Weihnachtsbaum auf dem Domplatz von Vilnius, Edition 2024/25
Der Weihnachtsbaum auf dem Domplatz von Vilnius: Jedes Jahr lässt sich die Stadt eine neue, attraktive Gestaltung und künstlerische Umrahmung einfallen, mal als Geburtstagstorte, mal als Schneekönigin. Bildrechte: Saulius Ziura / Go Vilnius

Weihnachten in Osteuropa Litauen: Nicht nur zu Weihnachten verrückt nach Bäumen

21. Dezember 2024, 05:00 Uhr

In Litauen haben Bäume eine besondere Bedeutung: Es wird nicht nur viel Geld mit Holz verdient, Bäume prägen auch die Kultur des Landes sehr stark. Zu Weihnachten liefern sich die Städte einen Wettbewerb um den schönsten Christbaum – und das ganze Jahr über werden Kinder nach Bäumen benannt.

Porträt Markus Nowak
Bildrechte: Markus Nowak/MDR

Bäume als Namensgeber

Was haben Birke, Espe, Eiche und Linde gemeinsam? Klar, manchmal stehen sie im Wald oder im Park nebeneinander – in Litauen aber können sie sogar menschliche Nachbarn sein. Denn diese vier Bäume sind zugleich litauische Vornamen: Männer können Beržas (Birke) und Ąžuolas (Eiche) heißen, während Drebulė (Espe) und Liepa (Linde) häufige Frauennamen sind. Und das, obwohl auch in dem größten der drei baltischen Länder Namen fremdsprachiger Herkunft immer beliebter werden.

Blick über eine Landschaft in Litauen
Der Wald als Quelle der Inspiration: In Litauen werden Kinder oft nach Bäumen benannt. Bildrechte: Markus Nowak

"Wir Litauer haben eine enge Verbindung zur Natur", sagt Eglė Žurauskaitė. Die 33-Jährige hat ihre Doktorarbeit in Lituanistik, also der Wissenschaft von der litauischen Sprache und Literatur, verteidigt und erklärt, wie sich die Naturverbundenheit des knapp drei Millionen Menschen zählenden Völkchens im Alltag zeigt. Etwa bei den aus der Natur inspirierten Namen: Hier ist die Liste mit etwa Gintarė/Gintaras (Bernstein), Audra (Sturm), Rasa (Morgentau), Sniega (Schnee) oder Ugnė (Feuer) noch längst nicht ausgeschöpft. Und natürlich sind auch Nadelbäume in Litauen – wie könnte es anders sein – namensstiftend für Personen: Eglė (Fichte), ist ein recht beliebter weiblicher Vorname.

Litauische Weihnachtstraditionen

Die Naturverbundenheit der Litauer zeigt sich auch bei den Weihnachtsbräuchen, wo in dem heute katholischen Land auch der Aberglaube mit einfließt: So wird unter die weihnachtliche Tischdecke Heu als Symbol für die Geburt Jesu Christi im Stall gelegt – aber auch, um damit hinterher in die Zukunft zu sehen: Jeder zieht einen Halm und die Länge des Halms soll die Aussichten für das neue Jahr voraussagen. Zauberei! Und ein wenig Zauber bringen auch in Litauen Weihnachtsbäume in die Wohnstube.

Menschen stehen um einen Weihnachtsbaum
In ganz Litauen werden Weihnachtbäume aufgestellt. Bildrechte: Markus Nowak

"Die Herkunft unserer Namen aus der Natur ist ähnlich wie bei den Ureinwohnern in Amerika", sagt die Lituanistin Žurauskaitė, eben auch eine Eglė. Wobei Ausländer ihren Namen oft englisch als "Eagle" (Adler) oder "Angel" (Engel) aussprechen, sagt sie. "Denjenigen, die es ganz genau lernen wollen, nehme ich eine Sprachdatei auf". Wobei das "ė" am Ende als langer Vokal gesprochen wird.

Wer hat den schönsten Baum Litauens?

Aber zurück zu den Bäumen. Die Litauer sind schon ein wenig baumverliebt – oder sollte man sagen baumverrückt?! Zu diesem Schluss kommt man jedenfalls, wenn man Anfang Dezember die Hauptstadt Vilnius oder die zweitgrößte Stadt Kaunas besucht: Alle Landesmedien berichten, wie die großen Weihnachtsbäume in den beiden Städten erleuchtet werden. Und die Litauer lassen sich bei der Gestaltung ihrer Weihnachtsbäume immer wieder etwas Originelles einfallen.

Weihnachtsbaum auf dem Domplatz von Vilnius, Edition 2024/25
Die Weihnachtsbäume auf dem Domplatz der litauischen Hauptstadt Vilnius sind berühmt für ihre aufwendige Gestaltung – oft mit ausladenden Kunst- und Lichtinstallationen, die sie einrahmen. Im Bild die diesjährige Ausgabe. Bildrechte: Saulius Ziura / Go Vilnius

In Vilnius schmückt in diesem Jahr wieder ein echter Baum den Domplatz, den sich die Stadt fast 119.000 Euro kosten lässt. 2021 hatte der Weihnachts"baum" aber die Form einer Kunstinstallation mit dem Titel "Königin des Winters" – zusammengefügt aus pyramidenförmig angeordneten beleuchteten Kristallen. Ein Jahr später wurde der echte Baum von einer Lichtinstallation in Form einer dreistöckigen Geburtstagstorte umhüllt – zur Feier des 700. Gründungsjubiläums der litauischen Hauptstadt. Die Weihnachtsbaumgestaltungen der vergangenen Jahre präsentiert die Tourismusagentur "Go Vilnius" auf ihrer Internetseite (auch auf Deutsch).

Eine Neuerung in diesem Jahr ist ein interaktiver Stadtplan, auf dem alle Weihnachtsmärkte, Adventsattraktionen und Orte mit schönen Dekorationen verzeichnet sind – insgesamt rund 70 Hotspots. Auf dem Europaplatz wurde in diesem jahr außerdem erstmalig ein internationaler Weihnachtsbaum aufgestellt, geschmückt mit Spielzeug aus verschiedenen Ländern und Gemeinden.

Weihnachtsbäume in Vilnius in Litauen
2021 war der Weihnachtsbaum auf dem Domplatz in Vilnius zwar festlich, aber nicht echt: Er bestand aus pyramidenförmig angeordneten leuchtenden Kristallen. Die Installation sollte die Schneekönigin darstellen. Bildrechte: Markus Nowak

Holz als Wirtschaftsfaktor in Litauen

Bäume sind aber nicht nur eine ästhetische Angelegenheit in Litauen, denn sie bringen der Wirtschaft des Landes hohe Einnahmen. Damit ist nicht nur der Vverkauf von Weihnachtsbäumen gemeint, der übrigens nicht mit dem 24.12. zu Ende geht, sondern wegen der großen russischsprachigen orthodoxen Minderheit bis Anfang Januar andauert. Der Export von Holzprodukten machte Mitte des Jahres 2024 13 Prozent des gesamten Exportvolumens des Landes aus. 2023 war Litauen zudem der zweitgrößte Exporteur von vorgefertigten Holzhäusern weltweit.

Weihnachten Weihnachsbaum Verkauf Litauen
Nur ein kleiner Teil der litauischen Holzwirtschaft: Der Verkauf von Weihnachtsbäumen Bildrechte: Markus Nowak

Auch die Möbelproduktion gehört in Litauen zu den wichtigen Wirtschaftszweigen. Die Möbelkette Ikea hat dort nicht nur Warenhäuser, sondern auch eine Möbelfabrik. Sechs Prozent der weltweiten Ikea-Produktion kamen im Jahr 2021 aus dem kleinen Land.

Sollte der schwedische Möbelriese wegen seiner Produktionsstätte Litauen eines Tages auf die Idee kommen, für neue Produkte litauische Namen zu verwenden, bieten sich Eiche – Ąžuolas – oder Birke – Beržas – an, und Weihnachtsbäume könnten als Eglė vermarktet werden.

Wald von oben.
Auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor: der Wald Bildrechte: Markus Nowak

Dieser Artikel ist erstmalig im Jahr 2021 erschienen und wurde 2024 von der Redaktion aktualisiert.

(baz)

Baum_Tipps 3 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 09. Dezember 2021 | 19:00 Uhr

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