Fakt ist! aus Erfurt CDU-Abgeordnete Tillmann: Der Regierungsauftrag liegt bei Olaf Scholz

28. September 2021, 05:00 Uhr

Deutschland hat gewählt. Bei Fakt ist! aus Erfurt diskutierten Thüringer Direktkandidaten und Wähler, wer nach der Bundestagswahl regieren soll. Es ging aber auch um grundsätzliche Probleme im Wahlkampf.

Die Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Antje Tillmann sieht den klaren Regierungsauftrag bei der SPD und Olaf Scholz. Das sagte die finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion im MDR-Polittalk Fakt ist! aus Erfurt am Montagabend. "Jede demokratische Partei hat die Pflicht dafür zu sorgen, dass es eine stabile Regierung in Deutschland gibt." Die CDU sei momentan nicht am Zug. Ob Scholz mit dem Auftrag erfolgreich ist, werde man sehen, sagte die 57-Jährige.

Gleich sechs Direktkandidaten kamen in der von Andreas Menzel und Lars Sänger moderierten Sendung zu Wort. Mit Tillmann, Gerald Ullrich von der FDP, Michael Kaufmann von der AfD und Tina Rudolph von der SPD gehören vier von ihnen dem nächsten Bundestag an. Heiko Knopf von den Grünen - immerhin zweiter auf der Landesliste - scheiterte ebenso wie Sandro Witt von der Linken. Deutliche Worte zur Wahl und auch zur CDU fanden einige Gäste im Publikum.

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CDU bricht im Osten ein

Dort saß beispielsweise mit Julian Degner ein Unionsmitglied und Kommunalpolitiker aus Schmölln. Auf die Frage, warum Laschet bei der Wahl denn nicht zog, habe er immer wieder von Wählern zu hören bekommen, Laschet hole die Menschen nicht ab und verstehe den Osten nicht. Am CDU-Direktkandidaten Volkmar Vogel habe es im Wahlkreis 194 jedenfalls nicht gelegen, den AfD-Kandidat Stephan Brandner klar für sich entschied. Bei der Wahl vor vier Jahren hatte Vogel in diesem Wahlkreis noch das Direktmandat geholt.

Ein ähnliches Bild gab es im Ostthüringer Wahlkreis 195, eigentlich mit Albert Weiler CDU-Hochburg. Doch dieses Mal gewann dort haushoch der AfD-Kandidat Michael Kaufmann. Vor vier Jahren seien die Menschen zum Wahlstand gekommen, um Fragen zu stellen, sagte Kaufmann. Diesmal seien sie gekommen, um zu schimpfen. Beispielsweise über die Corona-Maßnahmen, beschrieb der AfD-Politiker die Gemütslage aus seiner Sicht.

Vor allem im Osten Deutschlands brach die CDU bei der Bundestagswahl am Sonntag massiv ein und verlor zahlreiche Direktmandate an die SPD und die AfD. Allein vier der acht Thüringer Wahlkreise gewann am Sonntag die AfD. So äußerte sich Sandro Witt von der Linken zumindest erleichtert, dass es im deutschlandweit beachteten Wahlkreis 196 weder zu einem Sieg für Hans-Georg Maaßen (CDU) noch für den AfD-Kandidaten reichte. Den Wahlkreis hat bekanntlich der ehemalige Biathlet Frank Ullrich (SPD) für sich entschieden.

Tillmann: "Olaf Scholz hat den Amtsbonus"

Bezüglich des Unions-Debakels und der Rolle Laschets sagte Antje Tillmann, die Sache mit dem "falschen Kandidaten" habe sie auch gehört. Ihre eigene Erklärung: Scholz habe als gegenwärtiger Vizekanzler den Amtsbonus - und Laschet dagegen nicht die Zeit gehabt, sich den Menschen vorzustellen. Die Leute "wollen Verlässlichkeit", so Tillmann, die seit 2002 im Deutschen Bundestag sitzt.

Aus dem Publikum kam die Erfurterin Claudia Witzel zu Wort: Die CDU habe reflexartig ihren Machtanspruch geäußert, "obwohl sie eindeutig verloren hat, anstatt demütig dieses Ergebnis anzunehmen", sagte sie verärgert. Dies hätten zumindest die Ost-Ministerpräsidenten Michael Kretschmer und Reiner Haseloff glaubhaft getan. Bei der Wahl verloren habe das statische "Weiter so", meinte die Zuschauerin. Andere Publikumsgäste sahen das ähnlich: Es sei zu wenig über Inhalte gesprochen worden, sondern mehr über Personen. Die globalen Herausforderungen seien kaum thematisiert worden. Und: Olaf Scholz habe einen klaren Regierungsauftrag erhalten.

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FDP-Mann Ullrich: "Lieber nicht, als schlecht regieren"

Das sah wenig überraschend auch Tina Rudolph von der SPD so. Die 30-jährige Ärztin verpasste zwar knapp das Direktmandat im Westthüringer Wahlkreis 190, zieht aber über die Landesliste in den Deutschen Bundestag ein. Für eine mögliche Ampel-Koalition mit Grünen und FDP sieht sie Schnittmengen mit beiden Parteien: mit Grünen beispielsweise im sozialen Bereich, mit der FDP bei Freiheitsrechten, im Verbraucherschutz oder in der Digitalisierung.

Angriffslustig reagierte FDP-Mann Gerald Ullrich auf diese mögliche Ampel-Anbahnung. "Wir werden mit denen in einer Koalition regieren, wo am meisten FDP durchkommt", sagte er. Die Liberalen seien kein Mehrheitsbeschaffer. "Wenn sie wollen, dass wir das fünfte Rad am Wagen sind, werden sie sehen, was sie davon haben", sagte er mit Blick auf Rudolph. Mit dem abgewandelten Christian-Lindner-Satz, der 2017 in die Geschichte einging, und "Träumen von Jamaika" ein jähes Ende versetzte, setzte Ullrich noch einen drauf: "Sollte man das von uns wollen, dann gilt immer noch: lieber nicht, als schlecht regieren."

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Zusätzlich wären bei einer "Ampel" noch die Interessen der Grünen unter einen Hut zu bringen, die aus Sicht des Jenaer Grünen Heiko Knopf vor allem Klimaschutz, Mobilität und Digitalisierung sind. "Davon werden es die Grünen abhängig machen", sagte er. Wichtig sei, dass es jetzt Veränderungen gebe - und zwar in großen Schritten.

Angesichts der schwierigen Verhandlungen in den kommenden Wochen und Monaten plädierte der zugeschaltete Stuttgarter Kommunikationsforscher Klaus Kamps, den Wahlkampf in Zukunft anders zu gestalten. Künftig werde es nicht mehr so sehr um die Position eines Kanzlers gehen, sondern um Koalitionen. "Es wird nicht mehr zu großen Volksparteien mit 40 Prozent kommen", sagte Kamps. Man solle für die Wähler deshalb bereits im Wahlkampf viel mehr über Inhalte und Positionen in möglichen Koalitionen sprechen, so der Wissenschaftler.

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Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | Fakt ist! aus Erfurt | 27. September 2021 | 22:10 Uhr

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