Stromverbrauch Für wen sich variable Stromtarife wirklich lohnen
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19. April 2023, 15:33 Uhr
Für Stromkunden gibt es bisher zwei Gewissheiten: Strom ist teuer. Und der vereinbarte Tarif gilt in der Regel ein Jahr. Alternativ gibt es aber auch variable Tarife, bei denen tag- oder stundengenau abgerechnet wird. Experten erklären, wie das Modell funktioniert, wie viel die Kilowattstunde dann noch wert ist und ob es sich für Normalverbraucher lohnt.
- Bei einem variablen Stromtarif kann sich der Preis stündlich je nach Börsenpreis ändern.
- Wer aus finanziellen Gründen Strom sparen will, dem wird nicht zu einem variablen Tarif geraten.
- Für eine optimale Kosten-Nutzen-Rechnung bräuchte es vor allem smarte Stromzähler.
Die Stromrechnung ist ja oft eine unerfreuliche Angelegenheit – und eine langweilige. Spannender ist sie in Norwegen. Wer dort einen Stromvertrag abschließt, bekommt keinen Festpreis für die Kilowattstunde mehr. Sondern der Strompreis schwankt bei fast allen Anbietern von Stunde zu Stunde – und wird am Ende entsprechend abgerechnet.
Einer der großen norwegischen Stromanbieter ist Tibber. Inzwischen bietet das Unternehmen auch hierzulande seinen variablen Stromtarif an, erzählt Deutschland-Chefin Marion Nöldgen: "Strom wird wie fast alle anderen Güter auch an der Börse gehandelt. Das heißt, der Preis schwankt je nach Angebot und Nachfrage. Und diese Schwankungen geben wir quasi an die Kunden weiter."
Ziel sei dabei, dass die Leute transparenter, bewusster und weniger Strom verbrauchen. Das gehe nur glaubhaft, wenn man als Unternehmen nicht an jeder Kilowattstunde verdiene, die verbraucht werde, sagt Nöldgen.
Monatsgebühr statt Kilowattstundenpreis
Statt an Kilowattstunden verdient Tibber mit einer Monatsgebühr von knapp vier Euro. Auf die Börsenstrompreise legt das Unternehmen noch die staatlich vorgesehenen Abgaben und Steuern drauf. Damit kommt Tibber derzeit auf unter 30 Cent für die Kilowattstunde Strom und gehört zu den günstigsten Anbietern.
Variabler Tarif für Haushalte mit hohem Stromverbrauch
Sollten sich, wie zu Beginn des Ukraine-Krieges, die Strompreise an der Börse aber wieder vervielfachen, wird es für Tibber-Kunden teuer. Trotzdem könne sich ein variabler Tarif für bestimmte Haushalte lohnen, sagt Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Denn der Börsenstrompreis schwanke auch im Tagesverlauf. Das ließe sich nutzen. "Das eignet sich insbesondere für Haushalte, die einen hohen Verbrauch haben. Das heißt, die zum Beispiel ein E-Mobil haben oder eine Wärmepumpe", erklärt Wallraf.
Es müsse ein signifikant hoher Verbrauch sein. Denn der Verbrauch müsse sich in Preiszonen verschieben können, wo die Preise sehr niedrig seien, sagt die Expertin. "Ich muss quasi flexibel sein können und relevante Mengen in günstige Zeiten schieben können."
Keine Empfehlung bei engem Budget
Dafür allerdings muss man sich auch ein wenig mit der Entwicklung der Preise beschäftigen. Und man muss damit leben können, auch mal viel zu bezahlen. Das sei nicht jedermanns Sache, findet Sandra Duy vom Verbraucherportal Finanztip: "Für Kunden, die viel Planungssicherheit brauchen, weil sie zum Beispiel ein sehr strenges Budget für sich haben, ist so ein Tarif vielleicht schwierig, weil man die Börsenstrompreise nicht immer vorhersehen kann. Wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, können die ganz stark steigen und das auch über den Tag verteilt."
Für Menschen, die wirklich mit ihrem Geld haushalten müssen, sei ein herkömmlicher fester Tarif besser, weil sie dann genau wüssten, wann sie wie viel für ihren Strom bezahlen müssen, sagt Duy.
Sinnvoll bei Smart-Geräten
Sinnvoll sind variable Stromtarife vor allem dann, wenn man kluge, mit dem Internet verbundene Geräte besitzt. Ein Elektroauto zum Beispiel, das automatisch lädt, wenn der Preis an der Strombörse unter eine festgelegte Schwelle fällt. In Norwegen gibt es das. Hierzulande scheitern viele Haushalte schon am veralteten Stromzähler.
Erst 2025 soll es einen Rechtsanspruch auf so genannte smarte Zähler geben, die den Stromverbrauch stundengenau messen. Bis dahin müssen Anbieter variabler Tarife viele Kunden noch mit Zusatztechnik ausrüsten. Auch Tibber macht das – lässt sich das entsprechende Gerät dann aber extra bezahlen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. April 2023 | 06:00 Uhr