bevollmächtigte nur solche Schenkungen vornehmen kann, durch die einer sittlichen Pflicht entsprochen wird oder die dem Wunsch des Betreuten entsprechen und als Gelegenheitsgeschenke nach seinen Lebensverhältnissen üblich sind.
Kann man dem Missbrauch einer Vollmacht dadurch vorbeugen, dass man sie mehreren Personen, etwa dem Ehegatten und allen Kindern, erteilt?
Es können mehrere Personen einzeln oder gemeinschaftlich bevollmächtigt werden. Eine gemeinschaftliche Vorsorgevollmacht zeichnet sich dadurch aus, dass die Bevollmächtigten nur gemeinsam handeln können. Dadurch ist eine gegenseitige Kontrolle gegeben, allerdings besteht auch die Gefahr, dass einer der Bevollmächtigten eine notwendige Maßnahme blockiert. Wird mehreren Personen jeweils einzeln eine Vorsorgevollmacht erteilt, sollte der Vollmachtgeber eine Aufteilung nach bestimmten Aufgabenkreisen vornehmen oder die Bestimmung einer Rangfolge der Bevollmächtigten treffen. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass die Bevollmächtigten einander widersprechende Entscheidungen treffen.
Beide Ehegatten haben jeweils dem anderen von ihnen eine Vorsorgevollmacht erteilt. Nun verfällt der eine Ehegatte in eine schwere Demenz. Kann der andere Ehegatte deswegen die von ihm selbst erteilte Vollmacht widerrufen? Und wird gegebenenfalls durch einen solchen Widerruf auch die Vollmacht hinfällig, die dem noch gesunden Ehegatten erteilt ist?
Eine wechselseitige Bindung, wie sie beispielsweise beim Ehegattentestament besteht, gibt es zwischen Vollmachten, die Personen sich gegenseitig erteilt haben, nicht, es sei denn, die Vollmachtgeber haben solches ausdrücklich bestimmt. Im Übrigen ist jeder Vollmachtgeber darin frei, die von ihm selbst erteilte Vollmacht zu widerrufen. Von einem solchen Widerruf des Vollachtgebers bleibt die Vollmacht unberührt, die der Bevollmächtigte seinerseits dem Vollmachtgeber erteilt hat.
Der Widerruf einer Vollmacht ist weder an eine Form noch an eine Frist gebunden. Ist die Vollmachtsurkunde einer anderen Person zur Aufbewahrung übergeben worden, sollte sie in jedem Fall heraus verlangt werden, da Dritte, die von dem Widerruf keine Kenntnis haben und denen das Schriftstück vorgelegt wird, auf den Fortbestand der darin getroffenen Anordnungen vertrauen dürfen. Unterbleibt ein Widerruf, behält die Vorsorgevollmacht ihre Wirkung zeitlich unbegrenzt.
Stimmt es, dass Banken nur solche Vollmachten akzeptieren (müssen), die auf einem von der jeweiligen Bank herausgegebenen Formular erteilt sind?
Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die einen bestimmten Mustertext für eine Bankvollmacht vorsieht. Geht die Reichweite einer schriftlichen Vollmacht aus deren Text klar hervor und bewegt sich das vom Bevollmächtigten beabsichtigte Bankgeschäft in diesen Grenzen, muss die Vollmacht von der Bank akzeptiert werden. Viele Banken versuchen jedoch, die damit einhergehende Obliegenheit, in jedem Einzelfall die Reichweite einer vom Kunden individuell gestalteten Vollmacht sorgfältig prüfen zu müssen, dadurch abzuwenden, dass sie in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dem Kunden die Verwendung eines bankeigenen Vollmachtsformulars vorschreiben. In einem solchen Fall empfiehlt es sich, das Vollmachtsformular der Bank zu verwenden, da der Bevollmächtigte bei einer Weigerung der Bank, die vom Vollmachtgeber individuell gestaltete Vollmacht zu akzeptieren, den Klageweg beschreiten muss und der Ausgang des Rechtsstreits ungewiss ist. Immerhin: Damit ein Vollmachtgeber mit Geschäftsverbindungen zu mehreren Banken nicht mehrere unterschiedliche Vollmachtsformulare ausfüllen muss, gibt es mittlerweile ein einheitliches Muster, das vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz mit den Spitzenverbänden der deutschen Kreditinstitute abgestimmt ist.
Was kostet eigentlich ein gerichtlich bestellter Betreuer?
Die Vergütung des Betreuers richtet sich nach dem Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz. Darin sind Fallpauschalen enthalten, deren Höhe sich nach der Dauer der Betreuung, dem Wohnort des Betreuten und dessen Vermögensstatus, aber auch nach den Kenntnissen des Betreuers richtet. So fällt beispielsweise für einen Betreuer, der über einen Hochschulabschluss verfügt, in den ersten drei Monaten für einen stationär oder in einer betreuten Wohnform untergebrachten, nicht mittellosen Betreuten eine monatliche Pauschale von 327 Euro an.
Was versteht man unter einer Patientenverfügung?
Die Vornahme einer medizinischen Maßnahme ist grundsätzlich nur dann rechtmäßig, wenn der Patient darin im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte eingewilligt hat. Nicht selten wird jedoch eine solche Maßnahme in einem Moment notwendig, in dem der Patient aufgrund einer Störung seiner Geistestätigkeit oder Bewusstlosigkeit nicht in der Lage ist, eine selbstbestimmte Entscheidung über die Einwilligung zu treffen. Über dieses Dilemma kann eine Patientenverfügung hinweghelfen. Darin legt ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich fest, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt.
Kann eine Vorsorgevollmacht eine Patientenverfügung ersetzen?
Da die Gesundheitsfürsorge eine höchstpersönliche Angelegenheit ist, reicht insoweit auch eine entsprechende Vorsorgevollmacht für sich genommen nicht aus, um den Bevollmächtigten in die Lage zu versetzen, die Entscheidung über sämtliche medizinischen Eingriffe treffen zu können. So steht dessen Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme von Gesetzes wegen unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Betreuungsgerichts, wenn die begründete Gefahr besteht, dass der Betreute auf Grund der Maßnahme stirbt oder einen schweren und länger dauernden gesundheitlichen Schaden erleidet. Ebenso stehen die Nichteinwilligung oder der Widerruf der Einwilligung in eine ärztliche Maßnahme unter Genehmigungsvorbehalt, wenn die die beschriebenen Gefahren für den Betreuten auf Grund des Unterbleibens oder des Abbruchs der Maßnahme drohen. Eine richterliche Genehmigung ist in den genannten Fällen nur dann entbehrlich, wenn zwischen dem Bevollmächtigten und dem behandelnden Arzt Einvernehmen darüber besteht, dass die Erteilung, die Nichterteilung oder der Widerruf der Einwilligung dem vom Patienten noch bei klarem Verstand schriftlich geäußerten oder, wenn es an einem entsprechenden Schriftstück fehlt, dem mutmaßlichen Willen des Patienten entspricht. Wer also bis zum Lebensende vollständig autonom über die ärztliche Behandlung der eigenen Person entscheiden möchte, ist gehalten, beizeiten entsprechende Anordnungen in einer Patientenverfügung zu treffen.
Wie kann man sicherstellen, dass bei Eintritt der eigenen Hilflosigkeit Krankenhäuser, Behörden und Gerichte von der Existenz einer Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und/oder Patientenverfügung Kenntnis erlangen?
Bewahrt man das entsprechende Schriftstück zuhause auf, sollte man mindestens einen Vertrauten von der Existenz und der genauen Aufbewahrungsstelle unterrichten. Auch kann man das Schriftstück einer engen Bezugsperson, im Falle einer Vorsorgevollmacht deren Inhaber, zur Verwahrung übergeben. Zu bedenken ist jedoch auch, dass die ins Vertrauen gezogene Person bei Eintritt der eigenen Hilflosigkeit abwesend sein kann. Aus diesem Grund ist vor einigen Jahren bei der Bundesnotarkammer das Zentrale Vorsorgeregister (www.vorsorgeregister.de) eingerichtet worden. Dabei handelt es sich um ein elektronisches Register, in das Betreuungsverfügungen und Vorsorgevollmachten sowie damit im Zusammenhang stehende Patientenverfügungen eingetragen werden. Erfasst werden dabei die wesentlichen Daten zu dem Schriftstück, insbesondere Name und Anschrift des Ausstellers, der Umfang der Vollmacht und die Daten der Vertrauensperson. Die Urkunde selbst wird von dem Register nicht aufbewahrt; sie soll ja in Notfällen unmittelbar vor Ort verfügbar sein. Auf das Zentrale Vorsorgeregister haben die Betreuungsgerichte online Zugriff. Ist also beispielsweise bei einem Verkehrsunfall das bewusstlose, schwerverletzte Unfallopfer ins Krankenhaus gebracht worden und ist die Einwilligung in eine Operation notwendig, wird vor Erlass der Entscheidung beim Zentralen Vorsorgeregister über geschützte Netzverbindungen angefragt, ob dort auf den Namen des Betroffenen eine Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung registriert ist und wer gegebenenfalls der Bevollmächtigte ist oder der Betreuer sein soll. Dieser kann dann unverzüglich hinzugezogen werden
Die Anmeldung einer Vorsorgevollmacht zum Zentralen Vorsorgeregister kann online erfolgen, natürlich ist auch der Postweg möglich (Bundesnotarkammer – Zentrales Vorsorgeregister – Postfach 08 01 51, 10001 Berlin). Für die Anmeldung ist ein Formular zu verwenden, das sowohl über das Internet als auch per Post angefordert werden kann. Die Gebühr für Internet-Meldungen beträgt grundsätzlich 15,50 Euro. Sie sinkt auf 13,00 Euro, wenn die Gebührenrechnung im Lastschriftverfahren beglichen wird. Wird mehr als ein Bevollmächtigter registriert, fallen für jeden weiteren Bevollmächtigten zusätzlich 2,50 Euro an. Bei postalischen Anmeldungen erhöhen sich die Grundgebühren jeweils um 3,00 Euro, der Zuschlag für jeden weiteren Bevollmächtigten um jeweils 0,50 Euro.
- Weiterführende Informationen und Formulierungshilfen zu Betreuungsverfügung, Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung finden sich auf dem Portal des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sowie der Justizministerien der Länder.
Stand: 12.09.2019
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR um 4 | 12. September 2019 | 17:00 Uhr