Eine Frau an einem Tisch stützt mit einer Hand den Kopf
Frauen in den Wechseljahren fordern, dass ihre Probleme ernst genommen werden (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / dpa Themendienst | Klaus-Dietmar Gabbert

Projekt "Wir sind 9 Millionen" – Frauen in Wechseljahren gründen Bewegung

30. Dezember 2023, 07:53 Uhr

In diesem Jahr hat sich eine Bewegung mit dem Namen "Wir sind 9 Milllionen" gegründet. Journalistinnen, Ärztinnen, Unternehmerinnen, Expertinnen wollen erreichen, dass Frauen in den Wechseljahren besser medizinisch betreut, von der Politik gesehen und von Unternehmen ernst genommen werden.

Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen – diese Anzeichen der Wechseljahre, oder korrekt Perimenopause, könnten allgemein bekannt sein. Dass es noch viel mehr Symptome geben kann, wissen Frauen selbst oft nicht. So, wie die Journalistin Miriam Stein: "Ich fand das alles so schräg, dass ich gar nicht wusste, dass einem die Wechseljahre schon mit Anfang 40 begegnen. Ich dachte, das ist was, was man irgendwie mit Ende 50 hat, drei Hitzewallungen und dann hat man seine Tage nicht mehr."

Vom Instagram-Account zum parlamentarischen Abend

Auf der Suche nach Linderung eröffneten sich ihr ganz neue Einsichten, die in ihr Buch "Die Gereizte Frau" mündeten. Sie fand: Das Thema muss in die Gesellschaft und auf die politische Agenda. Auf Instagram gründete sie die Bewegung "Wir sind neun Millionen" – und schaffte es mit ihren Followerinnen, dass Abgeordnete aller Parteien im Oktober dieses Jahres am zweiten parlamentarischen Abend zum Thema Menopause teilnahmen.

Diese Abende – im März hatte es den ersten gegeben – initiierte die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dorothee Bär. Warum sie sich denn mit solchen Nischenthemen beschäftige, sei sie in einem Interview von einem Mann gefragt worden, erzählt sie. Ihre Antwort: 50 Prozent der Bevölkerung seien für sie keine Nische. Um das zu verdeutlichen, argumentiere sie gern mit Geld: "Die unbehandelten Wechseljahrssymptome kosten unser Gesundheitssystem im Jahr 27 Milliarden Euro. Und das heißt also, auch wenn ich Frauenthemen nicht ernst nehmen würde, muss man ganz klar sagen, dass das natürlich auch fiskalisch für unseren Staat, für den Steuerzahler schon eine enorme Herausforderung ist."

Ärzte-Odyssee zu Beginn der Wechseljahre

Besonders am Anfang ihrer Wechseljahre hätten die meisten Frauen eine Ärzte-Odyssee hinter sich, sagt Wechseljahre-Beraterin Sonja Bienemann: "Oft werden die Frauen heimgeschickt, weil es keine Diagnose gibt." Ihnen werde gesagt, sie müssten weniger Stress haben. "Und da geht dann das nächste Problem los, dass die Frauen vielleicht aus dem Job gehen, weil sie sich nicht mehr leistungsfähig fühlen."

Mit der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft der Wechseljahre-Beraterinnen "Frau im Wechsel" versucht Sonja Bienemann gerade, per Crowdfunding die Gründung eines Vereins beziehungsweise Berufsverbands voranzutreiben: "Unser allererstes Ziel ist die Information, weil ja, wer nichts weiß, muss alles glauben", sagt Bienemann: "Und deswegen ist für uns ganz doll wichtig, dass die Frauen die Informationen bekommen, die sie leider bei den Frauenärzten und Frauenärztinnen nicht bekommen, denn die Wechseljahre sind leider nicht Teil der gynäkologischen Facharztausbildung." Eine Beratung könne von den Ärzten und Ärztinnen nicht abgerechnet werden – für viele lohne es sich deshalb schlicht nicht, diese anzubieten.

Union befragt Bundesregierung

Mit der älter werdenden Gesellschaft wird es auch immer mehr Frauen in den Wechseljahren geben. An der Debatte führe kein Weg vorbei, sagt Journalistin Miriam Stein. Mittlerweile werde sie auch geführt: "Die Union hat eine kleine Anfrage gestellt mit dem Thema 'Was macht die Regierung zum Thema Wechseljahre?' Das war unterschrieben von Friedrich Merz und Alexander Dobrindt. Also sie müssen es zumindest diskutiert haben."

Auch Institutionen werden hellhöriger. Wechseljahre-Beraterin Sonja Bienemann hofft für kommendes Jahr auf eine Zusammenarbeit mit einer Krankenkasse und einer "Bundesanstalt", die sie noch nicht konkret nennen möchte.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 30. Dezember 2023 | 06:00 Uhr

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