Ein weißer Doppelstockzug fährt durch ein Tal.
Die Deutsche Bahn will ab kommendem Jahr zwei IC-Strecken durch Thüringen einstellen. (Archivbild) Bildrechte: Deutsche Bahn AG/Jochen Schmidt

Verkehr Bahn dementiert Bericht zu Aus für IC-Linien in Ostdeutschland

26. Juni 2024, 22:08 Uhr

Nach "Spiegel"-Informationen will die Bahn aus Kostengründen mehrere Fernstrecken vor allem im Osten Deutschlands streichen. Die Bahn bestätigte zwar wirtschaftliche Probleme auf einigen Strecken, dementierte aber das Aus für die genannten Verbindungen.

Die Deutsche Bahn hat einen Medienbericht über eine drohende Streichung mehrerer Fernverkehrsverbindungen zurückgewiesen. Bahn-Vorstand Michael Peterson sagte am Mittwoch: "Es gibt aktuell keine konkreten Pläne zur Streichung der genannten Fernverkehrsverbindungen. Wir haben im April unsere Planungen für den Fahrplan 2025 abgeschlossen. Dieser Fahrplan sieht derzeit keine der genannten Angebotskürzungen vor." Jedoch bestätigte er einen steigenden Kostendruck. Aufgrund höherer Trassenpreise prüfe die Bahn den Umfang des Fahrplanangebots bundesweit.

Auch das Bundesverkehrsministerium wies die Streichungen von Strecken zurück. Ein Sprecher des Verkehrsministeriums erklärte, der Bund wolle, dass der Schienenverkehr in ganz Deutschland reibungslos laufe. Das habe man als Eigentümer der Bahn auch klar kommuniziert.

Der "Spiegel" hatte unter Berufung auf ein vertrauliches Schreiben des Konzerns an die Bundesnetzagentur über Streckenstilllegungen besonders in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Laut dem Bericht ist geplant, dass schon im kommenden Jahr auf der Strecke von Nürnberg über Saalfeld und Jena nach Leipzig sowie von Gera über Weimar und Gotha nach Köln keine IC-Züge mehr fahren sollen.

Teure Schienenmaut und geringe Auslastung

Dem Bericht nach will der Konzern wegen schwacher Auslastung auch sein ICE-Angebot nach Stralsund in der Nebensaison stark reduzieren. Ein Grund für die Einschnitte sei die notwendige Eigenkapitalerhöhung bei der Bahn. Das zwinge die Infrastruktursparte, die Schienenmaut stark anzuheben. Dadurch seien einige Verbindungen nicht mehr rentabel. Bei der Schienenmaut handelt es sich um eine Gebühr für die Nutzung des Schienennetzes. Diese sogenannten Trassenpreise werden von der Infrastruktursparte der Bahn erhoben.

Polizei und Bahnsicherheitsdienst sperren den Zugang zu den überfüllten Zugabteilen ab 4 min
Bildrechte: picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Der "Spiegel" zitiert einen Bahnsprecher, wonach die teure Maut die Bahn "in der Tat vor erhebliche Herausforderungen stellt" und derzeit "nicht kompensiert werden kann". Wenn die erheblichen Kostensteigerungen direkt an die DB Fernverkehr AG weitergegeben würden, seien "Angebotsreduktionen und auch eine Erhöhung der Ticketpreise unumgänglich."

Bahn lehnt Nahverkehrstickets in Thüringer ICs ab

Die IC-Strecke durchs Saaletal war erst im Dezember 2023 eingerichtet worden. Sie ersetzte die ICE-Linie, die seit Fertigstellung der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald fuhr. Das Bündnis Fernverkehr für Jena, der Fahrgastverband ProBahn und Politiker hatten sich jahrelang für den IC durchs Saaletal eingesetzt. Dort fahren neue Intercity 2-Doppelstockzüge mit rund 460 Sitzplätzen.

Doch erst vor wenigen Tagen hatte die Deutsche Bahn eine Nutzung von Nahverkehr-Tickets in den IC-Zügen eine Absage erteilt. Auch durch das Deutschlandticket hätte dann die geringe Auslastung steigen können. Das Verfahren für eine sogenannte Tarifintegration ist gescheitert, wie die Thüringer Verkehrsministerin Susanna Karawanskij MDR THÜRINGEN sagte.

Mitteldeutsche Politiker warnen vor weiterer Ausdünnung des Schienennetzes

Dafür wollte das Land Thüringen einen Zuschlag pro gefahrenem Kilometer zahlen – angelehnt an ein vergleichbares Angebot für die Intercity-Züge zwischen Gera und Erfurt. Eine DB-Sprecherin hatte gesagt, die Bahn befürchte, dass die Öffnung der Züge für Reisende mit Nahverkehrstickets zu deutlichen Einnahmeverlusten im Fernverkehr führe, die mit den derzeit angebotenen Zuschüssen nicht ausreichend ausgeglichen wären.

Mitteldeutsche Politiker haben die Deutsche Bahn gewarnt, Fernverkehrs-Verbindungen von und nach Ostdeutschland zu streichen. Der Thüringer CDU-Chef Mario Voigt sagte, das Bahnnetz dürfe nicht weiter ausgedünnt werden. Der Bund als Bahn-Eigentümer dürfe nicht zulassen, dass der Osten abgehängt werde. Ähnlich äußerte sich die Linke.

SPD-Verkehrsexperte Müller: Auf Linie Chemnitz-Warnemünde schießt Sachsen Geld zu

Der Chemnitzer Detlef Müller, Vizechef der SPD-Bundestagsfraktion und zuständig für Verkehr und Digitales, zeigte sich von den Bahn-Plänen nicht überrascht.

Müller sagte dem MDR, angesichts der Trassenpreise und der sogenannten Schienenmaut sei klar gewesen, dass ab Dezember die Preise im Schienengüterverkehr und Fernverkehr massiv stiegen. Der Fernverkehr der Bahn arbeite eigenwirtschaftlich. Die Bahn entscheide selber, welche Züge sie auf welchen Strecken einsetze. Da habe die Politik nicht zu sagen. Und nicht gut ausgelastete Linien kämen dann auf den Prüfstand.

Detlef Müller während einer Sitzung des Deutschen Bundestages
SPD-Infrastrukturexperte Detlef Müller Bildrechte: IMAGO / Christian Spicker

Müller zufolge hat die SPD schon 2023 darauf gedrungen, dieses "antike Trassenpreissystem" zu überarbeiten – und auch Vorschläge gemacht. Ansonsten komme der Personenverkehr gegen den Güterverkehr unter die Räder.

Dennoch wird wohl die ICE-Strecke Chemnitz-Warnemünde trotz insgesamt mäßiger Auslastung weiterbetrieben. Müller führt das auf gute Fahrgastzahlen im Sommer zurück und weil es eine Art Prestigeverbindung an die Ostsee sei. Übers Jahr hinweg könnte die Auslastung besser sein. Außerdem schieße Sachsen auf dieser Strecke noch Geld dazu. Sonst sähe es anders aus.

MDR(mw/dst/ans/lmb)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 26. Juni 2024 | 17:45 Uhr

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