Wohnungsbaugipfel im Kanzleramt
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Krisentreffen Wohnungsgipfel im Kanzleramt: Ampelkoalition legt 14-Punkte-Plan vor

25. September 2023, 22:37 Uhr

Seit Jahren fehlt vor allem in Städten in Deutschland günstiger Wohnraum. Mit lange günstigen Krediten ist bei stetig steigenden Immobilienpreisen viel teuer gebaut worden, nicht genug aber für Menschen mit geringeren Einkommen. Am Montag hat die Bundesregierung ein 14-Punkte-Vorhaben beschlossen, damit mehr gebaut wird. Die Bauindustrie lobte den Vorstoß, Kritik kam hingegen von Sozialverbänden.

Die Bundesregierung hat sich am Montag auf ein 14-Punkte-Maßnahmenpaket für den Wohnungsbau geeinigt. Demnach wurden zusätzliche Investitionen, mehr Unterstützung für Familien beim Kauf oder Bau der eigenen vier Wände und neue Steuervorteile bei Bauprojekten beschlossen. Auf die geplante Verschärfung der Energiestandards bei Neubauten werde zukünftig verzichtet, teilte Bundesbauministerin Klara Geywitz mit. Bundeskanzler Olaf Scholz betonte, dass "in Deutschland mehr bezahlbare Wohnungen gebaut werden müssen".

Mit dem heute vorgestellten Maßnahmenpaket wird es uns gelingen, mehr Investitionen in den Wohnungsbau zu erreichen und damit die Bau- und Immobilienbranche zu stabilisieren und zu stärken.

Klara Geywitz, Bundesbauministerin

14 Punkte im Kampf gegen Wohnungsmangel

Konkret wird bei der Wohneigentumsförderung für Familien die Einkommensgrenze einer Familie mit einem Kind von 60.000 auf 90.000 Euro erhöht. Je weiterem Kind können 10.000 Euro hinzuverdient werden. Dazu wird in den kommenden zwei Jahren das Programm "Wohneigentum für Familien" für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden aufgelegt. Bei Bauvorhaben soll es Steuervorteile durch besondere Abschreibungsregeln geben. Der "Klimabonus", der Hauseigentümer beim Tausch alter, fossiler gegen neue, klimafreundliche Heizungen fördert, soll erhöht und auch auf Wohnungsunternehmen und Vermieter ausgeweitet werden.

Zudem ist geplant, den Umbau von leerstehenden Büros und Läden zu neuen Wohnungen mit 480 Millionen Euro zu unterstützen. Hierfür plant das Bauministerium Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds zu verwenden. Große Wirkung soll unter anderem der Verzicht auf den im Koalitionsvertrag für 2025 vereinbarten Energiesparstandard EH40 für Neubauten haben.

Den Ländern soll eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht werden. Die angepeilte sogenannte Wohngemeinnützigkeit soll im kommenden Jahr an den Start gehen. Dabei sollen Vermieter, die dauerhaft bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen, steuerlich begünstigt und gefördert werden.

Bauindustrie und Immobilienbranche begrüßt 14-Punkte-Vorhaben

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie lobte das Paket als "umfangreicher als erwartet". Wichtig sei nun, dass auch ein attraktiveres Zinsverbilligungsprogramm geprüft werde. "Die Ampel hat die Tragweite der Situation wohl erkannt", teilte der Zentralverband des Baugewerbes mit. Der Immobilienverband ZIA äußerte sich ebenfalls positiv und begrüßte besonders die geplante steuerliche Entlastung.

Gewerkschaften und Wohnungsverbände kritisieren Maßnahmenpaket

Von Gewerkschaftsseite und Sozialverbänden kam hingegen Kritik. "Die Bundesregierung verliert kein Wort zu besserem Mieterschutz, gibt keine zusätzlichen Impulse für den sozialen Wohnungsbau und es fehlen verbindliche Zusagen für die Einführung einer neuen Wohngemeinnützigkeit", bemängelte Stefan Körzell vom Deutschen Gewerkschaftsbund. Für die Arbeiter Wohlfahrt (AWO) konzentriert sich die Bundesregierung zu sehr auf den Neubau von Wohnungen. Der Wohnungswirtschaftsverband GdW, der das Treffen im Kanzleramt boykottiert hatte, sah ebenfalls eine positive Entwicklung. Für sozial orientierte Wohnungsunternehmen sei aber leider nichts herausgekommen. So könnten diese Unternehmen die neuen Abschreibungsmöglichkeiten gar nicht nutzen.

Caritas und Diakonie betonten, dass ärmere Menschen von Sanierungen besonders profitieren, weil sie häufig in energetisch schlechten Gebäuden wohnten. Die Sozialverbände kritisierten vor diesem Hintergrund die Absage an die Sanierungspflicht auf EU-Ebene. Wohnungsverbände aus Sachsen-Anhalt kritisieren den Fokus der Regierung auf Neubauten. Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau sollten verstärkt in Altbausanierungen eingesetzt werden, teilte der Mieterrat Halle am Montag mit. Städte wie Halle und Magdeburg hätten bereits einen hohen Leerstand. Eine Sanierung sei oftmals günstiger und schneller als ein Neubau. Auch der Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Robert Feiger, kritisierte: "Der große Schub zur Ankurbelung des Wohnungsbaus bleibt aus. Es hätte ruhig etwas mehr sein können."

Umwelteverbände bemängeln Verzicht auf Energierichtlinien

Enttäuscht zeigten sich vor allem Umweltverbände: "Das Maßnahmenpaket der Ampel zum Bauen und Wohnen ist keine Weichenstellung in eine sozial gerechtere und ökologischere Zukunft, sondern ein Fiasko", kritisierte die Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Antje von Broock. Der Abschied vom Ökostandard sei völlig inakzeptabel. "Mit den Plänen der Ampel schlittern wir weiter der Klimakatastrophe entgegen, und immer mehr Menschen wissen nicht, wie sie ihre nächste Heizkostenrechnung bezahlen sollen."

Fehlender Wohnraum in Deutschland

Das Grundproblem: Seit Jahren schon fehlt Wohnraum vor allem in Ballungsgebieten. Die Preise schossen wegen des knappen Angebots in die Höhe, und die Ampel-Regierung wollte für 400.000 neue Wohnungen pro Jahr sorgen. Doch 2022 waren es nur knapp 300.000 und für dieses Jahr geht die Baubranche von 230.000 bis 250.000 aus, im nächsten Jahr dann von weniger als 200.000 neuen Wohnungen, da jetzt vieles auf Eis gelegt wird.

Vor allem fehlen günstige Mietwohnungen. Der aktuelle Grund dafür sind die seit Beginn des Ukraine-Kriegs nochmals explosionsartig gestiegenen Kosten. Immer weniger Leute wollen und können sich Bauen leisten. Das erhöht den Druck im Mietmarkt, in großen, nun aber auch kleineren Städten. Günstige Mietwohnungen werden noch knapper.

dpa, Reuters, AFP, MDR (ksc)

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 25. September 2023 | 06:12 Uhr

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