Das Gebäude der Agentur für Arbeit
Im Jahresverlauf rechnet die Agentur für Arbeit mit mehr als 72.200 Erwerbslosen in Thüringen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Prognose Arbeitslosigkeit soll in Thüringen am stärksten steigen

20. Januar 2025, 19:21 Uhr

Nach einer Prognose der Bundesagentur für Arbeit wird die Arbeitslosigkeit in Thüringen 2025 so stark ansteigen wie in keinem anderen Bundesland. Gründe dafür seien vor allem die Lage der Automobilindustrie, der demografische Wandel und die mangelnde Qualifikation vieler Arbeitssuchender.

Die Arbeitslosigkeit wird in Thüringen einer Prognose zufolge in diesem Jahr bundesweit am stärksten steigen. Im Jahresverlauf werde mit mehr als 72.200 Erwerbslosen im Freistaat gerechnet, sagte der Geschäftsführer der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Markus Behrens, in Erfurt.

Das sei im Vergleich zu 2024 ein Zuwachs von rund fünf Prozent und der stärkste erwartete Anstieg unter allen Bundesländern. Im Jahresdurchschnitt 2024 waren in Thüringen knapp 68.800 Männer und Frauen ohne Job. 

Probleme bei Autozulieferern und verarbeitendem Gewerbe

Gründe für die weiter zunehmende Zahl der Arbeitslosen sieht Behrens vor allem in den anhaltenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Thüringer Autozulieferer und des verarbeitenden Gewerbes. Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten im Freistaat werde auf rund 767.200 sinken, prognostizierte Behrens. Beispielsweise im Oktober 2024 waren dies noch etwa 800.000.

Langfristig werde sich die Beschäftigtenzahl bei 700.000 einpegeln, da die geburtenstarken Jahrgänge in den nächsten Jahren in Rente gingen und weniger Menschen auf dem Arbeitsmarkt nachrückten.

Autozulieferer PWG
Erst vor wenigen Tagen gab der Autozulieferer PWG aus Neuhaus-Schierschnitz im Kreis Sonneberg bekannt, künftig seine Produktion nach China umzulagern. Bildrechte: MDR/Uwe Kelm

Das Kernproblem bleibe die Schieflage auf dem Thüringer Arbeitsmarkt, da das fachliche Niveau vieler Jobsuchender oft nicht zu dem Bedarf der Arbeitgeber passe. "Die Anforderungen stimmen nicht mehr überein", sagte Behrens. So betreffen laut Behrens 82 Prozent der Stellenangebote Fachkräfte, Spezialisten und Experten. Aber nur 43 Prozent der Arbeitslosen suchten qualifizierte Jobs. Gebraucht werde eine starke Zuwanderung und die Qualifikation von Arbeitnehmern.

Eine wichtige Ressource für die Unternehmen seien jugendliche Bewerber. Die Anzahl arbeitsloser Jugendlichter ohne Berufsabschluss sei in Thüringen aber in den vergangenen Jahren stark gestiegen. 2024 hätten 75 Prozent der Arbeitslosen unter 25 Jahren keine Ausbildung gehabt.

Kehrtwende in der Wirtschaftspolitik gefordert

Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (CDU) bezeichnete die prognostizierten Arbeitsmarktzahlen als Warnsignal. Die Ministerin sagte MDR THÜRINGEN, die Krise der Industrie spitze sich bundesweit weiter zu. Thüringen habe aber im Vergleich der Bundesländer einen besonders hohen Industrieanteil. Dadurch sei das Land besonders stark von der Krise in der Industrie betroffen.

Boos-John sieht den Bund an erster Stelle in der Pflicht. Die Bundesregierung müsse in der Wirtschaftspolitik eine Kehrtwende vollziehen. Dazu gehörten bezahlbare Energie, weniger Bürokratie und eine moderne Infrastruktur.

Am schnellsten umsetzbar wäre aus Sicht der Ministerin ein Absenken der Energiepreise, etwa über geringere Netzentgelte und eine niedrigere Stromsteuer. Diese Schritte müssten noch vor der Bundestagswahl umgesetzt werden.

Colette Boos-John
Thüringens Wirtschaftsministerin Colette Boos-John (CDU) sieht die Prognose als Warnsignal und sieht nun den Bund in der Pflicht. Bildrechte: picture alliance / Metodi Popow | M. Popow

Wirtschaftsministerin will Gespräche mit Unternehmen suchen

Nach Angaben von Boos-John kann auch das Land die Unternehmen unterstützen, etwa über Investitionsprogramme, den Bürokratieabbau oder auch Finanzhilfen, um die Transformation in der Auto-Industrie abzufedern. Darüber hinaus will die Ministerin noch mehr das Gespräch mit den Unternehmen suchen. Dazu soll ein regelmäßiger Dialog mit dem Titel "Wachstum und Arbeitsplätze" etabliert werden.

Die Thüringer CDU-Landtagsfraktion äußerte sich ähnlich. Die arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Fraktion, Jane Croll, sagte, die alte rot-rot-grüne Landesregierung habe Defizite im Land hinterlassen, in der Wirtschaft wie in der Bildung.

Diesem Trend werde sich die Koalition entgegenstemmen. Geplant sei etwa, Schulen und Unternehmen mehr zu verzahnen, die duale Ausbildung zu stärken und Berufsschulen zu modernisieren.

MDR (nir/wh)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 20. Januar 2025 | 18:15 Uhr

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