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Regierungserklärung Kretschmer: "Zusammenhalt müssen wir gemeinsam schaffen"
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12. Februar 2025, 15:25 Uhr
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die erste Regierungserklärung der CDU-SPD Minderheitsregierung im Landtag gehalten. Darin schwor er die Abgeordneten auf wirtschaftlich schwierige Zeiten ein, betonte zugleich aber eine neue politische Kultur. Bei der Opposition rief die Rede sehr unterschiedliche Reaktionen hervor.
- Die Prioritäten der neuen Regierung in Sachsen sind klar: Wirtschaft, Bildung, Kommunen, Kultur und Jugend.
- LautKretschmer ist ein Automobil-Master-Plan für Sachsens Südwesten notwendig.
- Gespaltene Reaktionen kommen aus der Opposition: AfD munkelt, versöhnlichere Töne kommen von Linker, SPD und vom BSW.
Die erste Regierungserklärung von Michael Kretschmer (CDU) in dieser Legislatur stand unter dem Vorzeichen der schwierigen Haushaltslage. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage müsse der Freistaat rund zwei Milliarden Euro pro Jahr einsparen, deshalb müsse man sich auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren – so die einleitenden Worte von Kretschmer.
Unangenehme Entscheidungen unumgänglich
Er führte dann allgemein aus, was seiner Meinung nach Priorität haben müsse: Wirtschaft, Bildung, die Unterstützung der Kommunen, Jugend und Kultur. Dabei sei klar, dass angesichts der finanziellen Situation auch unangenehme Entscheidungen getroffen werden müssten. In der Vergangenheit sei das nicht nötig gewesen, da hätte man Dinge noch mit Geld klären können.
Niemand trifft gerne unangenehme Entscheidungen. Aber Politik heißt eben nicht mehr Geld verteilen, sondern einen Rahmen zu schaffen, in dem Dinge passieren können.
Droht Unpopuläres in der Schulpolitik?
Auch in der Bildungspolitik bereitet die sächsische Minderheitsregierung offenbar unangenehme Entscheidungen vor. Kretschmer kündigte an, dass er in den kommenden Wochen ein Maßnahmenpaket des Kultusministers gegen den Unterrichtsausfall erwarte. Darin würden auch unpopuläre Maßnahmen enthalten sein, so Kretschmer. Es gehe um die Frage, wie mit dem Arbeitsvermögen, das in den Schulen vorhanden sei, mehr erreicht werden könne.
VW-Krise: Master-Plan Südwestsachsen notwendig
Kretschmer betonte in seiner Rede außerdem, wie wichtig der Automobilbau für den Wirtschaftsstandort Sachsen sei. VW sei der größte industrielle Arbeitgeber im Freistaat. Er sei deshalb froh, dass VW-Chef Oliver Blume bei seinem Krisen-Gespräch in der Staatskanzlei am Dienstag zugesichert habe, dass in Zwickau eine Fertigungslinie bestehen bleibe. Dennoch brauche es einen Masterplan Südwest-Sachsen, auch um die Zuliefererindustrie bei der Transformation zu unterstützen.
Kretschmer kündigte an, dass er mit der neuen Bundesregierung darüber sprechen wolle, Strukturwandelgelder nicht nur für die Kohleregionen bereit zu stellen, sondern auch für Automobilregionen. Der Investitionsbedarf sei eine nationale Aufgabe, die ein einzelnes Bundesland überfordere, so Kretschmer.
AfD kritisiert CDU wegen Bildungspolitik
Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Jörg Urban, ging hart mit Kretschmer ins Gericht. Der Lehrermangel beschäftige den Freistaat schon seit zehn Jahren, die Regierungen unter CDU-Führung hätten "nichts dagegen getan". Zu wenige Intensivstraftäter würden abgeschoben, Sachsen sei das Bundesland mit den meisten freiwilligen Integrationsleistungen für Asylbewerber. Darüber hinaus warf Urban Kretschmer Wählerbetrug vor, weil dieser eine mögliche konservative Mehrheit ignoriere und stattdessen erneut mit der SPD regiere.
Diese Regierung wird hoffentlich keine fünf Jahre bestehen bleiben. Unsere Menschen in diesem Land haben etwas Besseres verdient.
Urban prophezeite der Minderheitsregierung zudem, dass sie nicht bis zum Ende der Legislatur zusammen halte werde und er kündigte an, dass die AfD die Regierung "zum Jagen tragen werde".
Anzeichen für Konflikte in der Minderheitsregierung hat die Debatte am Mittwoch allerdings nicht geliefert: Im Plenarsaal waren zum Teil ungewöhnlich versöhnliche Töne zu hören.
Versöhnliche Töne von SPD und Linke
Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Henning Homann, beispielsweise betonte, dass alle aus den parteipolitischen Gräben herauskommen müssten. In der Minderheitsregierung müsse man sich nun in der Sache einigen, dadurch könne die Demokratie stärker werden.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Susanne Schaper, schien diesem Appell gleich zu folgen. Sie bedankte sich bei Ministerpräsident Kretschmer, dass dieser in seiner Rede betont hatte, wie wichtig die Erinnerung an das Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai sei. Kretschmer hatte gesagt, dass dieser Tag daran erinnere, dass nicht die Deutschen den Diktator Hitler gestürzt hätten, sondern dass die Deutschen befreit worden seien. Bei diesen Worten hatten alle Abgeordneten applaudiert - bis auf die der AfD.
Und auch einen weiteren Punkt würdigte Schaper in ihrer Rede: "Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ein Ministerpräsident der CDU die Opposition zur Zusammenarbeit einlädt und die Linke dabei einschließt. Manche in der CDU knirschen deshalb jetzt sicherlich nachts des Öfteren mit den Zähnen."
CDU: Grenzen zwischen Regierung und Opposition verschwimmen
Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Christian Hartmann, sah allerdings nicht so aus, als würde er mit den Zähnen knirschen, weil er nun auch auf die Linken zugeht. Er bekräftigte seinen Vorsatz, eine neue politische Kultur zu etablieren. Die Grenzen zwischen Parlament und Opposition würden auf der parlamentarischen Ebene verschwimmen, so Hartmann.
Er betonte jedoch ein politisches Vorhaben für diese Legislatur, dass die Linken wahrscheinlich eher nicht unterstützen werden: "In Deutschland sind 42.000 Personen ausreisepflichtig, aber es gibt nur 750 Plätze im Ausreisegewahrsam. Da müssen wir neue Wege gehen. Und Sachsen wird sich mit einem Pilotprojekt daran beteiligen."
BSW: Brauchen Kehrtwende in der Migrationspolitik
Beim Thema irreguläre Migration könnte die BSW-Fraktion im Sächsischen Landtag zum Partner für die Minderheitsregierung werden. Der Vize-Fraktionsvorsitzende Ronny Kupke hatte in seiner Replik auf Kretschmers Regierungserklärung betont, dass die Migration eine große Belastung für unsere Zeit sei, die Wohnungssuche würde deshalb zur Herausforderung, die Schulklassen seien voll, Bürgergeldzahlungen an Flüchtlinge würden die öffentlichen Kassen belasten.
Das Grundrecht auf Asyl solle bestehen bleiben, aber es brauche eine Kehrtwende in der Migrationspolitik, so Ronny Kupke. Das klang ziemlich ähnlich zu dem, was auch Ministerpräsident Kretschmer zuvor in seiner Regierungserklärung gesagt hatte.
Grüne: Moralische Erpressung wird nicht funktionieren
Die Abgeordneten der Grünen betonten hingegen, dass sie sich um die Bewahrung der Schöpfung Sorgen machen. Die Klimakrise betreffe auch Sachsen, betonte die Fraktionsvorsitzende Franziska Schubert. Sie fürchte, dass dieses Thema ins Hintertreffen gerate, die Bündnisgrünen wollten als konstruktive Kraft darauf hinwirken, dass das nicht passiere. Darüber hinaus machte sie klar: Die Grünen würden nur unter der Voraussetzung mit der Minderheitsregierung zusammen arbeiten, dass diese nicht mit der AfD gemeinsam abstimme:
Mit moralischer Erpressung wird es nicht funktionieren. Niemand treibt die CDU in die Arme einer rechtsextremen AfD. Diese Entscheidung trifft die CDU allein – auch vor dem Hintergrund ihrer historischen Verantwortung.
Zeitenwende im Sächsischen Landtag
Im Sächsischen Landtag ist eine neue politische Zeit angebrochen. Zum ersten Mal seit 35 Jahren kann sich die Regierung nicht auf eine parlamentarische Mehrheit stützen, wird immer Stimmen aus der Opposition brauchen, um Vorhaben umzusetzen. Diese neuen politischen Rahmenbedingungen haben auch die erste Regierungserklärung von Michael Kretschmer in dieser Legislatur geprägt. Zusammenhalt sei eine Stimmung, die gemeinsam geschaffen werden müsse, appellierte Kretschmer an die Landtagsabgeordneten und die Sachsen.
MDR (lam)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | MDR SACHSENSPIEGEL | 12. Februar 2025 | 19:00 Uhr