Blick auf eine aktuellen Zeitung und in die neu eröffnete Ausstellung "Perspektivwechsel Erstaufnahme" im Community Art Center in Suhl. 4 min
Mit einer Ausstellung widmet sich der Verein der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Suhl. Mehr im Audio: Bildrechte: MDR / Lisa Wudy
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Am 7. Dezember feierte der Suhler Verein unofficial.pictures die Eröffnung seines Community Art Center im Steinweg 28. Es soll ein ort für Kunst sein, vor allem aber für Dialog und Veränderung, wie Lisa Wudy berichtet.

MDR KULTUR - Das Radio Mo 09.12.2024 06:15Uhr 04:12 min

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Community Art Center Suhl: Verein will mit Kunst-Zentrum gegen Frust ankämpfen

09. Dezember 2024, 15:43 Uhr

Suhl hat ein neues Zentrum für Kunst, Theater und Workshops. Vor allem soll es ein Ort für Austausch und Veränderung sein, betont der Verein unofficial.pictures, der seit 2020 in der Stadt aktiv ist. Jetzt gibt es mit dem Community Art Center eine feste Adresse, um Frust über lokale Themen loszuwerden und produktiv zu machen. Begleitet wurde die Eröffnung vom Auftritt eines Meckerchors. Die erste Sonderausstellung präsentiert Fotos und Interviews aus dem Projekt "Perspektivwechsel Erstaufnahme".

  • In Suhl hat am Wochenende ein Community Art Center eröffnet.
  • Als Ort für Kunst, Dialog und Veränderung will es der Verein unofficial.pictures etablieren.
  • Lokale Themen wie die Erstaufnahmeeinrichtung und die Abwanderung junger Menschen stehen 2025 auf der Agenda.

Mitten in Suhl gibt es jetzt ein Zentrum für die Kunst: das Community Art Center soll ein neuer Ort sein für Kunst, Dialog und Veränderung, wie der Verein unofficial.pictures mit Sitz in Suhl und Leipzig mitteilte. Ziel sei es, sich künstlerisch mit gesellschaftlichen Konflikten und den Anliegen der Einwohnerinnen und Einwohner auseinanderzusetzen. Dadurch sollen neue Perspektiven entstehen und der Zusammenhalt gestärkt werden. Neben Ausstellungen und Theaterworkshops sind in Zusammenarbeit mit anderen Kunstschaffenden unter anderem verschiedene Gesprächsformate sowie ein Podcast-Projekt geplant.

Schimpfen ist Verdauung von dem, was scheiße ist. Doch im Schimpfen schlummern Wünsche und Träume.

Devise des Meckerchors Zur Eröffnung des Community Art Center in Suhl

Kunst gegen Politikverdrossenheit und Frust

In den neuen Räumen, die sich etwas versteckt in einem Innenhof am Steinweg 28 befinden, soll Kunst als Werkzeug für Dialog und Veränderung dienen. Im Fokus stehen dabei Themen, die die Suhlerinnen und Suhler bewegen. "Ein Ort, wo mit Kunst Themen bearbeitet werden, die den Leuten auf den Nägeln brennen", sagt Rafael Brix, Dokumentarfotograf und Leiter des Community Art Centers. Seit 2020 ist der Verein in Suhl aktiv.

Ein junger Mann lächelt freundlich in einem Ausstellungsraum, hinter ihm zu sehen ein Aufsteller und Menschen an einem Tisch
"Wir wollen den Austausch über Themen, die sonst sehr in die Spaltung führen, durch Kunst neu ankurbeln", so Rafael Brix vom Verein unofficial.pictures. Bildrechte: MDR / Lisa Wudy

Bisher hat sich das kleine Künstlerteam zusammen mit Menschen aus Suhl etwa mit Themen wie der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete auf dem Friedberg oder dem Plattenbaugebiet Suhl-Nord beschäftigt. So entstanden Zeitungsprojekte und Fotoausstellungen – die nun auch in den neuen Räumen des Community Art Centers präsentiert werden.

"Das sind oft Themen, bei denen bei manchen Leuten Frustrationen entstehen. Und die stauen sich auf. Denn viele sehen nicht, dass Lösungen oder Visionen entwickelt werden, wie man anders damit umgehen kann, erklärt Brix, der glaubt, "dass Kunst dazu beitragen kann, neue Sichtweisen zu schaffen".

Wir wollen den Austausch über Themen, die sonst sehr in die Spaltung führen, durch Kunst neu ankurbeln.

Rafael Brix vom Verein unofficial.pictures Über das Community Art Center

Etwa indem verschiedene Perspektiven von Betroffenen aufgezeigt werden, wie es der Verein mit dem Projekt "Perspektivwechsel Erstaufnahme" versucht hat. Mit dem Community Art Center möchte der Verein nun einen neuen Schritt gehen, bisherige Projekte vertiefen und Neues in Suhl ausprobieren und zu Begegnungen einladen– bei Koch-Abenden, Performance-Art oder Theateraufführungen.

Suhl, Halle-Neustadt, Mannheim: Netzwerk geplant

Unterstützt wird der Verein von der Freudenberg-Stiftung aus Baden-Württemberg. Diese hat 2012 zusammen mit der Stadt Mannheim und der freien Regisseurin Annette Dorothea Weber das erste Community Art Center im Stadtteil Neckarstadt-West mit aufgebaut. Nun will die Stiftung den eigenen Angaben nach versuchen, das Konzept bundesweit an verschiedenen Standorten zu etablieren. Neben Mannheim und Suhl gibt es bereits ein Zentrum in Halle-Neustadt.

Plattenbauten in Suhl-Nord
Der Verein hat sich bislang mit Themen wie dem Plattenbaugebiet Suhl-Nord (Bild) und der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete auf dem Friedberg beschäftigt. Bildrechte: imago/Bild13

Für die freie Regisseurin Annette Dorothea Weber, die die Vereine bei der Umsetzung begleitet, ist Community Art immer auch Dialog- und Veränderungskunst. Für sie bedeutet das: den Menschen aktiv zuhören, sich damit künstlerisch auseinandersetzen und einen Prozess in Gang setzen, um die Gesellschaft lebenswerter zu machen.

Kunst versteht Weber dabei "als eine Art von Forschung": "Dass wir Künstlerinnen oft andere Blickwinkel haben und anders wahrnehmen, das ist eine Chance, um Probleme überhaupt erst einmal zu identifizieren", betont sie. "Dass wir in Kontakt und in Beziehung gehen mit den Menschen, das ist das Besondere an der Community Art", so Weber.

Eröffnung mit Meckerchor und Gastmahl

Das Community Art Center ist bei Suhlerinnen und Suhlern zur Eröffnung auf Interesse gestoßen. In Gesprächen äußerten Gäste etwa, wie wichtig es sei, die zivilgesellschaftlichen Angebote durch künstlerische Initiativen zu ergänzen. "Endlich auch mal etwas Künstlerisches – etwas, das die Suhler vielleicht noch nicht so kennen", findet eine Besucherin. Ein anderer Gast fügt hinzu: "Es wäre natürlich schön, wenn mehr kommuniziert wird, wenn Leute, die etwas bewegen wollen, sich austauschen und gegenseitig helfen, weil Kunst und Kreativität alle Menschen vorwärtsbringen können."

Im Community Art Center in Suhl haben sich Menschen für einen Kochabend versammelt.
Nach dem Auftritt eines Meckerchors, der in der Innenstadt zum Dampf ablassen einlud, versammelten sich Interessierte zum Austausch mit Gastmahl im neuen Community Art Center. Bildrechte: MDR / Lisa Wudy

Lokale Themen auf der Agenda: Erstaufnahme von Geflüchteten und Landflucht

2025 will der Verein den eigenen Angaben nach weiter das Thema Erstaufnahme vertiefen. Zudem sei ein Podcast geplant, der sich mit den Gründen befasst, warum junge Menschen oft wegziehen, auch aus Suhl: "Warum ist das so? Was bräuchte es, um wiederzukommen? Was brauchen Menschen, die ganz neu hierherkommen?“, das sind die Fragen, die Rafael Brix damit verbindet. Ob all die Ideen umgesetzt werden könnten, hänge allerdings auch von entsprechenden Fördermitteln ab, betont er. Regulär öffnet das Community Art Center ab dem 11. Dezember, immer mittwochs und donnerstags.

Das Wichtigste über das Community Art Center und unofficial.pictures im Überblick (Zum Aufklappen)

  • Am 7. Dezember 2024 feierte der Suhler Verein unofficial.pictures die Eröffnung des Community Art Center im Steinweg 28.
  • Ab 11. Dezember wird es immer mittwochs und donnerstags geöffnet sein.
  • In einer ersten Sonderausstellung sind Fotos und Interviews aus dem Projekt "Perspektivwechsel Erstaufnahme" zu sehen. Auskunft geben Menschen, die auf ganz unterschiedliche Weise mit der Landeserstaufnahmeeinrichtung in Suhl zu tun haben.
  • Die Initiative unofficial.pictures organisiert seit 2016 Projekte zum Austausch über persönliche und gesellschaftliche Themen durch Fotografie. Seit 2020 ist sie auch aktiv in Suhl.

Quelle: MDR KULTUR (Lisa Wudy), unofficial.pictures,, Redaktionelle Bearbeitung: ks, tis

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur kompakt | 09. Dezember 2024 | 10:30 Uhr

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