Großschwabhausen Überrascht vom Erfolg: Wie ein Verein einen Boom im Mädchenfußball erlebt
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02. März 2024, 17:42 Uhr
Beim SV Fortuna Großschwabhausen im Weimarer Land boomen die Mädchen-Fußballmannschaften. Und obwohl der Verein damit etwas geschafft hat, was im Fußball noch immer selten ist, gibt es ein Problem: Es fehlt an Trainerinnen und Trainern.
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Wenn Trainerin Carolin Kühn das Training anpfeift, sammelt sich schnell eine große Traube Mädchen um sie herum und hört genau auf ihre Anweisungen. Mehr als 20 fußballbegeisterte Mädels trainiert sie mittlerweile in ihrer Gruppe. Insgesamt spielen mehr als 60 Fußballerinnen beim SV Fortuna Großschwabhausen. Dieser Boom war anfangs nicht abzusehen.
Idee kam von den Mädchen selbst
Fußball für Mädchen in Großschwabhausen: Diese Idee hatten nicht die Eltern oder der Verein. Sie kam von einigen Mädels aus dem Ort, die nicht bei den Jungs mitspielen wollten. Im Mai 2021, also mitten in der Corona-Pandemie, wurde die neue Abteilung im Verein ins Leben gerufen. Auf der Suche nach einer Trainerin fiel die Wahl auf Carolin Kühn. Kühn hat selbst Fußball gespielt und Sport studiert. "Ich habe keine Zeit – mach' ich", sagte sie damals, als sie gefragt wurde. Es brauche eben Wahnsinnige, meint die dreifache Mutter heute mit einem Lächeln.
Sie schafft den Spagat zwischen ihren Aufgaben als Sportlehrerin, Mutter und der Trainingsgestaltung. Und es ist ein Spagat, den sie gern macht. Dazu gehören etwa auch anderthalbstündige Auswärtsfahrten nach Bad Salzungen.
Eine Idee wird zum Erfolg
Anfangs war unklar, wie sich das Vorhaben entwickelt. Zuerst trainierte Kühn acht Kinder. Sie dachte, wenn nach einem Jahr immer noch acht dabei sind, machen wir einfach weiter. Nun - es kam anders. Schon nach dem ersten Jahr waren 30 fußballbegeisterte Spielerinnen dabei. Ohne, dass der Verein groß Werbung dafür machte.
In den ersten Jahren gab es erstmal nur auf die Mappe.
Und so funktioniert es auch immer noch: Bei einigen Schnuppertrainings können Interessierte schauen, ob Fußball etwas für sie ist. Ansonsten spreche es sich herum, dass es das Angebot in Großschwabhausen gebe, berichtet Kühn, es kämen sogar einige Nachwuchs-Kickerinnen aus Jena zum Training. Abgesehen vom VfB Oberweimar und Einheit Bad Berka, die sich ebenfalls sehr stark engagieren, gibt es sonst nur wenige Angebote für Mädchenfußball in der Region.
Mit der Zeit kamen auch die Siege
Die Idee vom Fußballverein stieß auch in der weiteren Umgebung auf Begeisterung. Als die Verantwortlichen in Bad Berka von dem neuen Verein hörten, waren sie begeistert, erinnert sich Kühn. Schließlich ist es für jede Mannschaft schön, sich mit anderen Vereinen zu messen. Nach den ersten Testspielen wagte der Verein auch den Sprung in den Ligabetrieb. "In den ersten Jahren gab es erstmal nur auf die Mappe", erinnert sich die Trainerin an die ersten Punktspiele. Mittlerweile fahren die Mädels aber auch Erfolge ein. Die E-Juniorinnen haben erst kürzlich die Landesmeisterschaft in der Halle gewonnen.
Der Verein boomt, aber es fehlt an Personal fürs Training
Solche Erfolge seien natürlich auch eine schöne Bestätigung für die Arbeit. Auch wenn natürlich der Spaß im Vordergrund stehe, so Kühn. Und der ist nicht nur bei ihr, die meist Caro genannt wird, sondern auch bei den Kindern im Training zu sehen. Ein Mädchen erzählt, dass sie zum Training gekommen ist, weil ihre Freundin mit dem Fußballspielen angefangen hat. Eine andere junge Fußballerin betont ausdrücklich, dass Mädchen doch viel besser seien als Jungs. Dafür erntet sie sofort Zustimmung von allen Seiten. Nur eine Sache bereitet den Verantwortlichen Sorgen: Es fehlen Trainerinnen und Trainer.
Insgesamt dribbeln beim SV Fortuna Großschwabhausen nun mehr als 60 Kinder in drei Altersgruppen um die Hütchen oder schießen aufs Tor. Drei Trainingszeiten gibt es in der Woche, fünf ehrenamtliche Übungsleiterinnen und -leiter hat der Verein. Seit dieser Saison wird Kühn von Sebastian Wellhöfer unterstützt. Scherzhaft wird er als Athletiktrainer bezeichnet, weil er als ehemaliger Judoka die gemeinen Übungen kennt, die für Muskelkater sorgen.
Anforderungen für Trainerschein gelten teilweise als zu hoch
Aber es brauche noch mehr Engagierte, damit in Zukunft keine Kinder abgewiesen werden müssen. "Wir sprechen alle an, die nicht bei Drei auf den Bäumen sind", sagt Kühn. Gleichzeitig findet sie, dass die Anforderungen für einen Trainerschein niedrigschwelliger sein müssten. Eine Ausbildung als sogenannter Basis-Coach dauert etwa ein bis zwei Monate. Die angehenden Übungsleiterinnen und -leiter sollen dabei unter anderem ein Training mit ihrer eigenen Mannschaft filmen, was später ausgewertet wird. Aus ihrer Sicht sei das zu viel Aufwand, um als Trainer arbeiten zu können.
Kühn selbst ist auch in der Arbeitsgemeinschaft "Zukunft weiblich" des Thüringer Fußball-Verbandes aktiv. Auch der Verband will, dass die Zahlen der Mannschaften konstant bleiben oder steigen. Immerhin spielen im Juniorinnenbereich mehr Mannschaften als in der vergangenen Saison mit. Nach Angaben des Thüringer Fußball-Verbands gibt es aktuell zehn Teams im D-Jugend Bereich. In der vergangenen Saison waren es sieben. Auch bei den C-Juniorinnen sind vier Mannschaft hinzugekommen. Der Verband arbeitet laut eigenen Angaben an Konzepten, um mehr Vereine und Mädchen für den Sport zu begeistern.
MDR (ost)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Sonntagmorgen | 03. März 2024 | 07:20 Uhr
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