Innenministerium Nach erneutem Angriff: Polizei überwacht Erfurter Synagoge rund um die Uhr
Hauptinhalt
15. November 2023, 21:00 Uhr
Nach zwei mutmaßlich antisemitischen Angriffen auf die Neue Synagoge in Erfurt binnen weniger Stunden hat das Thüringer Innenministerium angekündigt, das Gotteshaus rund um die Uhr von der Polizei bewachen zu lassen.
Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit bei mdr.de und in der MDR Aktuell App.
Wenige Stunden nach dem Verbrennen von Gedenkzetteln vor der Erfurter Synagoge haben Unbekannte auch die Wand des jüdischen Gotteshauses beschmiert.
Wie die "Bild"-Zeitung am Dienstag berichtete, hinterließen sie am Sonntag eine israelfeindliche Parole neben dem Haupteingang. Demnach war die Aufschrift "Vive Palestine, Fuck Israel" neben den Haupteingang der Synagoge geschmiert worden.Die Polizei, die trotz der vorangegangenen Attacke nicht vor Ort war, entdeckte die Schmierereien demnach erst Stunden später an der Synagoge. Eine Polizeisprecherin bestätigte den Vorfall. Derzeit würden Videobilder ausgewertet. Hinweise auf Tatverdächtige gebe es nicht.
Überwachung der Synagoge rund um die Uhr
Nach den zwei Vorfällen soll die Synagoge nun mehr Schutz bekommen. Das teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Mittwoch mit. Demnach soll das jüdische Gotteshaus rund um die Uhr von der Polizei bewacht werden. Die Anweisung gilt seit Dienstagabend, sagte der Sprecher.
Wie genau die Polizeipräsenz nun aussehen wird, werde noch abgestimmt, sagte eine Sprecherin der Landespolizeiinspektion in Erfurt. Dem Sprecher des Innenministeriums zufolge gibt es auch Überlegungen, einen Container vor dem Gebäude aufzustellen. Bislang hatte die Polizei mit regelmäßigen Streifenfahrten Präsenz vor der Synagoge gezeigt.
Jetzt ist die Situation wieder so aufgeheizt, dass das aus meiner Sicht erforderlich ist.
Der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm, zeigte sich sichtlich bewegt. Dieses Land sei nichts mehr für Juden. Es gehe gefährlichen Zeiten entgegen, sagte er. "Unseren Jugendlichen würde ich am liebsten empfehlen, Deutschland zu verlassen!"
Innenminister Georg Maier (SPD) sagte, die Schmierereien hätten den Ausschlag gegeben, den Schutz rund um die Uhr einzurichten. "Wir müssen jetzt mit Trittbrettfahrern rechnen."
Im Nachgang zu dem Attentat von Halle habe es schon einmal eine dauerhafte Polizeipräsenz vor der Synagoge gegeben. "Jetzt ist die Situation wieder so aufgeheizt, dass das aus meiner Sicht erforderlich ist."
Mutmaßliche Täter noch nicht vernommen worden
In der Nacht zum Sonntag hatte die Polizei zwei Männer festgenommen, die dort Zettel mit Solidaritätsbekundungen für die Menschen in Israel verbrannt haben sollen. Die 22- und 25-jährigen Lybier seien noch nicht vernommen worden, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt am Mittwoch mit.
Derzeit gebe es bis auf den Tatort und die Tatsache, dass die Taten dieselbe Zielrichtung hätten, keinen Hinweis darauf, dass die beiden Männer auch für die Parole verantwortlich gewesen sein könnten. Es werde gegen unbekannt ermittelt.
Die verbrannten Zettel hatten am Wochenende für heftige Reaktionen gesorgt. Politiker mehrerer Parteien forderten eine harte Reaktion des Staates und eine Ausweisung der Täter.
MDR (dpa/kk/thk)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. November 2023 | 11:00 Uhr