Forschung aus Leipzig Sie waren Kosmopoliten: Phönizische Kultur verbreitete sich vor allem durch Austausch
Hauptinhalt
25. April 2025, 09:41 Uhr
Wenn sich eine Hochkultur ausbreitet, dann kann das mit starken Migrationsströmen zusammenhängen. Das wurde auch bei den Phöniziern vermutet. Jetzt sind Leipziger Forschende aber zu ganz anderen Erkenntnissen gekommen.
Die Phönizier gehörten zu den großen Kulturen der Weltgeschichte. Zu ihren wichtigsten Entwicklungen zählt eine frühe Alphabetschrift, also eine Schrift, die nicht Bedeutungen, sondern Laute festhält und die die Grundlage bot für viele spätere Schriften – auch die, die wir heute noch nutzen. Ausgehend vom westlichen Mittelmeer hatte sich die Kultur im Laufe des 1. Jahrtausends vor Christus rund um das Mare Nostrum ausgebreitet. Auch das Zentrum des phönizischen Reichs verlagerte sich damit Richtung Westen. Im 6. Jahrhundert wurde es aus Karthago (im heutigen Tunesien) regiert; die Römer nannten das Volk die Punier.
210 Menschen aus 14 archäologischen Stätten – mit ähnlichen Genen?
Bislang ist die Forschung davon ausgegangen, dass diese Ausbreitung auch mit einer großen Migrationsbewegung einherging, sich die Gene der Phönizier somit immer weiter westlich finden lassen würden. Dem widerspricht nun aber eine Analyse alter DNA, die ein internationales Forschungsteam am Beispiel der Genomdaten von 210 Menschen aus der Antike vorgenommen hat. Die Wissenschaftler der Harvard University, der israelischen Reichman University in Herzliya und des Leipziger Max-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie untersuchten menschliche Überreste, die in 14 phönizischen und punischen archäologischen Stätten in der Levante (also im östlichen Mittelmeer), Nordafrika, Iberien und auf den Inseln Sizilien, Sardinien und Ibiza begraben waren. Das erstaunliche Ergebnis: Die Kultur hat sich verbreitet, ohne dass das Erbgut der Phönizier dominant geworden wäre.
"Wir haben überraschenderweise nur einen geringen direkten genetischen Anteil der levantinischen Phönizier an den punischen Populationen im westlichen und zentralen Mittelmeer gefunden", sagt Erstautor Harald Ringbauer, der als Postdoc an der Harvard University arbeitete, als er mit der Studie begann, und heute Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie ist. "Das wirft ein neues Licht darauf, wie sich die phönizische Kultur ausbreitete - nicht durch Massenmigration, sondern durch einen dynamischen Prozess von Kulturtransfer und Assimilation."
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 23. April 2025 | 20:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/4a733421-e372-4f6d-a168-d1d54052ef53 was not found on this server.