Der Redakteur | 26.04.2024 Warum reift die Kiwi nach, die Ananas aber nicht?
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26. April 2024, 16:40 Uhr
Bernd Rautenberg aus Ohrdruf ärgert sich über "knüppelharte" Kiwis im Supermarkt und Angelika Schneider aus Gera hat schon verschiedene Tipps ausprobiert, wie man Ananas zum Nachreifen bringen kann. Manchmal klappte es, manchmal nicht. Woran das liegt, wollte sie wissen. Thomas Becker, unser Redakteur für Hörerfragen, hat sich in die Recherche gemacht.
Es gibt klimakterische und nichtklimakterische Früchte. Die klimakterischen reifen nach, sie "atmen", machen aus Sauerstoff Kohlendioxid und produzieren Ethylen, das wiederum bei empfindlichen Früchten in der Nachbarschaft das Reifen beschleunigt oder eben den nächsten Schritt, nämlich das Verderben.
Reifeprozesse bei Früchten
Zu den klimakterischen Früchten, die also nachreifen, gehören Äpfel, Aprikosen, Avocados, Bananen, Birnen, Kiwis, Mangos, Pfirsiche und Tomaten. Diese haben auch eine hohe Empfindlichkeit gegenüber Ethylen und lassen sich demzufolge auch beeinflussen und beschleunigen, was den Reifeprozess angeht.
Wie ist es bei der Kiwi?
Bei vielen Früchten, auch bei der Kiwi, gibt es einen Zustand, der als "erntereif" und einen der als "genussreif" bezeichnet wird.
Da unsere Kiwis in China, Neuseeland, Griechenland oder Italien wachsen, ist eine gewisse Härte für den Transport nicht schlecht. Wenn die Früchte "erntereif" geerntet werden, bleiben sie bei Kühlschranktemperaturen sogar wochenlang frisch. Fürs Nachreifen ist es aber zu kalt. Deshalb die "Tagesdosis" etwa zwei Tage vor dem Essen aus dem Kühlschrank nehmen und gemeinsam mit einem Apfel in einer Papiertüte packen. Meistens reicht es aber auch schon, die Kiwi neben einen Apfel zu legen oder in dieser Jahreszeit noch besser, neben eine Banane. Denn die Lageräpfel, die wir im Frühjahr noch aus dem Vorjahr kaufen, die produzieren nicht mehr viel Ethylen.
Kiwis reagieren extrem empfindlich, da muss der Apfel nur in Sichtweite liegen, dann fängt die schon an, nachzureifen.
Dessen Ethylen sorgt für den Reifeprozess. Wenn sich die Kiwi dann leicht eindrücken lässt und etwas schrumpelig wirkt, sollte sie genießbar sein. Wenn nicht, hat man den optimalen Erntezeitpunkt wohl doch verpasst.
Das ganze Gegenteil ist die Ananas, die wie auch Blaubeeren, Erdbeeren, Gurken, Orangen, Weintrauben oder Zitronen als nichtklimakterische Frucht gar nicht oder nur in sehr geringem Maße nachreift. Demzufolge kommt es auf den richtigen Erntezeitpunkt an, wird dieser nicht erwischt, haben wir als Verbraucher eigentlich schon verloren. Entweder ist die Ananas dann quietschsauer oder auf dem Weg zur Gärung und somit auch nicht mehr lecker. Und diesen Prozess können wir auch noch beschleunigen durch eine falsche Lagerung.
Wenn die Ananas zusammen mit Tomaten oder Äpfeln gelagert wird, kann es passieren, dass sie schlecht wird.
Deswegen muss die Transport- und Lagerwirtschaft sehr genau darauf achten, wer zusammen reist oder schläft. Mitunter können einzelne überreife Früchte einer Charge eine Kettenreaktion auslösen, die direkt ins Verderben führt. Das wissen die Experten natürlich alles, im Supermarkt wissen das die Regaleinräumer hoffentlich auch und wir packen dann alles zusammen in den Keller oder Kühlschrank und wundern uns, dass zum Beispiel bei den Kartoffeln die Keimzeit anbricht.
Die Kartoffel muss Dunkelheit haben, damit sie nicht keimt. In dem Moment, wo sie Licht bekommt, denkt sie, es ist Frühling, ich kann austreiben.
Auch bei der Kartoffel beschleunigen die nahe gelegenen Äpfel diesen Prozess, während die Gurke in Apfelnähe gelb wird vor Neid und als eben nichtklimakterische Frucht auch nicht nachreift.
Kühlschrank und Keller nicht optimiert
Und noch etwas kommt hinzu: Während in den Lagerhäusern die richtige Schlaftemperatur herrscht, gilt bei uns zu Hause das Motto: Wir bieten, was Kühlschrank oder Keller hergeben. Und so erleben unsere eigenen Lageräpfel Weihnachten oft im verschrumpelten Zustand, während der Supermarkt bis weit ins neue Jahr hinein frische Äpfel verkauft. Alles nur Chemie? Nein! Das ist nur deshalb möglich, weil wie auch bei Produkten, die unter Schutzatmosphäre verpackt wurden, eine erfrischende Zusammensetzung der Luft gewählt wurde.
Thomas Franz legt größten Wert darauf, zu betonen, dass in den Lagerhäusern oder Verpackungen von Frischsalaten eben keine konservierende Chemie zugesetzt wird, sondern nur das Mischungsverhältnis der in unserer Luft ohnehin vorhandenen Gase und Edelgase so verändert wird, dass eben die Alterungsprozesse nahezu angehalten werden. Das bedeutet aber auch, dass der Apfel, wenn er denn aus allen Träumen gerissen wird, sehr zügig Falten bekommt. Schon wenige Tage nach dem Verlassen des Lagers ist es für den Lagerapfel vorbei mit der Herrlichkeit. An dieser Stelle hält der frisch geerntete Apfel tatsächlich deutlich länger durch im Keller als nur ein paar Tage. Wer es genau wissen möchte, wie empfindlich seine Lieblingsfrucht auf Ethylen reagiert, der kann sich in die Fachinformationen der Transportwirtschaft vertiefen.
Die Wirkung von Ethylen
Es gibt Früchte, die viel Ethylen ausstoßen und auch sehr empfindlich reagieren, wenn sie damit konfrontiert werden (Äpfel, Tomaten). Dann gibt es Früchte wie die Preiselbeeren, die weder etwas ausstoßen, noch auf Ethylen reagieren oder welche wie die Bananen, die eher im mittleren Bereich selbst Ethylen ausstoßen, aber sehr empfindlich reagieren, wenn sie damit konfrontiert werden.
Wie das ausgeht, wissen wir. Bei nur 0,0" Prozent Ethylen in der Luft wird der Reifeprozess auf das Vier- bis Zehnfache beschleunigt. Das erklärt so manche braune Banane im Obstkorb, die von vielen Leuten ja sogar gemocht wird. Die verdorbene Ananas ist hingegen kein Genuss und sollte deshalb möglichst einsam auf den Anschnitt warten. Am süßesten ist sie übrigens unten, weil der Fruchtzucker der Schwerkraft wegen nach unten durchgereicht wird.
Ananas mit Kopfstand?
Angeblich soll es helfen, die Ananas auf den Kopf zu stellen, um die Süße gleichmäßiger im Fruchtfleisch zu verteilen. Während diese Methode laut Prof. Böhm vielleicht nicht ganz auszuschließen, aber noch ohne wissenschaftlichen Nachweis ist, hält er von den Nachreiftipps aus dem Internet nichts. Auch wenn es diese sehr reichlich gibt.
Das sind dann oftmals die nicht ganz so zuverlässigen Quellen.
MDR THÜRINGEN
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 26. April 2024 | 16:40 Uhr