Die Wände einer Schule wurden mit gelben Hakenkreuzen beschmiert
Die Zahl rechtsextremistischer Vorfälle an sächsischen Schulen hat sich verdreifacht (Symbolbild). Bildrechte: picture alliance/dpa/Jochen Lübke

Hakenkreuze und Hitlergrüße Rechtsextreme Vorfälle: Kultusminister Piwarz glaubt an Sensibilisierung der Schulen

19. Februar 2024, 11:52 Uhr

Sachsens Kultusministerium hat, anlässlich einer kleine Anfrage der Linkspartei, Zahlen zu rechtsextremistischen Vorfällen an Schulen veröffentlicht. Demnach wurden vergangenes Jahr 149 Fälle gemeldet – eine Verdreifachung der Vorfälle im Vergleich zu 2022. Warum Kultusminister Piwarz das als gutes Signal wertet.

Es ist ein Bericht, der mit Blick auf die unzähligen Demokratie-Demos noch einmal eine ganz andere Brisanz erhält. So werden Vorfälle detailliert geschildert: "Während der Klassenfahrt nach Prag wurde eine Synagoge besucht. Ein Schüler zeichnete ein Hakenkreuz und SS-Zeichen ins Gästebuch." Oder: "Ein Schüler der 9. Klasse kommentierte in der Anne-Frank-Ausstellung unserer Schule, "wir stecken sie nicht in Schubladen, wir stecken sie in Gaskammern."

Dazu kommen viele Vorfälle mit Hitlergruß oder diskriminierenden Beleidigungen zwischen Schülern. Kultusminister Christian Piwarz sieht den Meldeanstieg dennoch als gutes Signal: "Ich glaub schon, dass wir die Schulen in den letzten Jahren sensibilisiert und auch animiert haben, uns diese Taten wirklich konsequent zu melden, sodass wir da schon ein relativ großes Hellfeld mittlerweile haben. Was wahrscheinlich auch einen Teil des deutlichen Anstieges erklärt."

"Keine Schule in Sachsen, die davon unbetroffen ist"

Die Professorin für Politische Bildung, Anja Besand, interpretiert die Zahlen hingegen anders: "Die Zahl, die wir jetzt vorliegen haben, mag für den ein oder die anderen erschreckend wirken, aber ich halte das für eine sehr kleine Zahl." Es gebe keine Schule in Sachsen, die davon nicht betroffen sei. Besand hat ein Projekt zu antidemokratischen Überzeugungen an Schulen betreut und ist zudem in der Lehrerausbildung tätig.

Und auch die innenpolitische Sprecherin der Linken, Kerstin Köditz, sieht Lücken im Meldeverhalten. So sei es zwar positiv, "dass in Bezug auf den historischen Faschismus eine Sensibilisierung da ist, aber was ansonsten an Rechtsextremismus passiert, ist mir viel zu wenig erfasst." Elemente wie Ablehnung der Pressefreiheit und Delegitimierung des Staates fehlten völlig.

Anja Besand ergänzt: Die gemeldeten Vorfälle betreffen überwiegend Schüler oder unbekannte Täter. Das sei aber nur ein Teil der Wahrheit. "Es gibt natürlich auch Lehrkräfte, es gibt auch viele Zwischenfälle mit Eltern, mit schulnahem Personal wie Hausmeistern oder Hausmeisterinnen. Das ist wirklich ein ganz bunter Blumenstrauß."

Kultusminister vertraut der Lehrerschaft

Kultusminister Piwarz nimmt hingegen die Lehrkräfte in Schutz. Zwar könne man nicht in die Köpfe der Lehrer schauen, aber wenn sich jemand antidemokratisch verhalte, dann sei er überzeugt, "dass auch so etwas ans Licht der Öffentlichkeit kommt, an die Schulverwaltung gemeldet wird, an uns als Aufsichtsbehörde und das wir dem entsprechend nachgehen. Und das ist mein Grundvertrauen, was ich habe. Natürlich, man kann nie die Dinge komplett ausschließen, umso wichtiger ist, dass mehrere hingucken und dann auch frühzeitig Bescheid geben und sagen: hier stimmt etwas nicht", erklärt er.

Forderung nach konsequenter Strafverfolgung

Dazu seien Programme wie das von Anja Besand wichtig. Das Kultusministerium habe das Programm fortgeführt und wolle weiter für das Thema sensibilisieren und Schulen Handlungsstrategien an die Hand geben, so Piwarz. "Das andere muss man aber genauso mit beachten und das ist das Repressive, sprich: Dass ich dann natürlich auch von den Strafverfolgungsbehörden erwarte, dass wenn wir es hier mit Straftaten zu tun haben, diese dann auch konsequent verfolgt und geahndet werden", betonte er.

Beim Großteil der gemeldeten Fälle wurde die Polizei eingeschaltet. Insgesamt sei es sinnvoll, dass die Vorfälle auch weiter erfasst werden, sagt Anja Besand. Dennoch stellt sie klar: So etwas werde nicht über Nacht verschwinden. "Von daher sollten wir auch nicht schockiert sein, wenn mehr und mehr Fälle gemeldet werden. Mich würde extrem beunruhigen, wenn wir keine gemeldeten Fälle hätten."

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Februar 2024 | 06:06 Uhr

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