Umfrage Viele Unternehmen planen 2025 Stellenabbau
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12. Dezember 2024, 15:37 Uhr
Angesichts der schwächelnden Wirtschaft wollen einer Umfrage zufolge zahlreiche deutsche Unternehmen den Rotstift beim Personal ansetzen. Einer Analyse des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft nach planen vier von zehn Unternehmen 2025 einen Stellenabbau. Betroffen ist vor allem die Industrie. Das RWI erwartet nächstes Jahr 0,6 Prozent Wirtschaftswachstum. Allerdings wird eine steigende Arbeitslosigkeit befürchtet. Die EZB senkt erneut Zinsen im Euroraum.
- Schlechte Beschäftigungsaussichten
- Wirtschaftsinstitute senken Wachstumsprognosen für kommendes Jahr ab
- RWI erwartet nächstes Jahr 0,6 Prozent Wirtschaftswachstum
- EZB senkt erneut Zinsen im Euroraum
Viele Unternehmen in Deutschland möchten im kommenden Jahr Stellen streichen. Vier von zehn Firmen planen laut einer Umfrage des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Personal abzubauen. Nur 17 Prozent beabsichtigen demnach, Mitarbeiter einzustellen. Die Umfrage ist Teil einer Studie, für die im November mehr als 2.000 Unternehmen befragt worden sind.
Schlechte Beschäftigungsaussichten
IW-Studienautor und Konjunkturexperte Michael Grömling sagte, die Beschäftigungsaussichten seien damit so schlecht wie seit der globalen Finanzkrise 2009 nicht mehr. Für die deutsche Wirtschaft sei 2024 kein gutes Jahr gewesen, das mache sich nun auch auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Besonders düster seien die Aussichten in der Industrie. Lediglich 14 Prozent der Unternehmen wollen einstellen, 44 Prozent Personal abbauen.
Grund dafür sind Grömling zufolge vor allem die konjunkturelle Krise und die schlechte Geschäftslage vieler Firmen. Nur 16 Prozent geben in der Umfrage an, dass die wirtschaftliche Situation besser sei als im Vorjahr. Die Hälfte sieht den Angaben nach eine Verschlechterung. Viele Firmen blicken pessimistisch nach vorn. Das spiegelt sich auch in den Planungen wider. Knapp ein Viertel der Unternehmen möchte 2025 mehr investieren als in diesem Jahr, 40 Prozent dagegen weniger.
Aus der Umfrage ließen sich "keine Signale für eine konjunkturelle Wende in Deutschland ableiten", resümierten die Ökonomen. Der Bundesrepublik drohe "ein weiteres Jahr in ökonomischer Bewegungslosigkeit".
Wirtschaftsinstitute senken Wachstumsprognosen für kommendes Jahr ab
Mehrere Wirtschaftsinstitute in Deutschland senkten ihre Wachstumsprognose für das kommende Jahr. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin rechnet nur noch mit einem Wachstum von 0,2 Prozent, während das Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) gar von einer Stagnation ausgeht. Die Forschenden des Ifo in München erarbeiteten verschiedene Szenarien – je nachdem, welche Maßnahmen die Politik umsetzt. Man sehe einen kritischen Mix aus konjunktureller Flaute und strukturellen Problemen, erklärte das DIW. Die deutsche Wirtschaft "schleppt sich" demnach durch die Stagnation. Im laufenden Jahr dürfte die Wirtschaft daher erneut schrumpfen, um 0,2 Prozent. Damit rechnet auch das Institut in Kiel, blickt auf die kommenden zwei Jahre aber noch etwas pessimistischer als das DIW und erwartet für 2026 ein Wachstum von 0,9 Prozent, während die Forschenden in Berlin von 1,2 Prozent ausgehen.
Grund für die Korrektur des IfW nach unten seien auch die zu erwartenden Zölle auf ausländische Produkte in den USA. Diese Agenda werde die Ausfuhren "zusätzlich bremsen". Vor allem aber sei die aktuelle Wirtschaftsschwäche eine "Krise der Industrie". Für das Ifo-Institut ist indes noch nicht klar, ob es sich bei der aktuellen Stagnation um eine "vorübergehende Schwäche" oder eine "dauerhafte und damit schmerzhafte Veränderung der Wirtschaft handelt". Entscheidend werde sein, ob die exportorientierte deutsche Wirtschaft wieder vom Wachstum in anderen Ländern profitieren könne, erklärte Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Zuletzt habe sich der deutsche Warenexport immer mehr von der weltwirtschaftlichen Entwicklung entkoppelt, wodurch Deutschland "spürbar an Wettbewerbsfähigkeit verloren" habe, hieß es. Im eher pessimistischen Szenario würde diese Schwäche "zu einer schleichenden Deindustrialisierung" führen, in der Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft läge dann im kommenden Jahr nur bei 0,4 Prozent. Im zweiten Modell "trägt eine verlässlichere Wirtschaftspolitik dazu bei, dass Industrieunternehmen ihre Produktionskapazitäten wieder ausweiten", erklärte das Ifo. Dafür müsste es von der Politik steuerliche Anreize geben, die zu mehr Investitionen führen. Davon würde auch die Konjunktur profitieren und mit 1,1 Prozent im kommenden Jahr stärker wachsen.
RWI erwartet nächstes Jahr 0,6 Prozent Wirtschaftswachstum
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) hat seine Konjunkturprognosen ebenfalls nach unten korrigiert. Es erwartet dieses Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent und nächstes Jahr ein Wachstum von 0,6 Prozent. RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt sagte, damit die deutsche Wirtschaft im nächsten Jahr wieder wachsen könne, brauche sie vor allem mehr wirtschafts- und gesamtpolitische Sicherheit. Davon würden die Unternehmen ebenso profitieren wie der private Konsum.
Die deutsche Wirtschaft habe im Sommerhalbjahr weiter an Boden verloren, hieß es weiter. Der Export bleibe gegenüber dem Welthandel zurück. Die Investitionen sinken weiter. Vor allem in der Autoindustrie und in energieintensiven Industrien fehlten Aufträge. Die konjunkturelle Schwäche dürfte noch bis zum Frühjahr des kommenden Jahres anhalten. Erst wenn klarer werde, wie nach den Neuwahlen in Deutschland und dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten die wirtschaftspolitischen Weichen diesseits und jenseits des Atlantiks gestellt werden, dürfte die Unsicherheit abnehmen und die Nachfrage stärker steigen, schrieben die Essener Wirtschaftsforscher.
Die Arbeitslosenquote dürfte nach ihrer Prognose von 6,0 Prozent in diesem Jahr auf 6,1 Prozent steigen. Die schwache Nachfrage nach deutschen Waren lässt vorerst keinen Beschäftigungsaufbau erwarten. Die Inflationsrate erwartet das RWI bei 2,2 Prozent.
EZB senkt erneut Zinsen im Euroraum
Die Europäische Zentralbank (EZB) senkt zum vierten Mal in diesem Jahr ihren Leitzins. Sie beschloss auf ihrer Ratssitzung in Frankfurt am Main, den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz um einen Viertelpunkt von 3,25 auf 3,00 Prozent nach unten zu setzen. Diesen Zins erhalten Geschäftsbanken auf Gelder, die sie bei der Notenbank parken. Sparer dürften die erneute Senkung zu spüren bekommen: Sinkende Einlagenzinsen geben viele Institute in Form niedrigerer Tages- und Festgeldzinsen an ihre Kundschaft weiter. Der Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, wird ebenfalls erneut gesenkt: von 3,4 Prozent auf 3,15 Prozent.
Tendenziell sind niedrigere Leitzinsen gut für die Konjunktur: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute kommen günstiger an Finanzierungen für Investitionen und können so für Wirtschaftswachstum sorgen. Volkswirte rechnen damit, dass die Notenbank die Leitzinsen im nächsten Jahr noch weiter herabsetzen wird.
dpa/AFP/Reuters(das)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 12. Dezember 2024 | 12:30 Uhr
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