Die verfallene Defensionskaserne auf dem Petersberg von außen 6 min
Die Eröffnung des Pop-up-Museums in Erfurt lässt auf sich warten und kostet trotzdem viel Geld. MDR KULTUR-Reporterin Antje Kirsten berichtet. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
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Das neue Pop-up-Museum auf dem Erfurter Petersberg sorgt noch vor der Eröffnung für Streit. Seit bekannt ist, dass das Haus möglicherweise noch lange leer steht, mehren sich die kritischen Stimmen.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 12.02.2025 08:40Uhr 06:11 min

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Beschwerden Hohe Kosten, keine Ausstellung: Bekommt Erfurt doch kein Pop-up-Museum?

12. Februar 2025, 04:00 Uhr

Das neue Pop-up-Museum auf dem Erfurter Petersberg sorgt für Streit. Dabei ist es noch gar nicht in Betrieb. Seit diesem Jahr hat die Stadt die Räume in der Defensionskaserne angemietet und zahlt dafür rund 100.000 Euro. Aber das Haus steht leer und das vermutlich noch lange Zeit. Deshalb mehren sich die Stimmen, der Pop-up-Halle den Stecker zu ziehen, bevor das Licht angeht. Denn allein die Beleuchtung soll eine Viertelmillon Euro kosten.

Pop-up-Kunst soll im neu entstehenden Museum auf dem Erfurter Petersberg ins rechte Licht gerückt werden. Für das Beleuchtungssystem rechnet Erfurts Kulturdirektor Christian Horn mit einer Viertelmillon Euro. Eine solche Summe treibt Steffen Raßloff Tränen in die Augen. Er sitzt als berufener Bürger im Kulturausschuss und ist Fördervereinsvorsitzender des Erfurter Stadtmuseums.

Ein Mann an einem Tisch in einem Sitzungssaal.
Der Erfurter Historiker Steffen Raßloff ist auch stellvertretender Vorsitzender des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde der Stadt. Bildrechte: Daniel Beck

Damit könnte man das halbe Stadtmuseum sanieren.

Steffen Raßloff Förderverein des Stadtmuseums

Der Historiker rechnet vor: "Wir arbeiten seit 20 Jahren in unseren Räumen im Stadtmuseum mit einer Belichtungsanlage, die Ladenbauqualität hat. Und hier sollen für eine Ausstellung, die eigentlich keine höheren musealen Ansprüche hat, 250.000 Euro nur für das Licht ausgegeben werden." Damit könnte man laut Raßloff das halbe Stadtmuseum sanieren.

Andere Museen in Erfurt unterfinanziert

Dass Gelder vom Naturkundemuseum in die Pop-up-Halle umgelenkt werden sollen, nennt Raßloff empörend. Der Stadtrat habe schließlich 2023 der Pop-up-Halle nur unter der Prämisse zugestimmt, dass den anderen Museen nichts weggenommen wird. Es geht um 300.000 Euro. Die sind eigentlich für das Naturkundemuseum gedacht, das seit über 20 Jahren einen Anbau bekommen soll.

Die ehemalige Defensionskaserne gehört zu den Gemäuern, die von der Festungsanlage auf dem Erfurter Petersberg erhalten sind. Das 170 Meter lange Gebäude wird seit Anfang 2022 saniert.
Die ehemalige Defensionskaserne gehört zu den Gemäuern, die von der Festungsanlage auf dem Erfurter Petersberg erhalten sind. Das 170 Meter lange Gebäude wird seit Anfang 2022 saniert. Bildrechte: MDR, honorarfrei

Mittel für das Naturkundemuseum werden nicht abgerufen

Stadtsprecherin Heike Dobenecker stellt allerdings klar, dass im Haushalt 2024 und 2025 für den Ausbau des Naturkundemuseums jeweils 600.000 Euro eingestellt worden seien. Da aber noch immer die Pläne fehlten und folglich nicht gebaut werden könne, sei davon noch nichts verwendet worden: "Wenn man jetzt weiter baut, müsste man wissen, wie die künfige Nutzung aussieht. Dafür haben wir noch keine Konzepte in der Schublade", so Dobenecker.

Tier-Präparate in einem hölzernen Boot in einem Museum.
Das Naturkundemuseum Erfurt soll schon seit Langem ausgebaut werden. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

Kritik vom Thüringer Museumsverband

2012 hatte die Strategieberatungsfirma actori ein Gutachten vorgelegt, dass den Ausbau und die Stärkung des Naturkundemuseums als Leitmuseum und das Zusammengehen von Stadtmuseum und Volkskundemuseum zu einem kulturhistorischen Museeum vorsah.

Daran müsse Erfurt arbeiten und nicht mit dem Pop-up-Museum falsche Prioritäten setzen, heißt es aus dem Thüringer Museumsverband. Dessen Vizepräsidentin Franziska Zschäck sieht in der Pop-up-Halle keine "super Lösung" für Erfurt. Erfurt habe viele gute Museen, die seien seit Jahren unterfinanziert und müssten gestärkt werden.

Eine Frau in einer roten Jacke steht an der Eingangstür eines alten Fachwerkhauses.
Franziska Zschäck ist Vizepräsidentin des Museumsverbandes Thüringen und kritisiert die hohen Ausgaben für das Pop-up-Museum. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Zweifel am Plan für das Pop-up-Museum

Gezeigt werden soll in den Räumen der Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg später einmal moderne Kunst, die ein Team aus Laien und Profis auswählt. Über jede Ausstellung würden Künstler, Bürger und Studierende entscheiden. Das Museum soll Besucher auf den Petersberg holen. "Ich halte das für eine Illussion", meint Zschäck vom Thüringer Museumsverband. "Die laufenden Kosten werden im Masterplan mit mindestens 300.000 bis 500.000 Euro im Jahr angesetzt. Die Kosten scheinen schon jetzt aus dem Ruder zu laufen."

Was ist das Pop-up-Museum Erfurt? Pop-up steht für plötzlich Auftauchendes und wieder Verschwindendes. Laut Masterplan soll das neue Museum "zeitgenössische Perspektiven" geben. Es soll Ausstellungen, Videoprojektionen, Film-Events und Projektwerkstätten präsentieren. Das Museum soll einen offenen Dialog mit der Stadtgesellschaft beginnen – denn sie entscheide mit, nicht wie sonst ausschließlich Museumsdirektoren oder Kuratoren. Mehr Inhalt ist bislang nicht bekannt. Ein Workshop der Kulturdirektion Erfurt fand im November hinter verschlossenen Türen statt.

Die Defensionskaserne auf dem Petersberg von außen
Die Stadt Erfurt hat Räume in der ehemaligen Kaserne (linkes Gebäude) auf dem Petersberg gemietet. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten

Stadtrat will nicht lange Zeit für leere Räume zahlen

In der am 12. Februar anstehenden Stadtratssitzung wollen die Fraktionen das Projekt grundsätzlich hinterfragen. Linke und Grüne halten zwar daran fest,  wollen aber nun wissen, ob der Innenausbau tatsächlich noch ein ganzes Jahr dauern wird. In dem Fall könne von sparsamem Wirtschaften nicht mehr die Rede sein.

"Die Linke hat für das Pop-up-Museum gestritten und baut darauf, dass es auch umgesetzt wird", sagt die Fraktionsvorsitzende Katja Maurer. "Wenn sich die Verwaltung dazu nicht in der Lage sieht, erwarte ich eine gute Begründung". 

Katja Maurer im Landtag
Katja Maurer ist Fraktionsvorsitzende der Linken im Erfurter Stadtrat - und Stellvertretende Vorsitzende der Linken-Fraktion im Thüringer Landtag. Bildrechte: IMAGO / pictureteam

SPD will Ausschreibung für Museumsleitung stoppen

Nach der CDU stellt nun auch die SPD der Stadtverwaltung unangenehme Fragen. Vor allem immense Kosten, unter anderem für die Miete, stoßen bei Stadträten auf Gegenwehr. Nun könnte die Suche nach einem Ausstellungsleiter gestoppt werden. Auch eine Auflösung des Mietvertrags werde geprüft, heißt es. 

SPD-Stadtrat Denny Möller sagte, es sei immer vereinbart gewesen, dass das Pop-up-Museum nicht zu Lasten anderer Museen verwirklicht wird. Nun scheine es aber doch so zu laufen. Das müsse geklärt werden, bevor weitere Tatsachen geschaffen werden. Die Erweiterung des Naturkundemuseums dulde keinen Aufschub.

Denny Möller
SPD-Stadtrat Denny Möller möchte weitere Kosten für die Stadt Erfurt vermeiden. Bildrechte: MDR/Denny Möller

Möller will nun mit einem Haushaltsbegleitantrag die Reißleine ziehen. Darin wird die Stadtverwaltung aufgefordert, per Stadtratsbeschluss die Ausschreibung der Stelle des Leiters für das Pop-up-Museum zu stoppen. Aktuell könnten keine seriösen Aussagen getroffen werden, ob und wann die Halle auf dem Petersberg geöffnet wird. Es müsse auch ein vorzeitiges Ende des Mietvertrages geprüft werden.

Redaktionelle Bearbeitung: lm, lk

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. Februar 2025 | 08:40 Uhr

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