Streit um Ostrenten Köpping: Sachsen soll sich an Härtefallfonds für DDR-Rentner beteiligen
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17. November 2022, 15:44 Uhr
Im Zuge der Wiedervereinigung blieben Ansprüche aus DDR-Zusatz- oder Sonderrenten auf der Strecke. Noch heute kämpfen Betroffene für Anerkennung. Kurz vor Jahresende soll nun noch rasch ein sogenannter Härtefallfonds eingerichtet werden. Bundessozialminister Heil will dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Auch die Bundesländer sollen sich beteiligen, zieren sich aber bis auf eine Ausnahme bislang. Betroffene und Sachsens Sozialministerin Köpping zeigen sich enttäuscht von den Plänen.
- Sachsens Sozialministerin Köpping zeigt sich enttäuscht, dass nur ein Teil der Ostrentner mit Ansprüchen aus DDR-Zusatz- oder Sonderrenten entschädigt werden soll.
- Köpping spricht sich dafür aus, dass sich der Freistaat finanziell am vom Bund geplanten Härtefallfonds für DDR-Rentner beteiligt.
- Der Betroffenen-Vertreter Dietmar Polster kritisiert die Pläne der Bundesregierung als unzureichend und fordert einen zusätzlichen "Gerechtigkeitsfonds".
Sachsens Sozialministerin Petra Köpping hält den von der Bundesregierung geplanten Härtefallfonds für benachteiligte Ostrentner für unzureichend. Die SPD-Politikerin sagte MDR AKTUELL, man habe sich nach langem Kampf nur auf den kleinsten gemeinsamen Kompromiss verständigen können. "Ursprünglich wollten wir einen 'Gerechtigkeitsfonds', weil das viel treffender ist als ein 'Härtefallfonds'. Das konnten wir im Koalitionsvertrag aber nicht durchsetzen."
Die letzte Chance dafür, dass überhaupt noch Geld fließt
Nun soll es also der Härtefallfonds werden, für den Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) eine halbe Milliarde Euro im Rahmen einer Stiftung zur Verfügung stellen will. Anträge sollen ab Januar eingereicht werden können, das erste Geld soll 2024 fließen. "Es war jetzt die letzte Chance dafür, dass überhaupt noch Geld fließt", so Köpping.
"Es wird aber eine Unzufriedenheit bleiben wegen der Ungerechtigkeit, dass viele Gruppen nicht abgedeckt bleiben", so Köpping. Das ärgere sie sehr. Nach dem derzeitigen Plan sollen zunächst nur die Rentner Anspruch auf Geld aus dem Fonds haben, die Grundsicherung bekommen. Sie sollen vom Bund einmalig 2.500 Euro erhalten. Und, wenn ihr jeweiliges Bundesland sich beteiligt, weitere 2.500 Euro vom Land. Köpping sprach sich dafür aus, dass Sachsen wie Mecklenburg-Vorpommern den freiwilligen Länderanteil zuzahlen solle.
"Ich glaube, dass es Sachsen sehr gut zu Gesicht stehen würde, wenn es einen Eigenanteil - ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern - einplanen würde", sagt Köpping. "Damit wir zumindest die 2.500 Euro, die es jetzt geben soll, auf 5.000 Euro aufstocken könnten."
Betroffenen-Vertreter kritisiert Bundesregierung
"Der Härtefallfonds ist ein Affront gegenüber den Betroffenen. Es ist wieder ein Schlag ins Gesicht der ostdeutschen Rentnerinnen und Rentner", sagt Dietmar Polster. Er war selbst Reichsbahner in der DDR und vertritt seit etlichen Jahren betroffene Rentnergruppen. Der Härtefallfonds sei ein erster Schritt für die Menschen, die sich jetzt in der Grundsicherung befänden. Insgesamt weigere sich die Politik aber weiterhin, allen Betroffenen eine angemessene Entschädigung zu gewähren.
Von Seiten der Regierung sei zuletzt immer wieder darauf hingewiesen worden, dass im Koalitionsvertrag ein Härtefallfonds vereinbart worden sei, so Polster. Noch im Sommer habe ihm der Ostbeauftragte Carsten Schneider (SPD) bei einem Gespräch im Bundeskanzleramt gesagt, dass mehr nicht getan werden könne.
Polster habe darauf hingewiesen, dass es zusätzlich zum "Härtefall"- einen Gerechtigkeitsfonds brauche. Beide könnten ineinandergreifen. Der Gerechtigkeitsfonds könne die bisher nicht berücksichtigten Berufs- und Personengruppen einschließen. Bei ihnen gehe es nicht um Härtefälle, sondern um Gerechtigkeit und Anerkennung der Lebensleistung, so Polster. Das seien alleine 350.000 Betroffene.
Der Bund wälzt das einfach auf die Länder ab.
Polster sagt, er sei seit anderthalb Jahren mit den Ländern in Kontakt und habe signalisiert, dass wir die Länder verstehen. Doch der Bund wälze das einfach auf die Länder ab. "Die drei großen betroffenen Gruppen, die Reichsbahner, die Postler und die geschiedenen Frauen, sind aber eindeutig Bundesangelegenheit."
Für jeden und jede Betroffene fordere man zwischen zehn- und zwanzigtausend Euro, so Polster. Sorgen äußerte er auch angesichts der geplanten Antragstellung. "Wenn ich höre, dass der Hochbetagte zehn Seiten ausfüllen soll, dann wird er wohl leer ausgehen, wenn er niemanden hat, der ihm dabei hilft."
(cvt)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 17. November 2022 | 09:00 Uhr