Abschied aus Altersgründen Hildburghausens Landrat Thomas Müller würde auch weitermachen
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04. Mai 2024, 20:46 Uhr
Thomas Müller ist einer der dienstältesten Landräte in Thüringen. Amtsmüde ist er aber noch nicht. Als er vor 30 Jahren anfing, wusste er "wenig, von dem, was abgeht".
Seit 30 Jahren ist Thomas Müller aus Schönbrunn Landrat. Das Landratsamt in Hildburghausen kennt keinen anderen Chef. Weil Müller aus Altersgründen nicht mehr antreten darf, ändert sich das nun. Doch so richtig an den Ruhestand glauben, kann er offenbar nicht.
"Es gibt keinen Plan B", sagt Müller in seinem Amtszimmer in der dritten Etage mit dem kleinen Balkon. Dort an der Fassade des Gebäudes landeten auch schon mal faule Eier. Besonders häufig während der Corona-Pandemie, als das Landratsamt immer neue Verfügungen des Bundes durchsetzen musste. Müller ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Es gab eine Anzeige bei der Polizei und das war es dann. Die Eierwerfer wurden nie ermittelt.
Einfach mal an die Ostsee
Wenn seine Amtszeit am 1. Juni 2024 endet, freut sich Müller auf wie er sagt "mehr Beinfreiheit". "Ich freu mich drauf, mit meiner Zeit machen zu können was ich will. Ich stell mir das so vor, dass ich Freitagfrüh am Kaffeetisch sitze und es ist schönes Wetter. Dann sag ich zu meiner Frau, komm lass uns an die Ostsee fahren". So etwas sei 30 Jahre nicht gegangen. "Immer haben andere über meine Zeit bestimmt, das hört dann auf."
Aber so richtig loslassen kann Müller nicht. Körperlich und geistig fühlt er sich fit genug für den Job. Wenn es die Altersgrenze nicht gebe, würde er schon noch mal drüber nachdenken. Allerdings sehr intensiv. "Weil man ja dann die sechs Jahre durchziehen muss. Ich wäre dann 71. Und was meine Frau dazu sagen würde, sag ich jetzt lieber nicht", sagt Müller und der Schelm blitzt aus seinen Augen. Amtsmüde jedenfalls sei er nie gewesen. Auch wenn ihm das manche gerüchteweise nachgesagt hätten. "Vielleicht hat das noch mit der Corona-Pandemie zu tun. In dieser Zeit war ich immer hier, auch samstags oder sonntags. Nur es gab halt keine öffentlichen Termine."
Linienbusse auf dem Hof
Was aber bleibt in Erinnerung nach 30 Jahren Landrat Thomas Müller? "Natürlich viele Spatenstiche und Eröffnungen - das sind sicher Hunderte gewesen." Vor allem aber die Anfangszeit kurz nach der Politischen Wende sei spannend gewesen. "Da haben wir alle eine komplett neue Behörde aufgebaut. Ohne die Mitarbeiter wäre das nicht möglich gewesen." Überhaupt werde oft vergessen, dass ein Landrat ein Behördenleiter ist. "Wir setzen Gesetze um, nicht mehr und nicht weniger. Der Gestaltungsspielraum ist deshalb recht gering", so Müller.
Wenn er sich erinnert, dann doch eher an die schlechten Dinge. Zum Beispiel als vor etwa zehn Jahren die Linienverkehrskooperation in Schwierigkeiten geraten war. "Die LVK hat uns die Busse auf den Hof gestellt und wir mussten dann den Öffentlichen Personennahverkehr komplett neu aufbauen. Das war schon eine haarige Sache damals." Aktuell ist die Insolvenz des Klinikverbundes Regiomed die größte Baustelle im Landkreis. "Das müssen wir auch noch schultern. Ich hoffe ich kann das noch so lange mitbegleiten, dass wir in ab Juni in eine neue Phase kommen", sagt Müller.
Das Insolvenzverfahren endet dann. Der Plan ist, dass dann das Krankenhaus in Hildburghausen, der Rettungsdienst, die Medizinischen Versorgungszentren und die Pflegeheime von neuen Investoren übernommen werden. "Hier ärgere ich mich riesig, dass das Land erst jetzt die Not der Kliniken erkannt hat. Für uns kommen die vom Freistaat in Aussicht gestellten Bürgschaften einfach mal zu spät."
Immer einen Zugang zu den Menschen
Schöne Erinnerungen gibt es aber trotzdem. Was den altgedienten Landrat Müller schon immer begeistert habe und ihn auch jetzt noch antreibe ist das Gefühl, einen Zugang zu den Menschen im Landkreis zu haben. "Und das kommt auch zurück. Das heißt nicht, dass einem immer Hundertprozent Verständnis entgegenkommt. Im Gegenteil, Fehlentscheidungen bekommst du sofort gespiegelt. Was ich meine ist, dass wir uns hier aufeinander verlassen können. Da ist nichts gekünstelt oder aufgesetzt."
Demut hilft
Dass das so bleibt, wünscht Thomas Müller auch seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger. "Ich habe als ich angefangen habe vor 30 Jahre relativ wenig verstanden von dem was hier abgeht. Ich habe Maschinenbau studiert. Ich habe also keine Ausbildung in der Verwaltung oder eine juristische Ausbildung gehabt. Ich bin mehr oder weniger der Friedlichen Revolution geschuldet ins kalte Wasser gesprungen. Alle möglichen Sachen sind da durcheinandergelaufen. Man musste ganz viel aus dem Bauch heraus entscheiden. Ich habe von Tag zu Tag gelernt, was es heißt, eine Kreisbehörde zu leiten."
Was in dieser Zeit geholfen habe, sei Demut gewesen. Und die legt Müller dem künftigen Chef im Landratsamt sehr ans Herz. "Sonst wirst du ganz schnell von der Realität eingeholt." Zur Realität gehöre außerdem ein pragmatischer Umgang mit der AfD. "Wenn die AfD einen guten Vorschlag einbringt und man nur nicht zustimmt, um den gleichen Antrag dann ein bisschen umformuliert selbst einbringt, was sollen denn da die Leute denken? Die AfD ist nicht so stark, weil die so viele kluge Köpfe haben, sondern weil die anderen Parteien so schwach sind."
Bis Juni 2024 endet aus Altersgründen die Amtszeit für eine ganze Reihe sehr erfahrener Kommunalpolitiker in Thüringen, die ihre Region geprägt haben. Wir stellen die Männer und Frauen und was sie geleistet haben in einer Serie vor.
MDR (nis)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 04. Mai 2024 | 18:00 Uhr
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