Fünfte Jahreszeit Karneval in Osteuropa: Volkstümlich, bunt und deftig
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19. Februar 2023, 12:45 Uhr
Räubertanz, Pferdeschlittenrennen und Holzmasken, dazu üppige Gastmahle mit allerlei Deftigem aus Fleisch oder süßem Gebäck. In Osteuropa wird der Karneval genauso ausgelassen gefeiert wie in Deutschland und ist obendrein vielerorts noch deutlich volkstümlicher.
Polen: Mit Schmalzgebäck zu den "Bergleuten"
Bei den Polen geht der Karneval durch den Magen: Die Weiberfastnacht heißt "tłusty czwartek", also "Fetter Donnerstag". An diesem Tag gibt es für alle "pączki". Das kultige Schmalzgebäck ist die polnische Version von Berlinern, Krapfen oder Pfannkuchen. Auch "faworki" – hierzulande als Raderkuchen bekannt – haben in diesen Tagen Hochkonjunktur.
Das gemeinsame Essen und Backen gehört zu den wichtigsten Karnevalstraditionen, und wer nicht selbst backen kann oder möchte, deckt sich beim Bäcker oder Konditor ein – vor den Geschäften bilden sich an diesem Tag lange Schlangen und in den Medien erscheinen Ratgeber, wie viele Pfannkuchen man auf einmal zu sich nehmen kann, ohne der Gesundheit zu schaden. Das polnische Statistikamt hat sogar präzise errechnet, wie viele Berliner ein Durchschnittspole an diesem Tag verspeist: 2,5 waren es 2021. In diesem Jahr wird sich so mancher aber möglicherweise mäßigen – wegen der Inflation, die bei Butter und Backwaren besonders zuschlägt.
Doch es wird nicht nur gegessen, es wird auch ausgelassen gefeiert. Das bekannteste Karnevalsfest Polens ist der "Góralen-Karneval" in der Tatra-Gemeinde Bukowina Tatrzańska im Südosten des Landes. Dort wird jedes Jahr vier Tage lang der traditionelle Karneval gefeiert. Wichtigster Bestandteil: Tanz- und Theatervorstellungen.
Ein Höhepunkt in der polnischen Karnevalshochburg ist der traditionelle Festumzug, bei dem Narren mit bunten Kostümen durch die Straßen ziehen und Sternensinger und Folklore-Tanzgruppen ihre Kunst zum Besten geben. Dabei belagern Gestalten mit furchteinflößenden Masken aus Holz und bunten Bändern die Straßen und fordern Wegezoll von durchfahrenden Autos.
Tschechien: Schlachtfeste und Maskenumzüge
Auch in Tschechien wird am "Fetten Donnerstag" geschmaust, allerdings steht da nicht nur süßes Gebäck, sondern vor allem Deftiges aus Fleisch auf dem Tisch – das greift auch die tschechische Bezeichnung des Karnevals auf: "masopust", was man frei als "Abschied vom Fleisch" übersetzen kann. Traditionell wurde auf dem Land an diesem Tag ein Schwein geschlachtet.
Heute organisieren viele Gastwirte kommerzielle Schlachtfeste, bei denen die fleischhungrigen Städter traditionelle Spezialitäten wie Schweinebraten, Speck, Sülze, Griebenschmalz sowie Blut- und Leberwurst serviert bekommen. Zum Nachtisch gibt es Krapfen und Raderkuchen, so wie sie auch in Polen bekannt sind.
Fester Bestandteil der Karnevalstradition in Tschechien sind außerdem volkstümliche Maskenumzüge. Ursprünglich zog man von Gehöft zu Gehöft, machte an jedem Haus im Dorf halt, trank, sang und tanzte. Heute sind das oft große Volksfeste mit viel Kommerz – Grillstände, Verkostungen mit Verkaufsständen, sogar ganze Jahrmärkte begleiten das fröhliche Treiben. Traditionelle Figuren beim tschechischen Faschingsumzug sind Bär, Stute, Türke, Jude, Krämer, Schornsteinfeger und Tod. In manchen Ortschaften gibt es strikte Regeln zur Reihenfolge der Figuren und zur Farbe der Masken: rote Masken sind beispielsweise unverheirateten Männern vorgetragen, verheiratete Herren tragen Schwarz.
Ungarn: In Mohács wird der Frühling eingeläutet
Das Faschingsfest in Mohács, die Busójárás, ist das größte und berühmteste Ungarns. Tausende Schaulustige reisen alljährlich in die Stadt an der Donau, um den Umzug der Busó mit ihren furchterregenden Masken zu erleben. Die Kostüme der Busó haben sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert. Zum Kostüm gehören ein Schafpelz und eine Maske. Die Masken werden aus Weidenholz geschnitzt. Etwa ein Dutzend Holzschnitzer gibt es in Mohács. Für eine Maske benötigen sie gut zwei Arbeitstage. Die Hörner stammen meist vom örtlichen Metzger.
Die Busó treffen sich am ersten Faschingstag auf einer kleinen sumpfigen Insel in der Donau. Dann setzen sie mit kleinen Booten aufs Festland in Mohács über. Der Legende nach haben sich die Einwohner von Mohács 1526 auf diese Inseln nach der Niederlage gegen die Osmanen gerettet. Gut 150 Jahre später, 1687, sind die Busó aufs Festland übergesetzt und haben die Osmanen in der Schlacht von Mohács vertrieben - angeblich, weil ihre Masken so furchterregend waren.
Mittlerweile ist es Tradition, dass die Einwohner von Mohács Karnevalsfreunde aus anderen Städten Ungarns oder gar aus dem Ausland einladen. Der Hintergedanke: Je mehr Busó beim Umzug dabei sind, desto leichter lassen sich Osmanen und Winter vertreiben. Das Faschingsfest in Mohács, das immerhin zum immateriellen Weltkulturerbe der UNESCO zählt, wird 2023 vom 16. bis zum 21. Februar gefeiert.
Kroatien: Rijeka wird vom Urlaubsort zur Narrenhochburg
Rijeka, die Küstenstadt an der Adria, beweist eindrucksvoll, dass sie auch im Winter ihre Reize hat. In der Karnevalssaison verwandeln Feierlustige den Urlaubsort in eine Narrenhochburg.
Wie in Köln oder Mainz nimmt die ganze Stadt am Karneval teil. Ohne Kostüm wagt sich an den Tagen vor Aschermittwoch kaum jemand auf die Straße. Höhepunkt ist der Karnevalssonntag: Rund Zehntausend Narren aus allen Teilen des Landes kommen zum größten Maskenumzug Kroatiens.
MDR/baz
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Mensch Nachbar | 29. Januar 2023 | 18:00 Uhr