Verkehr "Schlag in Magengrube": Bahn sagt Nein zu Nahverkehrstickets in Saalebahn-ICs
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14. Juni 2024, 21:54 Uhr
Die Intercity-Züge Leipzig-Karlsruhe fahren in Thüringen mit nur wenigen Fahrgästen. Dennoch lehnt es die Deutsche Bahn ab, gegen einen Zuschuss zwischen Jena und Saalfeld auch Nahverkehrstickets zu akzeptieren. Angeblich ist das Angebot von Thüringen zu niedrig. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat sich deswegen beim Bahnvorstand beschwert.
Die Intercity-Züge auf der Saalebahn können zwischen Jena und Saalfeld auch künftig nicht von Fahrgästen mit Nahverkehrstickets genutzt werden. Die Thüringer Verkehrsministerin Susanna Karawanskij sagte MDR THÜRINGEN, die Deutsche Bahn habe daran trotz eines angebotenen Zuschusses kein Interesse. Dies sei unverständlich, weil die Fernzüge auf diesem Abschnitt nur zwischen zehn und 20 Prozent ausgelastet seien.
Die Linke-Politikerin sagte, das Angebot habe sich an jenem Zuschuss orientiert, den Thüringen der Bahn AG für die Anerkennung von Nahverkehrstickets in den Intercitys zwischen Gera und Nordrhein-Westfalen (NRW) zahle. In diesen Zügen gelten das Deutschlandticket und andere Nahverkehrsfahrscheine zwischen Gera und Erfurt.
Auf der Saalebahn fahren seit Mitte Dezember Doppelstock-Intercitys zwischen Leipzig und Karlsruhe. Sie halten in Thüringen in Jena, Rudolstadt und Saalfeld. Zeitgleich wurden die Nahverkehrsverbindungen auf der Saalebahn ausgedünnt. Politiker aus Ostthüringen wie der Saalfelder Bürgermeister Steffen Kania (CDU) hatten daher darauf gedrungen, dass die Intercitys auch mit Nahverkehrstickets genutzt werden können.
Bürgermeister: "Schlag in die Magengrube"
Kania nannte das Nein der Bahn "einen Schlag in die Magengrube". Die Stadt habe keine Zweifel daran gehabt, dass das Vorhaben gelingt. "Wir hatten uns eher gefragt, wann es losgehen kann." Karawanskij zufolge hat Thüringen auch vergeblich versucht, Bayern, Sachsen-Anhalt und Sachsen zu einer ähnlichen Regelung zu bewegen. Damit wären Fahrten im IC auch ohne Fernverkehrsticket bis nach Nürnberg, Naumburg oder Leipzig möglich gewesen.
Der Saalfelder Bürgermeister Kania kündigte an, die Absage nicht einfach hinnehmen und mit den anderen Strecken-Anrainern darum kämpfen zu wollen, die Bedingungen für Pendler wieder zu verbessern. Es sei unverständlich, dass die Deutsche Bahn den Thüringer Zuschuss ablehne, obwohl sie für kolportierte 1,5 Millionen Euro im Jahr vorhandene und weitgehend leere Züge einfach nur für Inhaber von Nahverkehrstickets öffnen müsste.
Der Jenaer Stadtentwicklungsdezernent Christian Gerlitz (SPD) bezeichnete das als großes Problem. Die Strecke sei in den vergangenen Jahren für Pendler immer wichtiger geworden. Dass Fahrgäste jetzt zwischen zwei Zügen auf einer vielgenutzten Strecke mitunter eine Stunde warten müssen, sei unbefriedigend.
Fahrgastverband sieht Deutschlandticket als einen Grund für Ablehnung
Saalfelds Bürgermeister Kania fürchtet, dass die Bahn mit dem Gedanken spielt, die IC-Züge auf der Linie ganz einzustellen. Zwar ist nach Informationen des Thüringer Verkehrsministeriums Fernverkehr bis Ende 2025 angemeldet - bindend ist das allerdings nicht. Ginge die Bahn einen Vertrag mit dem Freistaat Thüringen ein, gegen einen Zuschuss auch Nahverkehrs-Passagiere zuzulassen, müssten die Züge dann auch so lange fahren, wie der Vertrag gilt.
Auch der Fahrgastverband Pro Bahn kann das Nein der Bahn nicht nachvollziehen. Es gebe für den Konzern praktisch keinen Mehraufwand bei dem Angebot, mehr Geld zu verdienen. Aber der Fernverkehr sei in einer schwierigen Lage im ganzen Land.
Das Deutschlandticket führe dazu, dass viele Menschen eher mit Nahverkehrszügen fahren - dem Fernverkehr fehlten Einnahmen. Zudem würden die Preise für die Nutzung der Bahnstrecken im kommenden Jahr um etwa 20 Prozent steigen. Das mache es schwieriger, auf Nebenstrecken kostendeckend Fernverkehr anzubieten - zu diesen Strecken gehört die Saalebahn.
Bahn: Zuschussangebot nicht ausreichend
Eine Bahn-Sprecherin sagte MDR THÜRINGEN, der angebotene Zuschuss sei nicht ausreichend. Die Fernverkehrssparte befürchte im Fall einer Öffnung der Züge für Nahverkehrstickets Einnahmeverluste, die von dem Zuschuss nicht ausgeglichen werden könnten. Die unbefriedigende Auslastung der Fernzüge auf der Strecke solle verbessert werden. Die Fernverkehrsverbindungen müssten noch bekannter werden.
Aus dem Ministerium war zu erfahren, dass sich Ministerpräsident Bodo Ramelow in der Sache an den Bahnvorstand wenden will. Nach Informationen der "Ostthüringer Zeitung" (€) hat Ramelow das schon getan und sich in einem Brief beschwert.
MDR (flog/seg)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 15. Juni 2024 | 18:25 Uhr
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