Eine Frau sitzt neben ihrem Anwalt in einem Gerichtsaal.
Ingrid Schindler, ehemalige Geschäftsführerin von Talisa e.V., mit ihrem Rechtsanwalt vor dem Amtsgericht Erfurt. Bildrechte: MDR/Alexander Reißland

Betrugsaffäre Talisa-Prozess in Erfurt hat begonnen: Ex-Vorsitzende wegen Fördermittelbetrug vor Gericht

30. April 2025, 14:50 Uhr

Die ehemalige Vereinsvorsitzende und Geschäftsführerin der Thüringer Arbeitsloseninitiative Talisa, Ingrid Schindler, muss sich seit Mittwoch in Erfurt vor Gericht verantworten. Ihr wird Fördermittelbetrug vorgeworfen. Es geht um rund 130.000 Euro.

Vor dem Amtsgericht Erfurt hat am Mittwoch der Prozess um einen mutmaßlichen Fördermittelbetrug bei der Thüringer Arbeitsloseninitiative Talisa begonnen. Angeklagt ist die ehemalige Vereinsvorsitzende und Geschäftsführerin Ingrid Schindler. So soll die 65-Jährige unter anderem Fördergelder für ein Flüchtlingsprojekt beantragt und erhalten haben, das nur auf dem Papier existiert haben soll.

Schindler selber wies den Vorwurf in der Anklage zurück. Im Kern geht es um ein Projekt für die Hilfe von Menschen mit Migrationshintergrund in der Region Sömmerda.
Dafür sollen rund 80.000 Euro geflossen sein. Laut Staatsanwältin Ines Matthes-Wegfraß wurden nach den Ermittlungen keine Unterlagen gefunden, die einen Nachweis für dieses Projekt belegen.

Talisa
Die Arbeitsloseninitiative Talisa ist mitlerweile insolvent. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Schindler wirft Betrugsvorwürfe zurück

Nach Schindlers Darstellung hat es das fragliche Projekt tatsächlich gegeben. Als einen Beleg übergab sie dem Richter einen Flyer für eine Veranstaltung in Sömmerda, der nach ihrer Aussage mit dem Projekt zu tun hatte. Zudem warf Schindler einer Reihe von Zeugen vor, gelogen zu haben. Sie hätten falsche Angaben bei der Polizei gemacht und behauptet, dass es dieses Projekt nie gegeben habe.

Schindler betonte in einer über eine Stunde dauernden verlesenen Aussage, dass sie mit der direkten Mittelverwendung in den regionalen Talisa-Stellen wie Sömmerda nicht direkt beschäftigt gewesen sei. Sie selber habe am Ende immer nur die Abrechnungen erhalten. In einem Fall sei eine Unregelmäßigkeit ihr durch die Finanzverantwortliche des Vereins mitgeteilt worden.

Sie habe daraufhin die Regionalstellenleiterin in Sömmerda abgemahnt. Im Verfahren wurde bekannt, dass es sich dabei um Ihre Tochter handelt. Sie war im Frühjahr 2022 verstorben - kurz nach dem ersten Bekanntwerden der Vorwürfe und einer Prüfung durch das Landesverwaltungsamt. Dem Richter zufolge fehlt damit eine wichtige Person, die zu der fraglichen Regionalstelle hätte befragt werden können.

Geld soll zweckentfremdet worden sein

Schindler wies auch den Vorwurf zurück, in einem weiteren Projekt bei der Verwendung von Fördermitteln betrogen zu haben. In diesem Projekt, das bei Talisa in Erfurt lief, wurde Geld in Höhe von knapp 50.000 Euro für die Förderung von Arbeitsplätzen bei der Thüringer Wirtschaftsförderungsgesellschaft GfAW beantragt und ausgezahlt.

Die Staatsanwaltschaft wirft Schindler vor, dass Gelder zweckentfremdet eingesetzt worden sind. So sollen die Gelder für einen Mitarbeiter vorgesehen gewesen sein, der aber mit anderen Tätigkeiten beschäftigt gewesen sei.

Staatsanwaltschaft ermittelt seit 2022

Mitte 2022 waren die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Erfurt gegen Schindler und den inzwischen insolventen Verein Talisa in Gang gekommen. Auslöser waren eine Recherche von MDR THÜRINGEN und eine Anzeige des Thüringer Landesverwaltungsamtes. Dieses hatte neben den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sämtliche ausgezahlte Fördermittel an Talisa geprüft.

Nach Angaben der Behörde in Weimar summieren sich die Rückforderungen an Talisa auf rund 1,4 Millionen Euro. Denn bei all diesen Summen seien Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung entdeckt worden.

Diese Fälle seien aber nicht alle strafrechtlich relevant, da nicht in jedem Fall ein Betrugsverdacht im Raum stehe, heißt es. Im aktuell laufenden Prozess sollen am Mittwochnachmittag erste Zeugen vernommen werden. Das Amtsgericht hat Verhandlungstermine bis Ende Mai angesetzt.

MDR (lke/jn)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 30. April 2025 | 19:00 Uhr

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