Jubiläum Von Bauhaus bis DDR-Design: 40 Jahre Museum für Angewandte Kunst in Gera
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07. Oktober 2024, 14:15 Uhr
Ob Jenaer Glas, Design-Klassiker des Bauhauses, Alltagsgegenstände der DDR oder wertvolle Keramik – das Museum für Angewandte Kunst (MAK) in Gera besitzt eine in Thüringen einzigartige Sammlung. Seit dem 7. Oktober 1984 präsentiert das Haus Kunsthandwerk, Mode, Design und Wohnkultur des 20. Jahrhunderts. Nach 40 Jahren blickt das Museum mit großen Plänen in die Zukunft: Ein neuer Museumskomplex soll in Gera entstehen und künftig auch das MAK beheimaten.
- Das Museum für Angewandte Kunst in Gera wurde 1984 gegründet.
- Gezeigt werden dort Gegenstände der Alltagskultur wie Möbel, Mode oder Keramik unterschiedlicher Epochen.
- Ein geplanter Museumskomplex in Gera soll in Zukunft neuer Standort des Museums werden.
Es ist nicht leicht zu finden, das Museum für Angewandte Kunst im Zentrum von Gera. Dabei kommen Design-Fans hinter den barocken Mauern des Ferberschen Hauses in der Greizer Straße voll auf ihre Kosten. Bei der aktuellen Sonderausstellung zum 40. Jubiläum des Hauses, "Von Art déco bis DDR", werden Jenaer Glas, Tische von Marcel Breuer und Perzel-Leuchten gezeigt.
Als Kunsthandwerksmuseum wurde das Haus am 7. Oktober 1984 gegründet; auf Beschluss des Rates des Bezirkes Gera. Bis 1991 trug das Haus den Namen "Museum für Kunsthandwerk", wurde dann zum "Museum für Angewandte Kunst" – kurz MAK.
Für den ersten Museumschef Wieland Führ, war Gebrauchsgrafik, also die DDR-Gebrauchsgrafik, ein wichtiger Bestandteil: "Es soll Platz für Kunst da sein in den Museen für Kunst, die nicht den hohen Anspruch erhebt, in den Kunstlexika vorgefunden zu sein. Wobei hier durchaus Arbeiten zu sehen sind, die – gerade bei der Spielzeuggestaltung und anderen Dingen – doch den Anspruch erheben vielleicht auch etwas Bleibendes zu sein."
Möbel, Mode und Alltagsgegenstände
Und so bringt Museumsleiter seine Expertise, seine Interessen als Schwerpunkt ein. Hans-Peter Jacobson hat das Museum jahrelang geprägt. Seiner Leidenschaft ist es zu verdanken, dass einige Dauerleihgaben und Schenkungen das MAK bereichern – wie etwa die der Sammlung Welle. 2011 schenkten Ingrid und Werner Welle ihre wertvolle zeitgenössische japanische Studiokeramik. Wissend, dass sie im MAK Gera in guten Händen ist. Denn schon zuvor hatten sie dem Museum eine der bedeutendsten Sammlungen internationaler Gegenwartskeramik vermacht.
Über Ankäufe, Dauerleihgaben und Schenkungen hat sich das Museum immer wieder erweitert. Es zeigt nun Möbel, Mode, Alltagsgegenstände des Art déco, neu-sachliche Fotografien von Aenne Biermann, ikonische Keramiken des Bauhauses sowie wichtige Positionen des DDR-Designs, der Gebrauchsgrafik und der Studiokeramik ab 1950. Rund 100.000 Objekte lagern dort, werden wissenschaftlich erforscht und immer wieder im neuen Kontext präsentiert.
Es soll Platz für Kunst da sein, die nicht den hohen Anspruch erhebt, in den Kunstlexika vorgefunden zu sein.
Von "Sybille" bis Design-Klassiker der DDR
Eine Schatzkammer, so kann man das Museum für Angewandte Kunst beschreiben. Manche Ausstellung zieht Besucher in Scharen, wie etwa die Schau zur Modezeitung "Sybille" oder jene zur Alltagskunst in der DDR. Hier kommt der Badusan-Fisch ins Spiel, den der Geraer Designer Günter Kerzig entworfen hat. Andere wiederum ziehen vor allem speziell interessierte Besucher aus ganz Deutschland – wie die Keramik-Schauen.
Seit April aber gibt es im MAK keinen Museumspädagogen – ein wichtiger Punkt für die Vermittlungsarbeit. Zeitnah soll die Stelle ausgeschrieben werden, das habe der Oberbürgermeister zugesichert, so Eckerle. Der Verein "Virtuosen und Schmierfinken" unterstützt aktuell das Museum mit Projekten für Kinder und Jugendliche
Förderverein unterstützt Museum in Gera
40 Jahre und über 180 Ausstellungen später ist das heutige "Museum für Angewandte Kunst" Spiegel für Design und Grafik des 20. Jahrhunderts. Aber es führt auch Traditionen fort – etwa mit dem Aenne-Biermann-Preis für Gegenwartsfotografie, der alle zwei Jahre vergeben wird.
Das Haus sucht und findet immer wieder finanzielle Unterstützer, wie etwa die "Ernst von Siemens Stiftung". Mit ihrer Hilfe wird derzeit der Nachlass von Paul Helmut Becker erschlossen und für die Digitalisierung vorbereitet. Er war ein wichtiger Gestalter von Verpackungen, Etiketten und Plakaten. Der große Bestand aus Beckers Nachlass beleuchtet die Entwicklung der Werbegrafik in der DDR. Die Sparkassen Versicherung unterstützt den Aenne-Biermann-Preis für deutsche Gegenwartsfotografie.
Ein wichtiger Begleiter des Museums sind die "Freunde des Ferberschen Hauses". Der Förderverein feiert zeitgleich seinen 32. Geburtstag und akquiriert Spendengelder, bereitet Ausstellungen vor und putzt auch schon mal die Vitrinen, wenn die Zeit vor der Schau knapp wird. Auch Besucher werden vom Förderverein durchs Haus geführt; manch private Geschichte fließt da mit ein. "Wir sind quasi die Schnittstelle zwischen Besucher und Museum", sagt die Vereinsvorsitzende Sigrid Müller. "Das ist für uns eine Bereicherung. Wir holen da für uns das Besondere in den Alltag. Das versuchen wir den Besuchern zu vermitteln."
Zukunftspläne: Neubau für Museen in Gera
Die alten Dielen in den Ausstellungsräumen knarzen. Beim Bewundern des prachtvollen Deckenstucks sieht man die ein oder andere kleine Fehlstelle. Barrierefrei ist das Haus nicht, die Stufen der breiten Steintreppe sind hoch. Wie geht es weiter? Kulturamtsleiter Felix Eckerle hat eine Mammutaufgabe zu lösen. Der Stadtrat hat einen Masterplan beschlossen. Bis 2037 soll ein neues Museum gebaut werden, das alle vier Geraer Museen vereint. Das Geburtshaus von Otto Dix wird an historischer Stelle bleiben und saniert. Wie das allerdings finanziell hinterlegt wird, ist noch unklar. "Der Masterplan sieht vor, bis spätestens 2037 einen Museumsneubau zu realisieren; was neben den ökonomischen und ökologischen Kriterien auch inhaltlich eine spannende Option ist", sagt Eckerle.
Mit dem 40. Geburtstag ist die aktuelle Sonderschau Geschichte. Zum Jubiläum – eine Finissage. Ab 10. November präsentiert das MAK eine neue Schau: "Verrückt nach Ton – Keramik aus sieben Jahrzehnten". Sie zeigt die Entwicklung der modernen Keramik seit den 1950er-Jahren. Schätze aus der Sammlung Welle in Korrespondenz mit aktueller Keramik, die auch mit neuer Technik entstanden ist. Eine Hommage auch an den Keramikkenner und -Liebhaber Hans-Peter Jacobson. Der Weg nach Gera lohnt sich also.
Informationen zum Museum
Museum für Angewandte Kunst
Greizer Straße 37-39
07545 Gera
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr
Redaktionelle Bearbeitung: lig, tis
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 07. Oktober 2024 | 06:15 Uhr