Unternehmensinsolvenzen Signa, Halberstädter Würstchen & Co. – 2023 war ein Jahr der Firmenpleiten

19. Dezember 2023, 05:00 Uhr

Trotz Vorweihnachtszeit ist die Kauflaune der Deutschen gering. Die Preise sind nach einem Jahr Inflation hoch. Das macht immer mehr Unternehmen zu schaffen und treibt einige in die Insolvenz. Das wohl prominenteste Beispiel: die Pleite des Immobilienkonzerns Signa, dem auch die Kaufhäuser von Galeria und Sportscheck gehören. Doch es gab dieses Jahr noch deutlich mehr Insolvenzen. Woran liegt das und sind für das nächste Jahr noch mehr Pleiten zu erwarten?

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Es ist eine Pleite mit Gesprächswert. Halko, der Hersteller der Halberstädter Würstchen, musste am Monatsanfang Insolvenz anmelden. Dabei gilt das Familienunternehmen als Erfinder der Konservenbockwurst und war in seiner 140-jährigen Geschichte einer der größten Fleischverarbeiter im Land.

Halberstädter Bürgermeister spricht von einem "Schock"

Nun brauche es einen Retter, findet Bürgermeister Daniel Szarata: "Also, Halberstädter Würstchen ist das Aushängeschild unserer Stadt – neben dem Dom und dem Domschatz. Was verbindet man mit Halberstadt? Natürlich den Traditionsbetrieb Halberstädter Würstchen. Und wenn man dann die Nachricht bekommt als Stadtchef, dass Insolvenz angemeldet wurde, ist das natürlich erst einmal ein Schock."

Vergleichbare Schocks gab es dieses Jahr viele. Der sächsische Landmaschinenhersteller Lomma musste Insolvenz anmelden, die Sandsteinwerke Pirna und der erzgebirgische Autozulieferer Aluchrom.

30 Prozent mehr Insolvenzen als im Vorjahr

Steffen Müller führt am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle Statistik über Firmeninsolvenzen. Er sagt: "Wir haben in diesem Jahr bei den Personen- und Kapitalgesellschaften etwa 30 Prozent mehr Insolvenzen gesehen, als das im Vorjahr der Fall war. Auch die Zahl betroffener Jobs ging nach oben. Wir sehen also nicht nur mehr Insolvenzen, wir sehen auch im Durchschnitt größere Insolvenzen."

Ein Grund dafür: Das Zeitalter der Corona-Hilfen ist zu Ende gegangen. Über Jahre hat der Staat Firmen mit viel Geld vor der Pleite gerettet. Als die Corona-Krise am größten war, lagen die Insolvenzzahlen historisch niedrig.

Nun müssten viele Firmen die Hilfen teilweise zurückzahlen, sagt Patrick Hantzsch von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform: "Wir nennen das teilweise den Corona-Bumerang, weil die gut gemeint ausgezahlten Hilfen jetzt eben die Unternehmen belasten. Und wenn die Unternehmen wieder in ein normales Wettbewerbsumfeld eintreten, treffen sie auf ein Wettbewerbsumfeld, das sich deutlich verschärft hat im Gegensatz zu 2019. Das führt dazu, dass für viele Unternehmen, die gerade so durchgekommen sind, das Fass jetzt zum Überlaufen gebracht wird und sie keinen anderen Ausweg mehr sehen, als einen Insolvenzantrag zu stellen."

Thüringen hat niedrigste Pleitequote in Deutschland

Dabei sind die Bundesländer unterschiedlich stark betroffen. Laut Creditreform hat Thüringen dieses Jahr mit 40 Insolvenzen auf 10.000 Unternehmen die niedrigste Pleitequote in Deutschland. Sachsen und Sachsen-Anhalt liegen mit jeweils 57 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen im Mittelfeld. Für nächstes Jahr erwartet Hantzsch keine Besserung: "2024 wird die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weiter steigen. Das hat damit zu tun, dass wir in einem sehr volatilen Wirtschaftsumfeld sind."

Insolvenz-Forscher Müller sieht es ähnlich: "Die meisten Experten gehen davon aus, dass wirtschaftliche Entwicklung auch nächstes Jahr eher mau ist, dass wir eine Stagnation erleben. Deswegen wäre es eine Überraschung, wenn die Insolvenzzahlen 2024 zurückgehen würden."

Zum Gesamtbild gehört aber auch: Von einem Insolvenzrekord ist Deutschland weit entfernt. Selbst in den wirtschaftlich guten Jahren 2016 und 2017 gingen mehr Firmen pleite als jetzt. Und eine Insolvenz bedeutet nicht automatisch das Aus. Halberstädter Würstchen produziert weiter und hofft auf einen Investor.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Dezember 2023 | 06:06 Uhr

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