Kommunalpolitik Landkreis Görlitz: Vier Kandidierende stellen sich zur Landratswahl
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16. Mai 2022, 20:00 Uhr
In den Städten und Dörfern entlang der Neiße leben im Landkreis Görlitz etwa 260.000 Menschen. Vom Lausitzer Seenland im Norden über die Europastadt Görlitz/Zgorzelec bis zum kleinsten Mittelgebirge Deutschlands bei Zittau sind es immerhin 100 Kilometer Entfernung. Kohleausstieg und Strukturwandel, Arbeitsplätze und Infrastruktur sowie grenzüberschreitende Zusammenarbeit sind Themen, die die Menschen hier bewegen. Im Juni wird ein neues Oberhaupt für den Kreis gesucht.
Vier Personen stellen sich Wahl
Am 12. Juni haben die Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Görlitz die Chance, eine neue Person ins Landratsamt zu wählen. Der amtierende Landrat Bernd Lange tritt nach 21 Jahren nicht mehr an. Diese vier Oberlausitzer bewerben sich derzeit um den Chefsessel im Landratsamt - eine Frau und drei Männer:
- der CDU-Landtagsabgeordnete Stephan Meyer
- der AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel
- die ehemalige FDP-Landtagsabgeordnete Verwaltungswirtin Kristin Schütz
- der parteilose Bewerber und Unternehmer Sylvio Arndt
Der CDU-Kandidat verzichtete auf Parteiposten
Stephan Meyer sitzt seit 13 Jahren für die CDU im Landtag. Er verzichtete für die Kandidatur vor geraumer Zeit auf den Posten als parlamentarischer Geschäftsführer. Der Familienvater aus Oderwitz engagiert sich in zahlreichen Vereinen. Sein Wahlkampf-Motto lautet: "Weil wir hier leben wollen".
Strukturwandel als Chance für die Region
Im Strukturwandel sieht Meyer eine große Chance - für neue Arbeitsplätze und für die Verwirklichung wichtiger Verkehrsprojekte. Zudem müsse der demografische Wandel bewältigt werden: "In vielen Gesprächen, die ich gegenwärtig führe, kommen immer Themen wie die medizinische Versorgung, aber auch die Mobilität. Die Menschen wollen möglichst lange in ihrem Wohnumfeld leben."
Meyer will vor allem das Thema wohnortnahe ärztliche Versorgung anpacken. Gemeinsam mit den Kliniken, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Krankenhausgesellschaft und den niedergelassenen Ärzte will er zu Lösungen kommen, "um den Arztberuf im ländlichen Raum wieder attraktiv zu machen."
In vielen Gesprächen, die ich gegenwärtig führe, kommen immer Themen wie die medizinische Versorgung, aber auch die Mobilität. Die Menschen wollen möglichst lange in ihrem Wohnumfeld leben.
AfD-Landtagsabgeordneter will Landrat werden
Für die AfD tritt der Görlitzer Sebastian Wippel an. Er ist verheiratet, Vater dreier Kinder und Polizist. Derzeit sitzt er für die AfD im Landtag, im Görlitzer Kreistag und Stadtrat. Die Grenzen zu Polen und Tschechien stärker kontrollieren, um die Kriminalität in der Region einzudämmen - dafür will er sich einsetzen. Zudem gelte es, neue Einwohner für den Landkreis zu gewinnen.
Finanzen des Kreises richten
Der einstige Görlitzer OB-Kandidat von 2019 hat noch einen weiteren Schwerpunkt, der die finanzielle Lage des Kreises betrifft: "Der Landkreis hat kein Geld, er ist über die Jahre eigentlich runtergewirtschaftet worden." Der Freistaat habe dem Kreis zu wenig Geld gegeben, um die Kommunen am Leben zu lassen.
"Auch hier müssen wir zusehen, dass wir sparsam und effizient in die Zukunft gehen, aber gleichzeitig muss der Druck groß bleiben, dass wir in Richtung Sächsischen Landtag das Zeichen geben, dass die Landkreise und Kommunen besser ausgestattet werden," meint Wippel.
Der Landkreis hat kein Geld, er ist über die Jahre eigentlich runtergewirtschaftet worden.
FDP-Kandidatin ist einzige Bewerberin um das Amt
Als einzige Frau in der Bewerberrunde kandidiert Kristin Schütz für die FDP. Sie war zehn Jahre Landtagsabgeordnete und arbeitet jetzt im Rechtsamt des Görlitzer Jobcenters. Sie kennt die Kreisverwaltung also von innen. Wirtschaft, Digitalisierung, Energiesicherheit und grenzüberschreitende Zusammenarbeit - nur einige Themen, die die Görlitzerin künftig anpacken will. Ihr Motto: "Ich will - Ich kann!"
Kommunikation auf Augenhöhe
Die Kandidatin hat sich viel vorgenommen, doch an erster Stelle steht für sie: "Ich würde tatsächlich die Kommunikation verbessern wollen. Das heißt, die Kommunikation des Landratsamtes mit den Bürgern auf Augenhöhe, miteinander im Rahmen der Digitalisierung aktiv zu sein."
Gleiches gelte aber auch im Umgang mit Unternehmen und Verbänden. Ziel sei es, "der Ansprechpartner zu sein, den man sich von einer Behörde erwartet, nämlich den Dienstleistungscharakter wieder deutlich herauszuheben." Gleichzeitig wolle sie die Kommunikation im Landratsamt deutlich verbessern.
Ich würde die Kommunikation verbessern wollen. Das heißt, die Kommunikation des Landratsamtes mit den Bürgern auf Augenhöhe.
Unternehmer will ohne Parteizugehörigkeit punkten
Der Vierte im Bunde ist der Unternehmer Sylvio Arndt aus Niesky, der als parteiloser Einzelbewerber antritt. Mit den Nachbarn aus Polen und Tschechien macht er gute Geschäfte, sieht aber auch die Grenzkriminalität als ein Problem, bei dem man handeln müsse. Sein Credo: Es braucht keine Parteikarriere, um den Landkreis Görlitz voranzubringen.
Junge Menschen in der Region halten
Beim Thema Strukturwandel geht es ihm vor allem um die Schaffung neuer Arbeitsplätze - mit dem Fokus auf junge Menschen: "Jetzt brauchen wir Arbeitsplätze, die die Jugend haben will. Wenn wir das Verhältnis mit Jugend im Kreis halten und entsprechende Arbeitsplätze nicht hinkriegen, dann fehlen uns später die jungen Menschen", meint Arndt.
"Wenn die jungen Menschen fehlen, dann hast du irgendwann nicht mehr das Personal für Arbeitsplätze, selbst wenn diese dann kommen", erklärt der Unternehmer. Aus seiner Sicht brauche es ein Gleichgewicht: "mehr Arbeitsplätze, viele attraktive Arbeitsplätze, was praktische junge Leute hier hält, die sonst aufgrund ihrer Ausbildung und Karriereplanung weggegangen wären."
Wenn die jungen Menschen fehlen, dann hast du irgendwann nicht mehr das Personal für Arbeitsplätze, selbst wenn diese dann kommen.
Landratswahl am 12. Juni
Die Menschen zwischen Zittau und Weißwasser können im Juni entscheiden, wer von den vier Kandidierenden in den kommenden sieben Jahren die Geschicke des Landkreises bestimmen soll. Die Herausforderungen sind groß - vor allem beim Strukturwandel in der Kohleregion.
MDR (kp, Lutz Günther)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | MDR SACHSENSPIEGEL | 11. Mai 2022 | 19:30 Uhr