Jenaer Kunstverein Kritischer Blick auf Wachstum: Neue Ausstellung im Botanischen Garten Jena
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27. Juli 2024, 04:00 Uhr
Der Kunstverein Jena zeigt ab Samstag seine allsommerliche Skulpturen-Ausstellung im Botanischen Garten. In diesem Jahr hat die Künstlerin Lisa Hopf unter dem Titel "Growth Potential" Skulpturen entwickelt. Wer dabei an wachsende Pflanzen denkt, liegt jedoch falsch. Denn die Arbeiten der in Leipzig und Jena arbeitenden Künstlerin setzen sich kritisch mit Wirtschaftswachstum und Wohlstand auseinander. Auch die Gegensätze von Natur und Künstlichkeit werden in ihren Werken verhandelt.
- Der Kunstverein Jena zeigt wie jeden Sommer eine Ausstellung im Botanischen Garten der Stadt.
- Unter dem Titel "Growth Potential" sind Skulpturen der Künstlerin Lisa Hopf zu sehen.
- Ihre Arbeiten setzen sich kritisch mit Wirtschaftswachstum und Wohlstand auseinander.
Der Titel der neuen Skulpturenschau des Kunstvereins Jena im Botanischen Garten der Stadt, "Growth Potential", verspricht einiges an Wachstumspotenzial. Zuallererst wächst der Jenaer Kunstverein selbst über sich und seine Galerieräume im Stadtspeicher am Marktplatz hinaus – in die Natur. Inzwischen ist es schon die 14. Schau, die man auf dem Gelände des zweitältesten Botanischen Gartens Deutschlands ausrichtet. Der älteste wurde im Jahr 1580 in Leipzig angelegt, der in Jena nur sechs Jahre später.
Die Kunst der Überraschung
Jahrhundertealte Gartentradition trifft hier also auf die Kunst der Gegenwart. "Wir haben einerseits die Tradition, Sommer für Sommer mit dem Botanischen Garten zusammenzuarbeiten, andererseits gibt es inhaltlich gar keine Tradition. Es ist im Prinzip immer wieder eine Art Neuanfang", erklärt Constantin Becker, der Kurator der aktuellen Skulpturenschau. Diesmal eine mit, wie er sagt, "absolut auf den Ort bezogenen Arbeiten" von Lisa Hopf.
Coburg – Leipzig – Jena
Die Künstlerin wurde 1994 in Coburg geboren, sie lebt und arbeitet heute in Leipzig und Jena. Noch kann sie, die Freie Kunst, Mathematik und Lehramt studiert hat, nicht allein von ihrer Kunst leben. Umso glücklicher war sie über das Angebot, die diesjährige Schau im Botanischen Garten zu gestalten. Hier könnte man also von karrieretechnischem Wachstumspotenzial sprechen. Derzeit beschäftigt sich Lisa Hopf in ihrem "Brotberuf" als wissenschaftliche Assistentin an der Ernst-Abbé-Hochschule Jena mit der Entwicklung eines "Zertifikatskurses KI für alle", schwört aber hoch und heilig, dass die Ideen für die Skulpturen dieser Schau nur in ihrem Kopf entsprungen sind.
Die Kunst der Entfremdung
Als studierte Mathematikerin interessiert sie das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik. "Meistens entstehen dabei Skulpturen, die auf den ersten Blick und wegen der verwendeten Materialien superfunktional erscheinen. Aber irgendwie sind die immer auch unlogisch", erklärt sie vor einer Skulptur, bei der aus einem kantigen Sockel vier dieser Spiralstäbe aus Metall ragen, an denen in "richtigen Gärten" Tomaten in die Höhe wachsen.
Doch statt humusreicher Muttererde dient hier blanker Beton als Wachstumsgrundlage. Die Dialektik von Flexibilität und Wachstum sei ihr hier durch den Kopf gegangen. Ein Bild entfremdeter Natur, das wie von einer x-beliebigen Großbaustelle ausgeborgt zu sein scheint. Ein paar Meter weiter steht ein exzentrisch auseinanderdriftendes Hochbeet aus Metall im Grünen. Als drittes Objekt präsentiert die Künstlerin ein geheimnisvolles Gewächshaus.
Botanischer Garten Jena mit Fremdkörpern
Im Begleitmaterial zur Ausstellung, das den ahnungslosen Besuchern beim Ticketkauf mit auf den Weg durch den Botanischen Garten gegeben wird, ist zu lesen, dass Lisa Hopf beim Thema "Growth Potential" nicht das Wachstum von Pflanzen in den Mittelpunkt stellt, sondern den kritischen Blick auf das Wachstum von Wirtschaft und Wohlstand. Die Künstlerin jongliere in ihren metaphorischen Arbeiten dabei mit Gegensätzen wie Natur und Künstlichkeit oder Ökologie und Industrie.
Diese Fremdkörper, die Lisa Hopf hier hereinstellt, sind Irritationsmomente und Ausgangspunkte für eine Auseinandersetzung, die dem Publikum ins Auge springen werden.
Halten wir fest: hier treibt kritische Konzeptkunst ihre Blüten. Der Kurator der Schau, Constantin Becker, ist sich sicher: "Diese Fremdkörper, die Lisa Hopf hier hereinstellt, sind Irritationsmomente und Ausgangspunkte für eine Auseinandersetzung, die dem Publikum ins Auge springen werden."
Informationen zur Ausstellung:
Growth Potential
Skulpturen von Lisa Hopf
27. Juli bis 13. Oktober 2024
Botanischer Garten Jena
Fürstengraben 26
07743 Jena
Öffnungszeiten:
täglich von 10 bis 19 Uhr
Redaktionelle Bearbeitung: lig
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 25. Juli 2024 | 16:15 Uhr