Der Redakteur | 14.02.2023 Wie lichtdurchlässig ist das Augenlid?
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14. Februar 2023, 19:26 Uhr
Das menschliche Auge ist ein Wunderwerk der Technik. Es hat interne Filter, die dafür sorgen, dass schädliches Licht im Normalfall gar nicht erst in sensible Bereiche vordringen kann. Und das Augenlid hat eine Mehrfachfunktion.
Das Augenlid ist quasi ein in seiner Funktion umgekehrter Scheibenwischer. Es soll nicht die Feuchtigkeit beseitigen, sondern die Hornhaut vielmehr feucht halten und ernähren. Und das Schützen vor anfliegenden Insekten oder anderen Dingen, das funktioniert auch ganz gut. Aber wie ist es mit dem Lichtschutz? Es haben sich tatsächlich schon Wissenschaftler damit beschäftigt, um herauszubekommen, wie die Filterwirkung des Augenlids ist. Die Versuchsanordnung war teilweise auch genau so, wie man es sich (besser nicht) vorstellt. Strahlungsquelle, Augenlid, Messeinrichtung. Also Proband möchte man da nicht gewesen sein. Das Ergebnis ist komplex und für den Laien schwer verständlich. Der Sehforscher Prof. Michael Bach hat daraus entnommen, dass bei Kleinkindern beim roten Licht eine Transmission durch das Lid von ca. 20 Prozent stattfindet. Das heißt: 80 Prozent werden geblockt. Kürzere Wellenlängen (also blaues Licht und UV-Licht) wird bis zu 4x weniger durchgelassen, also da sind wir im einstelligen Prozentbereich. Bei Erwachsenen werden im roten Bereich ebenfalls um die 20 Prozent durchgelassen und im oft verteufelten blauen Bereich nur 0,3 Prozent. Das ist nicht viel, aber die Frage ist natürlich auch immer: "Wieviel Prozent wovon?"
Der Unterschied zwischen Himmel und Monitor
Zunächst muss deutlich gemacht werden, dass unser sichtbares "weißes" Licht immer eine Summe verschiedener Lichtspektren (Farben) ist. Also: Im weißen Licht sind alle Farben vertreten, auch das blaue Licht. Wenn wir diese 0,3 Prozent ansetzen, die das Augenlid also durchlässt, dann ist es schon ein Unterschied, ob es 0,3 Prozent von den 5.000 Lux eines trüben Winterhimmels sind, die 100.000 Lux eines Sonnentages oder magere 500 Lux eines Bildschirmes (in 50 cm Entfernung). Abgesehen davon, dass Sonnenbaden ärztlicherseits nicht empfohlen wird, da kommt eben auch bei geschlossenen Augen noch einiges durch. Bedeutet: Die Dosis macht das Gift. Und Bildschirme sind nicht so "giftig", wie einige Zeit angenommen und publiziert wurde.
Das blaue Licht von Bildschirmen ist in keiner Weise in der Nähe der Dosis, die Augenschäden auslöst. Ausnahmen wären: Wenn jemand direkt in Laser schaut oder die blauen Lampen beim Zahnarzt.
Vergleichbar wäre es vielleicht mit dem Wasserstrahl aus einem Feuerwehrschlauch. Der Druck kann den stärksten Mann umwerfen. Mit dem Gartenschlauch hingegen könnte man den guten Mann allenfalls nass machen. Und wenn die Überschrift über dem C-Rohr-Angriff vielleicht gelautet hätte: "Wasserstrahl wirft Mann um", wäre eine Verallgemeinerung auf jeden Wasserstrahl albern. Das blaue Licht der Handys ist viele hundert Mal zu schwach, um irgendwelche Netzhautschäden auszulösen, so Prof. Bach.
Woher kommt die Angst vor dem blauen Licht?
Es gab vor einigen Jahren (z.B. 2016 und 2018) verschiedene Studien, in denen sich Wissenschaftler mit den Auswirkungen des blauen Lichts auf unsere Augen beschäftigt haben. Auch in Tierversuchen wurde festgestellt: Schadlos geht blaues Licht nicht an unserer Netzhaut vorüber, irreparable Schäden bis zur Erblindung sind möglich. Und die allgemeine Verunsicherung spiegelte sich natürlich auch in der Berichterstattung wider. Mittlerweile ist die Wissenschaft aber deutlich weiter, was aber offenbar nicht bei allen angekommen ist oder sogar absichtlich ignoriert wird. Nun sind eingeschaltete Blaulichtfilter bei Bildschirmen nicht schlimm, aber beim Thema Blaufilter in Brillengläsern reagiert Prof. Michael Bach fast schon etwas ungehalten. Obwohl die Wissenschaft also nun mit sorgfältiger Arbeit nachgewiesen hat, dass das Bildschirmlicht keinen Schaden anrichtet, werden die teuren Brillengläser den Leuten als Schutz nach wie vor angedreht.
Ich finde, das ist eine ganz üble Geschäftemacherei, es gibt dazu inzwischen richtig gute Literatur. (…) Das ist inzwischen wissenschaftlicher Konsens.
Natürlich gibt es Menschen, die auf unterschiedliche Arten von Licht empfindlich reagieren. Wenn diese Menschen Filter als angenehm empfinden, spricht auch nichts dagegen, diese zu verwenden. Und auch wenn es etwas Entwarnung gibt: Man sollte sich trotzdem klar machen, dass unsere Augen nicht für Bildschirme und die kurzen Entfernungen gemacht sind. Deshalb: Immer wieder Augenpausen einlegen, mal den Blick schweifen lassen, für die richtige Beleuchtung sorgen, das sind Dinge, die dem Auge gut tun. Und die Bildschirmzeit zu verkürzen, ist immer eine gute Idee. Das moderne Handy rechnet diese Bildschirmzeit auf Wunsch sogar sehr genau zusammen und warnt damit eigentlich vor sich selbst.
MDR (dvs/cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 14. Februar 2023 | 16:40 Uhr