Teilnehmer einer rechten Kundgebung halten Fackeln.
Drohungen gegen Politiker und Politikerinnen gibt es nicht nur auf der Bundes-Ebene. Im Kommunalen kann die Wirkung auf Betroffene noch ungleich größer sein. Bildrechte: IMAGO / Jan Huebner

Gesetzesvorschlag Sachsen will Kommunalpolitiker besser schützen

07. Februar 2024, 05:00 Uhr

Kommunalpolitiker müssen viel wegstecken. Dabei zeigen sie - oft ehrenamtlich - großen Einsatz für die Menschen in ihrem Heimatort. Der demokratische Rechtsstaat braucht sie. Deshalb wollen Sachsens Innenminister und Justizministerin Kommunalpolitiker besser schützen. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass "Beeinflussung staatlicher Entscheidungsträger" ins Strafrecht aufgenommen wird.

Für die Bürgermeisterin von Naunhof, Anna-Luise Conrad, war vor allem die Corona-Zeit schwierig: Damals musste sie viele Einschränkungen umsetzen, über die sie selbst gar nicht entscheiden konnte. Und hat dann den Frust der Leute abgekriegt. "Sowohl die Anfeindungen auf offener Straße, wo meine eigenen Kinder mit bei mir waren, als auch tatsächlich Demonstrationen vor dem Wohnhaus - das sind Erlebnisse, die ich damit verbinde." Das habe tiefe Spuren hinterlassen. Nach wie vor führen "Protest-Spaziergänge" regelmäßig an ihrem Haus vorbei – kein Zufall, sagt Conrad.

Anfeindungen und Drohungen keine Seltenheit

Sie ist damit nicht allein. Michael Salomo ist Vorsitzender beim "Netzwerk Junge Bürgermeister*innen Deutschland", in dem etwa 870 Kolleginnen und Kollegen zusammengeschlossen sind. Er selbst ist Stadtoberhaupt von Heidenheim an der Brenz. Er wisse, dass es eine Kollegin in den neuen Bundesländern gebe, "die hat einen Pflasterstein in die Küche geworfen bekommen." Es gebe aber auch in den alten Bundesländern Kollegen, deren Dienstwägen angezündet worden seien. "Oder wo nachts ein Galgen in den Garten betoniert wurde."

Neuer Paragraf im Strafgesetzbuch gefordert

Im Strafgesetzbuch sind solche Fälle in den Paragrafen 240 und 241 - Bedrohung und Nötigung - geregelt. Nicht erfasst seien darin aber subtilere Verhaltensweisen. Darunter fielen auch Demonstrationen vor privaten Wohnungen, wie sie die Naunhofer Bürgermeisterin erlebe, schreibt das Sächsische Justizministerium zur Begründung für den Vorstoß auf Nachfrage. Weiter heißt es: "Es wird daher vorgeschlagen, einen § 106a - 'Beeinflussung staatlicher Entscheidungsträger' ins Strafgesetzbuch einzufügen. Strafandrohung: Geldstrafe oder bis zu maximal drei Jahren Freiheitsstrafe."

Ein Schritt, mit dem die Demokratie zeigen würde, dass sie wehrhaft bleibt, so die Einschätzung von Michael Salomo dazu. Allerdings wäre das in seinen Augen vor allem Symptombekämpfung - die Politik müsse sich auch die Frage stellen, wie man die wieder zurückholen könne, die sich momentan nicht vertreten fühlten.

Deutscher Städte- und Gemeindebund begrüßt Vorstoß

Alexander Handschuh, Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, sieht in dem Vorstoß aus Sachsen einen guten Weg, Regelungslücken zu schließen. Er spricht von einer gefühlten Bedrohungslage unter Kommunalpolitikern. "Da werden Sätze gesagt wie 'fühl dich nicht so sicher' oder 'wir können jederzeit etwas gegen dich unternehmen' oder Ähnliches." Das sei vom geltenden Strafrecht im Moment schlecht erfasst. "So etwas aufzugreifen, das halten wir für wichtig." Und insofern hofft man beim Städte- und Gemeindebund, "dass dieser Vorschlag von Sachsen auch in anderen Bundesländern Nachahmer findet."

Die Gelegenheit dazu gibt es im Juni: Dann kommen die Justizministerinnen und -minister zusammen. Sachsen will den Vorschlag dann vorstellen und darum bitten, dass er ins Reformprogramm für das Strafrecht aufgenommen wird, das dieses Jahr ansteht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Februar 2024 | 06:11 Uhr

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