Nahaufnahme einer Hand, die Geld aus einer Geldbörse nimmt.
Um zum Inflationstreiber zu werden, müssten die Löhne in Deutschland laut Konjunkturforschern deutlich stärker steigen als die Inflationsrate selbst. Bildrechte: picture alliance/dpa | Matthias Balk

Inflationsrate Warum Lohnerhöhungen die Inflation nicht befeuern

13. August 2024, 12:51 Uhr

Die Inflationsrate in Deutschland liegt noch immer über dem Vorkrisen-Niveau. Ein Hörer von MDR AKTUELL fragt sich vor diesem Hintergrund, ob nicht auch die Lohnerhöhungen, etwa deutlich gestiegene Tariflöhne oder der Mindestlohn, ein Inflationstreiber sind. Konjunkturforscher verneinen das. Sie sehen trotz hoher Tarifforderungen der Gewerkschaften derzeit nicht die Gefahr einer inflationstreibenden Lohn-Preis-Spirale.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Von stabilen Preisen war Deutschland zuletzt ja ein gutes Stück entfernt. Vor knapp zwei Jahren erreichte die jährliche Teuerung zwischenzeitlich fast neun Prozent.

Lohnerhöhungen haben Preissteigerungen lange nicht ausgeglichen

Doch die Inflation habe nicht an übertriebenen Lohnzuwächsen gelegen, sagt Thorsten Schulten von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, sondern an massiv gestiegenen Energiekosten.

"Wir haben vor diesem Hintergrund gesehen, dass die Löhne im Prinzip nicht Schritt gehalten haben, sondern die Beschäftigten eigentlich drei Jahre lang doch relativ massive Reallohnverluste hinnehmen mussten." Das sei besonders in den Jahren 2021 und 2022 der Fall gewesen.

"In 2023 haben die Löhne dann schon so ungefähr die Preise ausgleichen können. In diesem Jahr, das ist die Prognose, sehen wir das erste Mal eine kräftige Reallohnsteigerung für die Beschäftigten", erklärt Schulten.

Bislang keine Lohn-Preis-Spirale

Doch könnten diese Lohnsteigerungen die inzwischen gesunkene Inflation wieder anheizen? Ökonomen sprechen von einer Lohn-Preis-Spirale, wenn sich Löhne und Preise gegenseitig hochschaukeln.

Für die Gesamtwirtschaft sieht Konjunkturforscher Oliver Holtemöller diesen Effekt bislang nicht: "Man kann im Moment nicht sagen, dass die Forderungen der Gewerkschaften übermäßig hoch wären. Man muss berücksichtigen, dass in den vergangenen Jahren steuerbegünstigte Einmalzahlungen eine große Rolle in den Tarifverhandlungen gespielt haben."

Dadurch seien die regulären Tariflöhne in der Vergangenheit trotz Inflation kaum gestiegen. Zunächst einmal sollen Lohnsteigerungen ja die Inflation ausgleichen. Um zum Treiber für Inflation zu werden, müssten sie deutlich stärker steigen als die Inflation selbst.

Preise würden auch ohne Lohnerhöhungen steigen

Und einen gewissen Lohnzuwachs hätten sich Beschäftigte auch verdient, sagt Hagen Lesch vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft.

Lesch sagte: "Naja, wir haben in der Regel ja so etwas wie einen Fortschritt, einen Produktivitätsfortschritt. Also mit der gleichen Anzahl von Leuten erwirtschaften wir einfach mehr. Und das soll ja nicht nur in die Taschen der Unternehmen fließen, die daraus Investitionen bezahlen, klar. Sondern das soll eben geteilt werden, da soll ein Teil eben auch in die Taschen der Arbeitnehmer fließen. Insofern macht es schon Sinn, Löhne auch zu erhöhen."

Würde man die Löhne in Deutschland gar nicht mehr erhöhen, würden die Preise trotzdem steigen. Weil zum Beispiel auch Rohstoffe teurer werden.

Ein Sonderfall ist der gesetzliche Mindestlohn. Der stieg politisch gewollt zuletzt überdurchschnittlich stark. Im Jahr 2022 stand ein Plus von 22 Prozent. Gut möglich, dass das die Inflation verstärkt hat, zumindest ein bisschen. Die Hans-Böckler-Stiftung bezifferte den Effekt dieser Mindestlohnerhöhung auf die Inflationsrate auf 0,25 Prozentpunkte.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. August 2024 | 06:22 Uhr

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