Luftbild der Heldburg im Sommer 7 min
Regina von Habsburg verbrachte ihre Jugend auf der Heldburg. Nun ist dort bis zum 6. Januar 2026 eine ihr gewidmete Ausstellung zu sehen, die unter Historikern für Kritik sorgt. Mareike Wiemann berichtet über den Streit. Bildrechte: IMAGO / Westend61
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Eine Ausstellung über Regina von Habsburg sorgt für Kritik. Sie war schon in Meiningen zu sehen und zieht nun weiter auf die Veste Heldburg. Mareike Wiemann berichtet über den Streit um den richtigen Umgang mit dem Adel.

MDR KULTUR - Das Radio Fr 07.03.2025 08:22Uhr 06:52 min

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Empörung unter Historikern "Demokratieschädlich": Wieso eine Adels-Ausstellung in Thüringen für Kritik sorgt

09. März 2025, 05:00 Uhr

Auf der Veste Heldburg öffnet am Sonntag eine Ausstellung über Regina von Habsburg, die 2025 hundert Jahre alt geworden wäre. Kuratiert hat sie der Meininger Museumsdirektor Philipp Adlung, der auf emotionale Art an den Spross der früheren Herzogsfamilie erinnern will. Doch sein Ansatz sorgt für Kritik unter Historikern: "Prinzessinnengeschichten" aus der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen, reiche nicht aus, um das komplexe Thema des Adels im 20. Jahrhundert anzugehen.

Schon die Bilder der Ausstellungswerbung strahlen Glanz und Glamour aus: Zu sehen ist die schwarz-weiß Fotografie eines Brautpaares, die Braut im weißen Kleid hebt graziös-erfreut den Arm, umringt wird das Paar von Würdenträgern mit Feder-Kopfschmuck und pelzbesetzten Mänteln. Es ist ein Bild der Hochzeit von Regina von Sachsen-Meiningen mit Otto von Habsburg, die im Jahr 1951 in Nancy stattfand. Der Spross des früheren Meininger Herzoghauses heiratete damals den letzten Kronprinz des Hauses Österreich-Ungarn.

Zu diesem Ereignis hat sich der ganze Hochadel noch einmal eingestellt. Und einige haben gesagt, dass die alte Ordnung, der alte Glanz, da noch mal aufgelebt ist.

Meininger Museumsdirektor Philipp Adlung über die Hochzeit

Hochzeitszeremonie von Otto von Habsburg und Regina von Sachsen-Meiningen, 1951
Die Hochzeit von Regina und Otto von Habsburg wird in der Ausstellung groß thematisiert. Bildrechte: IMAGO / ZUMA/Keystone

Ausstellung zeichnet privates Bild der Prinzessin

"Zu diesem Ereignis hat sich der ganze Hochadel noch einmal eingestellt", erzählt Philipp Adlung, Direktor der Meininger Museen und Kurator der Sonderausstellung. "Und einige haben gesagt, dass die alte Ordnung, der alte Glanz, da noch mal aufgelebt ist." Auch Adlung lässt den alten Glanz aufleben, in der Ausstellung ist die Hochzeit im Videomitschnitt zu sehen, Auszüge aus der Klatschpresse von damals sind in Vitrinen ausgestellt, dazu verschiedene Fotos aus Familienbesitz.

Ausstellung "Regina von Habsburg"
Phillip Adlung hat die Ausstellung gemeinsam mit der ungarischen Otto-von-Habsburg-Stiftung konzipiert. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Außerdem sind Kleider von Regina zu sehen, handgeschriebene Briefe aus ihrem Nachlass, ein Sektkübel und ein Kinderwagen. Sie ist die hingebungsvolle Mutter, die sieben Kinder aufzieht, die moderne Frau, die kurzzeitig bei einer Abgeordneten als Sekretärin arbeitet, und die karitative Kümmerin, wie Adlung umschreibt: "Sie ist im Meininger Stadtbild sehr viel erschienen, sie war im Stiftungsrat präsent, sie hat maßgeblichen Anteil daran, dass wir die Museumsarbeit heute noch machen können, wie wir das tun."

Großes Interesse bei Publikum in Meiningen

Adlungs Anliegen war es, eine emotionale Ausstellung über Regina zu machen, er wollte die "ungebrochene Faszination an den Adelshäusern" bedienen. Gleichzeitig sei der Dynastie Sachsen-Meiningen in der Stadt alles zu verdanken, die heutigen Familienangehörigen seien dementsprechend wichtige Figuren für sein Museum. Er berichtet denn auch von überdurchschnittlich hohen Besucherzahlen im Meininger Schloss Elisabethenburg, als die Schau dort im Januar gezeigt wurde, und vielen wohlwollenden Stimmen im Gästebuch.

Eine Museumsvitrine mit ausgestellten Kleidern
Viele Ausstellungsobjekte stammen aus dem privaten Nachlass von Regina von Habsburg. Bildrechte: MDR/Mareike Wiemann

Historiker über Ausstellung: "Schädlich für Demokratie"

Zu solchen Rückmeldungen aber kann der Historiker Andreas Goltz nur den Kopf schütteln. Goltz, der in Meiningen lebt und an der Universität Mainz Geschichte lehrt, veröffentlichte nach seinem Besuch im Januar einen wütenden Einwurf in der Lokalzeitung. Darin empfahl er, die Ausstellung abzubauen oder zumindest grundsätzliche Teile der Schau zu verändern.

Goltz spricht von vielen "problematischen Einzelfällen" in der Ausstellung, die zusammen ein bestimmtes Narrativ setzten: "Ein Narrativ, was ich im Kern als zumindest schädlich für die Demokratie in Deutschland betrachten würde."

ein Mann im Gespräch
Andreas Goltz beschäftigt sich mit der Vermittlung von Geschichte im öffentlichen Raum. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Anhaltspunkte für diesen Vorwurf gibt es laut Goltz so einige. So sei etwa die Sprache in der Ausstellung nicht neutral. Adlung spreche in seinen Texten von "Hochadel", von "dynastischer Tradition", oder nutze sogar die Anrede "ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit". Das sei völlig unreflektiert und unterkomplex in demokratischen Zeiten; solche Begriffe, findet Goltz, sollten in einem öffentlichen Museum heutzutage keine Rolle mehr spielen.

Zeit des Nationalsozialismus wird ausgespart

Ganz grundsätzlich stößt sich Goltz aber auch am Bild, das Adlung von Regina zeichnet. So würden unliebsame Fakten weggelassen, und nur die positiven Dinge erwähnt: "Reginas Mutter Klara trat etwa schon 1931 in die NSDAP ein, also zwei Jahre vor Hitlers Machtergreifung. Das spielt bei ihrer Vorstellung aber keine Rolle!" Ähnlich sei es beim Vater. Dieser werde auf einem Foto abgebildet mit der Unterschrift "Georg von Sachsen-Meiningen in Uniform, 1943" – "dass dies aber eine Offiziersuniform der Wehrmacht ist, wird nicht erwähnt."

Die Herausforderung ist, einen differenzierten Blick auf eine solche Lebensgeschichte zu eröffnen. Ich bin der Meinung, das geht.

Historiker Eckart Conze

Prof. Dr. Eckart Conze bei der Pressekonferenz zur Vorstellung der Rechercheergebnisse Alfried Krupp und der Nationalsozialismus
Der Historiker Eckart Conze forscht und lehrt in Marburg über die Geschichte des Adels in Deutschland. Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Geschichte der Herzoghäuser kritisch aufarbeiten

Goltz ist mit dieser Kritik nicht allein, auch der Marburger Historiker Eckart Conze hat sich auf Anfrage von MDR KULTUR mit den Texten der Ausstellung befasst. Conze, der als einer der führenden Historiker auf dem Themengebiet "Adel im 20. Jahrhundert" gilt, findet ebenfalls, die Ausstellung zeichne ein zu "weichgezeichnetes Bild".

Es sei völlig legitim, dass sich Residenzmuseen mit der jüngeren Geschichte ihrer früheren Herzogshäuser auseinandersetzten. Es komme aber darauf an, auf welche Weise man das tue: "Man muss hier immer auch Adelsherrschaft, fürstliche Macht und Machtverlust im 20. Jahrhundert thematisieren. Und die Frage stellen: Wie verhalten sich diese früheren Fürstenfamilien zur Demokratie?"

Es geht nicht um Skandalisierung einer Familie

Conze spielt auf einen weiteren Punkt an, den die Ausstellung auslässt. Nach der Wende stellte die Familie um Regina von Habsburg erhebliche Restitutionsforderungen. Im Rahmen einer gütlichen Einigung gingen diverse Sammlungsobjekte in Familienbesitz über, für die Meininger Museen stellte dies einen großen Verlust dar. Vor 20 Jahren sorgte all das für erhitzte Debatten.

Impressionen der Ausstellung "Regina von Habsburg"
Viele Fotos aus den privaten Familienalben sind auf der Heldburg zu sehen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

"Es geht ja gar nicht darum, die Geschichte dieser Familie in irgendeiner Form zu skandalisieren", so Conze. "Aber die Herausforderung ist, einen differenzierten Blick auf eine solche Lebensgeschichte zu eröffnen. Ich bin der Meinung, das geht. Aber das ist natürlich etwas schwieriger als solch ein Puppenstubenmärchen zu erzählen, mit Prinzessinnen und ihren schönsten Jahren auf der Veste Heldburg, ausgerechnet in der Zeit des Nationalsozialismus."

Meininger Museumsdirektor steht zu seinem Konzept

Anbiedernde Sprache, Auslassen von kritischen Punkten der Geschichte: Museumsdirektor Adlung lässt alle Kritik an sich abperlen. Die Ausstellung sei durchaus differenziert und kritisch, meint er. Deswegen werde er sie auch inhaltlich unverändert wieder auf der Veste Heldburg aufbauen.

Den Meininger Historiker Andreas Goltz lässt das fassungslos zurück. Er hofft, dass seine Kritik wenigstens eine Debatte in der Region auslöst – zur Frage, wie man mit dem eigenen Residenzerbe angemessen umgehen kann.

Informationen zur Ausstellung

"Regina von Habsburg - Prinzessin von Sachsen-Meiningen"
9. März 2025 bis 4. Januar 2026

Eine Ausstellung der Meininger Museen, dem Deutschem Burgenmuseum und der Otto-von-Habsburg-Stiftung

Adresse:
Deutsches Burgenmuseum, Veste Heldburg
Burgstraße 1, 98663 Heldburg

Öffnungszeiten:
April bis Oktober: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17 Uhr
November, Dezember, März: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 16 Uhr 
Januar und Februar: Samstag und Sonntag, 10 bis 16 Uhr

Redaktionelle Bearbeitung: vp

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR am Morgen | 07. März 2025 | 07:10 Uhr

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