Die Polizei hat eine Straße abgesperrt, hinter der Sperre laufen Demonstranten
Mögliche Polizeigewalt soll in Sachsen künftig anhand individueller Kennnummern besser verfolgt werden können. Bildrechte: MDR/Harry Härtel

Nummerncode Sachsen bereitet Kennzeichnungspflicht für Polizisten vor

13. Januar 2023, 05:00 Uhr

Wer bei einer Demo Polizeigewalt erfahren hat und Anzeige gegen einen Beamten stellen möchte, dem soll es in Sachsen in Zukunft leichter gemacht werden – mit einer Kennzeichnungspflicht. Dabei bekommen Polizistinnen und Polizisten im Freistaat Zahlencodes auf die Uniform und könnten so besser identifizierbar sein. Das hatten CDU, SPD und Grüne zumindest 2019 in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. Was hat sich seither getan?

Es geht um Momente wie diese: "Ihr Drecksschweine! Lasst den los! Hört auf! Hört auf!" Mehrere Polizeikräfte packen bei einer Demo in Leipzig die Arme und ins Gesicht eines Mannes, er fällt hin und wird fest auf den Boden gedrückt. Damit Menschen, die sich als Opfer von Polizeigewalt sehen, besser Anzeige erstatten können, soll in Zukunft ein Zahlencode helfen.

Landtag muss Kennzeichnungspflicht erst zustimmen

Das bestätigt Sachsens Innenministerium MDR AKTUELL schriftlich und fügt hinzu: "Gern möchten wir voranstellen, dass die Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kennzeichnungspflicht unter dem Vorbehalt der Entscheidung des Landesgesetzgebers steht."

Heißt: Durch ist die Entscheidung noch nicht, dem Einsatz von Zahlencodes muss erst der Landtag zustimmen. Aber: "Das Innenministerium wird schnellstmöglich die praktische Umsetzbarkeit bis Ende 2023 vorbereiten."

Für Polizisten würde das bedeuten: Jeder bekommt eine Nummer, unter der der Name hinterlegt ist. Gelten soll das bei sogenannten geschlossenen Einheiten, also bei Demos oder Fußballspielen.

Polizeigewerkschaft spricht von "Generalverdacht"

Cathleen Martin ist die Landesvorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft in Sachsen. Sie nennt die Zahlencodes, Zitat, "gruselig": "Weil dieser Generalverdacht da ist. Also selbst wenn ich jetzt, ich bin dienstlich zwar nur Opferschutzbeauftragte, wenn ich jetzt wieder in eine geschlossene Einheit gehe, kriege ich auch eine Nummer verpasst. Ich habe noch nie eine Körperverletzung im Amt an der Backe gehabt, nach 30 Jahren Dienst." Obwohl sie selbst in geschlossenen Einheiten gewesen sei, fügt sie hinzu.

Martin bekäme genauso eine Nummer verpasst. Mit der Begründung, es hätte ja Polizisten gegeben, die ausfällig geworden seien. Sie fragt sich jedoch, mit welchem Recht das passieren würde. Denn das sei doch nicht ihr Fehlverhalten gewesen.

Sachsens Grüne setzen auf mehr Transparenz für Bürger

Lange für die Kennzeichnungspflicht eingesetzt hatten sich unter anderem die Grünen in Sachsen. Deren innenpolitischer Sprecher Valentin Lippmann sagt: "Es ist für uns Ausdruck eines Staats, der transparent ist. Aber auch eines Staats, der den Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, dass wenn es, in seltenen Fällen, zu Fehlverhalten der Polizei kommt, dieses dann auch aufgeklärt werden kann."

Dass es nicht am Ende heiße: Die Verfahren müssten eingestellt werden, weil sie in der Reihe gleich uniformierter Polizistinnen und Polizisten bei einer Demonstration nicht sicher hätten identifizieren können, wer es gewesen sei, fügt Lippmann hinzu.

Die Kennzeichnungspflicht ist in Sachsen-Anhalt und Thüringen schon Praxis. In Sachsen-Anhalt bestätigte das Landesverfassungsgericht 2019, dass Polizeikräfte weiter mit Nummerncodes oder Namensschild unterwegs sein müssen. In Thüringen war die Pflicht 2017 eingeführt worden.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 13. Januar 2023 | 06:00 Uhr

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