Die verfallene Defensionskaserne auf dem Petersberg von außen 1 min
Die Eröffnung des Pop-up-Museums in der Defensionskaserne lässt auf sich warten und treibt die Kosten in die Höhe. Nun will der Stadtrat eingreifen, wie MDR KULTUR Reporterin Antje Kirsten berichtet. Bildrechte: MDR/Antje Kirsten
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Das neue Pop-up-Museum auf dem Erfurter Petersberg sorgt noch vor der Eröffnung für Streit. Seit bekannt ist, dass das Haus möglicherweise noch lange leer steht, mehren sich die kritischen Stimmen

MDR KULTUR - Das Radio Di 11.02.2025 07:30Uhr 00:30 min

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Kulturstreit Wird dem Erfurter Pop-up-Museum der Stecker gezogen?

12. Februar 2025, 04:00 Uhr

Das neue Pop-up-Museum auf dem Erfurter Petersberg sorgt für Streit. Dabei ist es noch gar nicht in Betrieb. Seit diesem Jahr hat die Stadt die Räume in der Defensionskaserne angemietet und zahlt dafür rund 100.000 Euro. Aber das Haus steht leer und das vermutlich noch lange Zeit. Seit das bekannt ist, mehren sich die Stimmen, der Pop-up-Halle den Stecker zu ziehen, bevor das Licht angeht.

  • Neben dem Museumsverband kritisiert nun auch der Erfurter Stadtrat die geplanten Investitionen in das Pop-up-Museum, die nicht zur Unterfinanzierung anderer Museen passen.
  • Kritisiert wird, dass die Kosten für das Museum bereits aus dem Ruder liefen, obwohl eine Eröffnung noch gar nicht in Sicht ist.
  • Grüne und Linke verteidigen zwar das Projekt, drängen aber auf eine Klarstellung, während CDU und SPD gerne die Reißleine ziehen würden.

Die Pop-up-Kunst soll ins rechte Licht gerückt werden. Für das Beleuchtungssystem rechnet Kulturdirektor Christian Horn mit einer Viertelmillon Euro. Eine solche Summe treibt Steffen Raßloff Tränen in die Augen. Er sitzt als berufener Bürger im Kulturausschuss und ist Fördervereinsvorsitzender des Erfurter Stadtmuseums.

Der Historiker Steffen Raßloff
Der Erfurter Historiker Steffen Raßloff ist auch stellvertretender Vorsitzender des Vereins für die Geschichte und Alterumskunde der Stadt. Bildrechte: Daniel Beck

Er rechnet vor:  "Wir arbeiten seit 20 Jahren in unseren Räumen im Stadtmuseum mit einer Belichtungsanlage, die hat Ladenbauqualität. Und hier sollen für eine Ausstellung, die eigentlich keine höheren musealen Ansprüche hat,  250.000 Euro nur fürs Licht ausgegeben werden. Damit könnte man das halbe Stadtmuseum sanieren."

Andere Erfurter Museen unterfinanziert

Dass Gelder vom Naturkundemuseum in die Pop-up-Halle umgelenkt werden sollen, nennt Raßloff empörend. Der Stadtrat habe schließlich 2023 der Pop-up-Halle nur unter der Prämisse zugestimmt, dass den anderen Museen nichts weggenommen wird. Es geht um 300.000 Euro. Die sind eigentlich für das Naturkundemuseum gedacht, das seit über 20 Jahren einen Anbau bekommen soll.

Damit könnte man das halbe Stadtmuseum sanieren.

Steffen Raßloff Förderverein des Stadtmuseum

Mittel für das Naturkundemuseum werden nicht abgerufen

Stadtsprecherin Heike Dobenecker stellt allerdings klar, dass im Haushalt 2024 und 2025 für den Ausbau des Naturkundemuseums jeweils 6000.000 Euro eingestellt worden seien. Da aber noch immer die Pläne fehlten und folglich nicht gebaut werden könne, sei davon noch nichts verwendet worden: "Wenn man jetzt weiter baut, müsste man wissen, wie die künfige Nutzung aussieht. Dafür haben wir noch keine Konzepte in der Schublade", so Dobenecker.

Arche Noahim Naturkundemuseum Erfurt
Das Naturkundemuseum Erfurt soll schon seit langem ausgebaut werden. Bildrechte: IMAGO / Karina Hessland

2012 hatte die Strategieberatungsfirma actori ein Gutachten vorgelegt, dass den Ausbau und die Stärkung des Naturkundemuseums als Leitmuseum und das Zusammengehen von Stadtmuseum und Volkskundemuseum zu einem kulturhistorischen Museeum vorsah.

Daran müsse Erfurt arbeiten und nicht mit dem Pop-up-Museum falsche Prioritäten setzen, heißt es aus dem Thüringer Museumsverband. Dessen Vizepräsidentin Franziska Zschäck sieht in der Pop-up-Halle keine "super Lösung" für Erfurt. Erfurt habe viele gute Museen, die seien seit Jahren unterfinanziert und müssten gestärkt werden.

Zweifel am Masterplan für das Pop-up-Museum

Laut Masterplan soll das neue Museum "zeitgenössische Perspektiven" geben. Pop up steht für plötzlich Auftauchendes und wieder Verschwindendes. Es soll in den Räumen der Defensionskaserne auf dem Erfurter Petersberg Ausstellungen, Videoprojektionen, Film-Events und Projektwerkstätten geben. Mehr Inhalt ist bislang nicht bekannt. Ein Workshop der Kulturdirektion im November fand hinter verschlossenen Türen statt.

Eine Frau in einer roten Jacke steht an der Eingangstür eines alten Fachwerkhauses.
Franziska Zschäck ist Vizepräsidentin des Museumsverbandes Thüringen und kritisiert die hohen Ausgaben für das Pop-up-Museum. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Die laufenden Kosten scheinen schon jetzt aus dem Ruder zu laufen.

Franziska Zschäck Thüringer Museumsverband

Über jede Ausstellung soll ein Team aus Künstlern, Laien, Studierenden entscheiden. Das Museum soll Besucher auf den Petersberg holen. "Ich halte das für eine Illussion", meint Zschäck. Die laufenden Kosten werden im Masterplan mit mindestens 300.000 bis 500.000 Euro im Jahr angesetzt. Die Kosten scheinen schon jetzt aus dem Ruder zu laufen."

Stadtrat will nicht lange Zeit für leere Räume zahlen

In der am 12. Februar anstehenden Stadtratssitzung wollen die Fraktionen das Projekt grundsätzlich hinterfragen. Linke und Grüne halten zwar daran fest,  wollen aber nun wissen, ob der Innenausbau tatsächlich noch ein ganzes Jahr dauern wird. In dem Fall könne von sparsamem Wirtschaften nicht mehr die Rede sein.

"Die Linke hat für das Pop-up-Museum gestritten und baut darauf, dass es auch umgesetzt wird", sagt die Fraktionsvorsitzende Katja Maurer: "Wenn sich die Verwaltung dazu nicht in der Lage sieht, erwarte ich eine gute Begründung". 

Katja Maurer im Landtag
Katja Maurer ist seit 2021 Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Thüringer Landtag. Bildrechte: IMAGO / pictureteam

SPD will Reißleine ziehen

Nach der CDU stellt nun auch die SPD der Stadtverwaltung unangenehme Fragen. Vor allem immense Kosten, unter anderem für die Miete, stoßen bei Stadträten auf Gegenwehr. Nun könnte die Suche nach einem Ausstellungsleiter gestoppt werden. Auch eine Auflösung des Mietvertrags werde geprüft, heißt es. 

SPD-Stadtrat Denny Möller sagte, es sei immer vereinbart gewesen, dass das Pop-up-Museum nicht zu Lasten anderer Museen verwirklicht wird. Nun scheine es aber doch so zu laufen. Das müsse geklärt werden, bevor weitere Tatsachen geschaffen werden. Die Erweiterung des Naturkundemuseums dulde keinen Aufschub.

Denny Möller
SPD-Stadtrat Denny Möller will die Reißleine ziehen, um weitere Kosten zu vermeiden. Bildrechte: MDR/Denny Möller

Möller will nun mit einem Haushaltsbegleitantrag die Reißleine ziehen. Darin wird die Stadtverwaltung aufgefordert per Stadtratsbeschluss, die Ausschreibung der Stelle des Leiters für das Pop-up-Museum zu stoppen. Aktuell könnten keine seriösen Aussagen getroffen werden, ob und wann die Halle auf dem Petersberg geöffnet wird. Es müsse auch ein vorzeitiges Ende des Mietvertrages geprüft werden.

Redaktionelle Bearbeitung: lm

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 12. Februar 2025 | 08:40 Uhr

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