Denkmalschutz Rumänien: Die Denkmalsanitäter

21. September 2021, 08:16 Uhr

In Siebenbürgen verfallen zahlreiche alte Dorfkirchen wegen mangelnder Nutzung - und damit auch ein Teil des kulturellen Erbes der Region in Rumänien. Zwei Brüder stemmen sich gegen den Verfall in ihrer Heimat, und haben schon zahlreiche Architekturdenkmäler gerettet. Und sie können dabei auf königliche Unterstützung zählen.

Denkmalsanitäter bei der Arbeit in Beia, Siebenbürgen
Zimmermannsarbeiten an der Kirchenburg in Beia, Siebenbürgen Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Es ist ein trauriger Anblick: Ein großer Haufen Schutt liegt inmitten des Kirchenraumes. Die Decke ist eingestürzt und hat einige Kirchenbänke unter sich begraben. Hier, in der Dorfkirche von Alzen, haben früher die Siebenbürger Sachsen ihre Gottesdienste gefeiert. Doch die deutsche Gemeinde gibt es nicht mehr und der jahrzehntelange Leerstand hat katastrophale Folgen für den Sakralbau.

Stefan Vaida schmerzt es, dass ausgerechnet die Kirche in seinem Heimatort in einem derart desolaten Zustand ist. Doch sie ist nicht die einzige in der Region, die ein derartiges Schicksal ereilt hat, sagt der Restaurator: "Wir erwarten solche Überraschungen auch anderswo (…) also wir können sie nicht ausschalten, natürlich ist es traurig, dass es genau in meinem Dorf passiert ist. Die ganzen Denkmäler verfallen ja konstant. Das weiß jeder, dass diese Sachen gefährdet sind. Kann man jetzt auch als Chance sehen. Es muss ein neuer Anfang passieren."

Denkmalsanitäter in Siebenbürgen
Trauriger Anblick: Die verfallene Kirche in Alzen, Siebenbürgen Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Stefan hofft auf eine kulturelle Umnutzung der leerstehenden Kirchen in der Region. Aber dafür muss die Bausubstanz vor dem Verfall bewahrt werden – und genau das ist seine Mission. Seit zehn Jahren rettet er gemeinsam mit seinem Bruder Eugen, einem Architekten, Kulturdenkmäler vor dem Verfall.

Denkmalsanitäter in Siebenbürgen
Die Brüder Stefan (links) und Eugen Vaida Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Königliche Unterstützung

Um die Menschen davon zu überzeugen, dass die Denkmäler der Region der Rettung wert sind, haben sich die Vaida-Brüder prominente Unterstützung gesucht: Prinz Charles. Schon mehrfach hat der englische Thronfolger ihre Projekte besucht: "Es ist so, dass wir ihn fast ein wenig ausnutzen, dass wir bei jedem Besuch versuchen, ihn in andere Dörfer zu führen", erzählt Stefan. "Da muss ein Prinz kommen und sagen: Das ist schön! Die Landschaft ist schön, das Haus ist schön. Wie ihr lebt, ist schön. Und dann kommen die Leute auf Gedanken: Ah, ist vielleicht gar nicht so hässlich hier".

Das aktuelle Projekt der Brüder ist die Kirchenburg in Beia. Die wurde im 15. Jahrhundert erbaut und galt einst als eine der schönsten in Siebenbürgen. Doch ihr Schicksal ähnelt dem vieler Kirchen in Siebenbürgen: Früher beteten hier Siebenbürger Sachsen. Seit die aber während des zweiten Weltkrieges das Land verlassen mussten, gehört die Kirchenburg zwar zum Dorfbild, aber genutzt wird die evangelische Kirche von den orthodoxen Rumänen nicht. Und Leerstand tut keinem Gebäude gut.

Ehrenamtliche Helfer, gespendetes Holz

Und so ist der Dachstuhl heute in einem desolaten Zustand, vor allem auf dem Wehrturm. Das Dach muss abgedeckt und die maroden Balken müssen ersetzt werden. Der Verfall zeigt sich auch im Innenraum der Kirche: Es ist feucht hier, deshalb möchte Stefan Teile des historischen und wertvollen Chorgestühls in Sicherheit bringen. Dabei hilft ihm Pfarrer Uwe Seidner. Auch er kämpft seit mehr als 10 Jahren für die Bewahrung der Kirchen in Siebenbürgen: "Das ist Fluch und Segen gleichzeitig", sagt der Kirchenmann. Der Erhalt dieses "wunderbaren und sehr wertvollen Kulturerbes" ist eine wichtige und schöne Aufgabe. Allerdings müsse man dabei noch einige Überzeugungsarbeit in der Bevölkerung leisten, denn: "Wir brauchen die Menschen dafür."

Denkmalsanitäter bei der Arbeit in Beia, Siebenbürgen
Ehrenamtliche Helfer sanieren den Dachstuhl der Kirchenburg in Beia, Siebenbürgen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auf der Baustelle in Beia haben Stefan und Eugen Vaida einige Unterstützung: Drei Handwerker aus der Region und vier Studenten aus Bukarest helfen ehrenamtlich, ein Bekannter aus der Nachbarschaft hat Eichenholzbalken gespendet. Gemeinsam geht die Arbeit schnell voran und bald hat der Turm ein neues Dach. "Meine Generation und ich werden halt nur Retter sein. Mit Restaurieren, wir werden nicht die Gelegenheit haben, Schickimicki zu machen, sondern nur Dächer und Rettungsaktionen." sagt Stefan. Ist ein Bauwerk erst ein mal gesichert, liegt der Ball bei der jeweiligen Dorfgemeinschaft: Sie kann sich dann Gedanken machen, wie sie es wieder mit Leben füllen will.

Denkmalsanitäter bei der Arbeit in Beia, Siebenbürgen
"Kein Schickimicki" - Stefan Vaida bei Dachdeckerarbeiten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | HiO-Reportage "Die Ruinen-Retter: Einsatz in Siebenbürgen" | 25. September 2021 | 18:00 Uhr

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