Jürg Kasper im Porträt 6 min
Jürg Kasper, Kulturrat Thüringen Bildrechte: Henry Sowinski
6 min

Wie kommt der Koalitionsvertrag in Thüringen bei dort ansässigen Kulturakteuren an? MDR KULTUR-Landeskorrespondentin Mareike Wiemann berichtet.

MDR KULTUR - Das Radio Di 26.11.2024 07:10Uhr 05:57 min

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Kommende Regierung So reagieren Kulturakteure in Thüringen auf den Koalitionsvertrag

26. November 2024, 04:00 Uhr

In Thüringen haben CDU, BSW und SPD am vergangenen Freitag ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Darin sind auch Pläne, Bekenntnisse und Vorhaben für die Kultur in Thüringen formuliert. Wie kommen diese Pläne bei den in Thüringen ansässigen Kulturakteuren an? MDR KULTUR hat exemplarisch mit dem Kulturrat Thüringen, dem Landesmusikrat, dem Theater Rudolstadt, der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora und dem Museumsverband Thüringen gesprochen.

Die Reaktionen auf den Koalitionsvertrag von CDU, BSW und SPD fallen bei den von MDR KULTUR angefragten Gesprächspartnern grundsätzlich positiv aus. Fragezeichen gibt es bei Vielen hinsichtlich der Finanzierung der Vorhaben, teilweise fordern sie auch inhaltlich konkretere Bekenntnisse.

Buchenwald-Direktor beklagt unklare Finanzierung

Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, ist mit der im Koalitionsvertrag formulierten Passage zur Erinnerungskultur "recht zufrieden". Das äußerte er im Gespräch mit MDR KULTUR. Diese Zufriedenheit hatte das Sondierungspapier nicht erwarten lassen, so Wagner. Darin war seiner Einschätzung nach das "SED-Unrecht mit den ungleich größeren NS-Verbrechen zumindest terminologisch gleichgesetzt worden." Diese Gleichsetzung finde sich so im Koalitionsvertrag nun nicht mehr, ergänzt er.

Jens-Christian Wagner
Jens-Christian Wagner, Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora Bildrechte: picture alliance/dpa | Swen Pförtner

Unklar ist für Wagner noch, wie die angehende Regierung die Vorhaben für die Erinnerungskultur finanzieren will. "Es wird sehr deutlich gemacht, dass man die Gedenkstättenarbeit stärken will, aber es steht nichts zur Finanzierung im Koalitionsvertrag", sagt der Historiker. Angesichts der Notwendigkeit zu sparen, blicke Wagner darauf mit einer "gewissen Sorge". Für ihn sei es wichtig, dass auch steigende Ausgaben der Gedenkstätten, etwa bei Personal und Energie, in der Haushaltsplanung berücksichtigt werden.

Theater-Intendant Mensching sieht Theaterkultur gestärkt

Der Intendant des Theaters Rudolstadt, Steffen Mensching, sieht ein gutes Zeichen in dem Bekenntnis der Brombeer-Koalition, die Orchester- und Theaterlandschaft zu erhalten und zu stärken. Besonders wichtig ist für ihn der Passus, dass Theater und Orchester "finanzielle Planungssicherheit mit langfristigen Finanzierungsvereinbarungen" erhalten sollen.

Kritisch sieht Mensching, dass die Koalitionspartner den Kulturlastenausgleich einschließlich der Theaterpauschale im kommunalen Finanzausgleich "unter besonderer Berücksichtigung der Vorhaltung eines überregionalen Kulturangebots" vornehmen wollen. Für ihn ist die Formulierung "kryptisch" und lasse Interpretationen zu. Formulierungen dieser Art machten ihn hellhörig, so Mensching, "weil da plötzlich eine Differenzierung der Theater- und Orchesterkultur in überregional und lokalbedeutend entsteht. So etwas höre ich gar nicht gerne und finde ich auch nicht richtig", sagt Mensching bei MDR KULTUR.

Steffen Mensching, ein Mann mit Brille udn Basecap, spricht in eine Mikrofon.
Steffen Mensching, Intendant vom Theater Rudolstadt Bildrechte: MDR/Holger John

Kulturrat Thüringen wünscht sich mehr kulturelle Bildung

Der Kulturrat Thüringen ist insgesamt positiv gestimmt. Das sagte der Präsident des Vereins, Jürg Kasper, MDR KULTUR. Dabei hat er mit Blick auf den Koalitionsvertrag exemplarisch die Bekenntnisse hinsichtlich der Freiwilligendienste, der Erinnerungskultur und des Ehrenamtes hervorgehoben.

Kritisch sieht Jürg Kasper hingegen, dass sich der Koalitionsvertrag lediglich auf den Bestand der Kultur konzentriere.

Die Innovation, wie es weitergehen soll, auch was kulturelle Entwicklung betrifft, da bleibt der Koalitionsvertrag entweder sehr im Vagen oder er äußert sich gar nicht.

Jürg Kasper, Kulturrat Thüringen

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf das Thema "Kulturelle Bildung." Die komme dem Kulturrat Thüringen im Koalitionsvertrag zu kurz. Jürg Kasper ergänzt, ihm fehle der Mut der Regierung, das Thema anzusprechen. Und weiter: "Die 'kulturelle Bildung' findet sich nur auf Seite 98 auf einem ganz schmalen, kleinen Absatz wider." Das werde der Stellung, die kulturelle Bildung in Thüringen haben sollte, nicht gerecht.

Landesmusikrat Thüringen ist positiv gestimmt

Genau in dem Abschnitt auf Seite 98 werden der Landesmusikrat, das Landesjugendensemble und die Landesmusikakademie konkret erwähnt – zur Freude der Generalsekretärin des Landesmusikrates Thüringen, Constanze Dahlet. "Das beruhigt uns sehr, dass wir hier erwähnt werden und stimmt uns für die Zukunft positiv."

Ein Thema, das laut Landesmusikrat Thüringen zu kurz kommt, ist die Amateurmusik im ländlichen Raum. Dazu gebe es keine Formulierungen im Koalitionsvertrag. Beim Thema Musikschulgesetz erwartet der Landesmusikrat, dass die neue Regierung bereit ist, "über die Summe im Thüringer Musikschulgesetz nochmal zu verhandeln."

Landesmusikakademie in Sondershausen: Ein Schulchor probt unter der Leitung von Thomas Krüger.
Die Landesmusikakademie in Sondershausen arbeitet auch mit Schülern zusammen. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Museumsverband Thüringen fordert mehr Geld für investive Förderung

Auch der Museumsverband Thüringen blickt "grundsätzlich positiv" auf den Koalitionsvertrag der Brombeer-Koalition. Dabei gehe es laut Franziska Zschäck, Vize-Präsidentin des Museumsverbandes Thüringen, um die "grundsätzliche Aussage, dass die Museumsförderung auf hohem Niveau fortgeführt werden soll." Gleichwohl sehe sie Verbesserungsbedarf im Bereich der investiven Förderung. Kürzungen im aktuellen Haushalt müssten in einem neuen Entwurf zurückgenommen werden, so Zschäck.

Eine Frau in einer roten Jacke steht an der Eingangstür eines alten Fachwerkhauses.
Franziska Zschäck, Vize-Präsidentin des Museumsverbandes Thüringen Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Wichtig für den Museumsverband Thüringen sei zudem, dass die Unterstützung der Provenienzforschung nicht auf den Bereich NS-Raubgut beschränkt sei, sondern auch Forschungen über Kunstraub in der DDR einbeziehe. Dazu fehle eine konkrete Formulierung im Koalitionsvertrag.

Quellen: Kulturrat Thüringen, Landesmusikrat Thüringen, Theater Rudolstadt, Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, Museumsverband Thüringen

Redaktionelle Bearbeitung: os

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Kultur am Morgen | 26. November 2024 | 07:10 Uhr

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