Landtagswahl 2024 Was sich junge Sachsen von der neuen Regierung wünschen
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31. August 2024, 15:24 Uhr
Sie stecken in der Ausbildung, studieren oder starten gerade im Berufsleben durch: Welche Erwartungen haben junge Wählerinnen und Wähler an die neue Landesregierung? MDR SACHSEN hat junge Menschen im Freistaat besucht und nachgefragt, welche Themen sie bewegen. Allem voran steht vor allem ein Wunsch: Gehört zu werden.
- Die 19-jährige Chemnitzerin Hermine fordert mehr Orte, an denen sich Jugendliche treffen können.
- Milchbäuerin Luisa wünscht sich von der neuen Landesregierung einen Abbau der Bürokratie.
- Student Paul ist Sorbe und möchte mehr Aufmerksamkeit für die Menschen in der Oberlausitz.
"Ich habe gemischte Gefühle", beschreibt die 19 Jahre alte Chemnitzerin Hermine Lowke ihre Stimmung vor der Landtagswahl. "Auf der einen Seite werde ich mich freuen, wenn ich vor der Wahlurne stehe. Aber man hat auch Angst, dass man blöd wählt oder nicht glücklich damit ist."
Hermine: "Wir brauchen mehr Orte für Jugendliche"
Ähnlich wie der Studentin Hermine geht es rund 200.000 jungen Sächsinnen und Sachsen: Sie dürfen am Sonntag zum ersten Mal bei einer Landtagswahl ihre Stimme abgeben. Hermine hat ihre Wahlentscheidung getroffen: "Ich habe viel hin- und hergelesen und so langsam festigt es sich."
Als Treffpunkt für das Interview hat sich Hermine den Konkordiapark ausgesucht, einen Skatepark nahe der Chemnitzer Innenstadt. Hier geht sie selbst gern skaten. Die neue Landesregierung soll dafür sorgen, dass mehr Orte wie der Konkordiapark entstehen, findet Hermine. "Als ich aufgewachsen bin, gab es viel mehr Plätze und Orte für Jugendliche zum Treffen. Die wurden teils verkauft, um mehr Häuser zu bauen. Solche Orte müssen einfach wieder zurückkommen."
Hermine wünscht zudem sich von der neuen Landesregierung, etwas gegen die steigenden Mieten in sächsischen Großstädten zu tun. Eine Freundin von ihr probiere gerade, nach Dresden zu ziehen: "Die hat riesige Probleme, denn die wenigen bezahlbaren Wohnungen sind natürlich sofort weg", sagt Hermine. Sie selbst wohnt noch bei ihren Eltern - auch um Geld zu sparen.
Luisa: "Ich will Traktor fahren, nicht am Schreibtisch sitzen"
Von der Großstadt aufs Land: Hier, in Wernsdorf bei Glauchau, lebt Luisa Hochstein. Obwohl sie erst 26 Jahre alt ist, gilt sie schon als Juniorchefin auf dem Milchviehhof ihrer Familie. Vier Generationen kümmern sich dort um gut 50 Kühe – gerade hat Kuh Cinderella ein Kalb geboren. "Die meisten machen Landwirtschaft aus Leidenschaft", erzählt Luisa. Das letzte Mal Ausschlafen? Daran kann sie sich kaum erinnern.
Es ist immer von einem Bürokratieabbau die Rede. Aber davon merke ich nichts.
Doch viel Zeit verbringt Luisa mit Bürokratie – mit Anträgen, Auflagen, Genehmigungsverfahren. Jedes Jahr werde es mehr. Nach der Landtagswahl muss sich das ändern, findet Luisa. "Es ist immer von einem Bürokratieabbau die Rede. Aber davon merke ich nichts. Ich möchte diesen Bürokratieabbau merken. Wer Landwirtschaft lernt, will doch nicht am Schreibtisch sitzen, sondern will Traktor fahren, mit Kühen zu tun haben, Lebensmittel erzeugen."
Paul: "Meine Topthemen drehen sich ums Sorbische"
Vom Westen geht es in den Osten Sachsens, in die Oberlausitz. Paul Ziesch sitzt im großen Garten des Hofes seiner Eltern in Ostro bei Bautzen. Die Mehrheit der Menschen hier spricht Sorbisch als Muttersprache, auch Paul. Der 25-Jährige studiert Ökotrophologie im hessischen Gießen. Nach dem Studium möchte er zurück in die Lausitz: "Ich bin auch noch in Sachsen gemeldet, weil es mir wichtig ist, hier meine Stimme abzugeben."
Paul fordert sich von der nächsten Landesregierung mehr Unterstützung für seine Heimatregion: "In unserem Jugendclub in Ostro schimmelt es. Wir tun, was wir können, aber das hilft alles nichts, wenn das Dach undicht ist." Auch eine bessere Anbindung an die Städte mit dem öffentlichem Nahverkehr gehört für ihn dazu. Denn obwohl Paul das idyllische Landleben genießt, fährt er gerne nach Leipzig und Dresden: "Dafür will man keine drei Stunden Fahrt auf sich nehmen."
Schwer beschäftigen Paul auch Angriffe auf die Sorben. Bei sorbischen Festen seien vermummte Rechtsextreme aufgetaucht, erzählt Paul. Teils schüchterten sie die Feiernden nur ein, teils würden sie auch körperlich übergriffig. Pauls Forderung: "Die Minderheit muss geschützt werden vor körperlicher Gewalt."
Junge Wähler wollen gesehen werden
Hermine, Luisa und Paul – allen dreien ist die Wahl am Sonntag wichtig. Sie alle fühlen sich von der Landespolitik leicht übersehen. "In der Politik wird schnell ignoriert, dass wir Jugendliche überhaupt existieren", sagt die Chemnitzerin Hermine. Und Bäuerin Luisa hat einen einfachen Wunsch, damit ihre Lebensrealität nach der Wahl mehr Beachtung findet: "Dass der nächste Landwirtschaftsminister oder die Landwirtschaftsministerin auch praktizierender Landwirt oder Landwirtin ist."
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | "Gewählt - und jetzt?" | 02. September 2024 | 08:00 Uhr