Fachkräftemangel Studie: Deutschlands Arbeitsmarkt braucht Hunderttausende Zuwanderer
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26. November 2024, 15:21 Uhr
Um den Bedarf an Arbeitskräften in den kommenden Jahrzehnten zu decken, braucht Deutschland einer Studie zufolge bis 2040 jährlich rund 288.000 Zuwanderer. Besonders stark falle der Rückgang in Thüringen und Sachsen-Anhalt aus. Damit Fachkräfte aus dem Ausland in Deutschland bleiben, müssten Barrieren und Diskriminierung abgebaut werden.
- Bis 2040 braucht der deutsche Arbeitsmarkt jährlich rund 288.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland.
- Besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind Sachsen-Anhalt und Thüringen.
- Um internationale Arbeitskräfte nach Deutschland zu ziehen, müssen Barrieren abgebaut und eine "Willkommenskultur" etabliert werden.
Der deutsche Arbeitsmarkt ist einer Studie zufolge bis 2040 jährlich auf rund 288.000 internationale Arbeitskräfte angewiesen, wie eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung und der Hochschule der Wissenschaften Coburg im Auftrag der Bertelsmann Stiftung ergeben hat. So viele Fachkräfte seien nötig, um das Potenzial an Erwerbspersonen nicht einbrechen zu lassen. Dafür müssten Hemmnisse abgebaut und Bedingungen für Migranten verbessert werden, teilte die Stiftung mit.
Die Studie rechnet den Angaben zufolge für 2040 mit einem Bedarf an 45,7 Millionen Arbeitskräften. Ohne Zuwanderung ginge die Zahl der Erwerbspersonen jedoch in diesem Zeitraum von aktuell 46,4 Millionen um zehn Prozent auf 41,9 Millionen zurück. Bis 2060 würde die Zahl ohne zusätzliche Einwanderer sogar um ein Viertel auf nur noch 35 Millionen sinken.
Fachkräftemangel: Thüringen und Sachsen-Anhalt besonders betroffen
Die einzelnen Bundesländer sind laut Analyse von ausbleibender Zuwanderung sehr unterschiedlich betroffen. Besonders stark wäre der Rückgang an Arbeitskräften bis 2040 in Thüringen, Sachsen-Anhalt und im Saarland mit jeweils deutlich über zehn Prozent. In Sachsen falle die Schrumpfung dagegen deutlich geringer aus. Am wenigsten ausgeprägt sei das Minus in Hamburg, Berlin oder Brandenburg.
Der Bedarf an internationalen Arbeitskräften in den Ländern hänge auch von unterschiedlichen Auswirkungen des Strukturwandels ab, hieß es. Wo mehr Arbeitsplätze neu entstehen als abgebaut werden, sei der Zuwanderungsbedarf höher. Dies gelte beispielsweise besonders für Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Berlin und Hamburg.
Expertin: Es braucht Willkommenskultur
Die Expertin für Fachkräftemigration bei der Bertelsmann Stiftung, Susanne Schultz, sagte, der demografische Wandel erfordere Zuwanderung. Natürlich müsse vorrangig das inländische Arbeitskräftepotenzial von Einheimischen und bereits Zugewanderten entwickelt und die Beteiligung am Arbeitsmarkt erhöht werden, betonte sie. Der künftige Bedarf an Erwerbspersonen werde jedoch "damit allein nicht gedeckt werden können".
Die Studie zeige erstmals, dass die Zuwanderung aus der EU nicht ausreiche. Bislang sei der Anteil der Menschen aus der EU größer, in Zukunft werde dies aber nicht mehr der Fall sein, erklärte Schultz.
Die Expertin wies darauf, dass das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz neue Möglichkeiten für interessierte Arbeitskräfte biete. Ohne eine "ausgeprägte Willkommenskultur" in Behörden, Unternehmen und Kommunen und die Aussicht auf einen längerfristigen Aufenthalt würden sie jedoch ausbleiben, erläuterte sie.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und die Hochschule Coburg haben die Studie nach Angaben der Bertelsmann Stiftung erstellt. Grundlage für die Berechnungen ist demnach eine Projektion des Arbeitskräftebedarfs durch das IAB und das Bundesinstitut für Berufsbildung.
epd, dpa (smk)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 26. November 2024 | 08:30 Uhr