Sahra Wagenknecht
Eigentlich sollte Sahra Wagenknecht den Löwenherz-Friedenspreis erhalten – doch stattdessen gibt es Streit mit den Verleihern. Bildrechte: picture alliance/dpa | Michael Bahlo

Streit um "Löwenherz" Friedenspreis-Organisation legt gegen Wagenknecht nach

24. August 2024, 05:00 Uhr

Eigentlich sollte Sahra Wagenknecht am Sonntag in Leipzig mit einem "Friedenspreis" ausgezeichnet werden. Doch die Verleihung wurde abgesagt. Am Anfang gab es offenbar Querelen wegen eines Personalvorschlags von Wagenknecht für die Moderation der Verleihung. Mittlerweile machen die Organisationen Wagenknecht schwere Vorwürfe. Die Wagenknecht-Seite wiederum spricht von mangelhafter Organisation.

MDR AKTUELL Mitarbeiter Lucas Grothe
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  • Sahra Wagenknecht sollte den Löwenherz-Friedenspreis erhalten.
  • Doch die Verleihung wurde wegen Unstimmigkeiten abgesagt.
  • Nun hat der Verleiher erneut Kritik geübt.

Noch vor wenigen Monaten fiel das Lob von Karsten Enz für Sahra Wagenknecht überschwänglich aus. Damals hielt er eine Rede auf dem Gründungsparteitag des "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) Ende Januar in Berlin. Wagenknecht habe eine Partei gegründet, "um den Menschen, denen vernünftiges Handeln und Gerechtigkeit am Herzen liegen, eine politische Heimat zu bieten", sagte Enz damals. Doch aus dem Lob von damals ist inzwischen heftige Kritik geworden.

Enz ist Geschäftsführer von "Human Projects". Eine Gesellschaft, die nach eigenen Angaben Hilfsprojekte für "Frieden, Freiheit, Aufklärung, Integration und eine gerechte Welt" unterstützt. Und: Einmal im Jahr verleiht "Human Projects" den Löwenherz-Friedenspreis. Preisträger waren bisher unter anderem der Dalai Lama, Michail Gorbatschow oder Bodo Ramelow – aber im vergangenen Jahr auch die umstrittene Journalistin Gabriele Krone-Schmalz, der wiederholt Russland-Nähe vorgeworfen worden ist.

Auf dem BSW-Gründungsparteitag im Januar gab Karsten Enz dann bekannt, dass Sahra Wagenknecht ebenfalls mit dem Löwenherz-Friedenspreis ausgezeichnet werden solle. Es folgte stehender Applaus. Die Preisverleihung war für den August in Leipzig vorgesehen.

Preis an Wagenknecht abgesagt

Doch es kam anders: Ende Juli sagte "Human Projects" die Verleihung des Preises an Wagenknecht ab. Begründung: Wagenknecht habe darum gebeten, die Preisverleihung auf November zu verlegen. Sie habe, so sagt es "Human Projects", in dem Festakt eine mögliche Gefahr für ihren Erfolg bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen gesehen. Zu diesem Zeitpunkt war das Tischtuch zwischen den Parteien wohl schon zerschnitten. Dass es soweit kam, lag offenbar an einer Personalie, die Wagenknecht für die Moderation der Preisverleihung vorgeschlagen hatte.

Karsten Enz von Human Projects bei der Vergabe des sogenannten Löwenherz -Friedenspreis
Karsten Enz von "Human Projects" beim BSW Gründungs-Parteitag im Januar. Bildrechte: IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Laut den Preisverleihern habe Wagenknecht für die Veranstaltung einen Moderator vorgeschlagen. Dabei handelte es sich um Marc Kayser, laut seinem Linkedin-Profil seit März dieses Jahres Berater von Wagenknecht. Laut den Veranstaltern legte Kayser einen Vertrag für die Veranstaltung vor. Der Vertrag liegt MDR Investigativ vor. Darin ist ein Honorar von 5.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer und eine Pauschale für Kfz-Fahrtkosten veranschlagt. Kayser äußerte sich auf MDR-Anfrage nicht dazu.

Laut Karsten Enz habe Kayser mitgeteilt, dass dieser die 5.000 Euro nicht für sich behalten, sondern ans BSW gespendet hätte. Das Geld hätte damit allerdings den humanitären Projekten gefehlt, die "Human Projects" normalerweise unterstützt.

Preisverleiher: Wagenknecht wollte Veranstaltung zu Wahlkampfzwecken missbrauchen

Enz stört sich zudem an einer "Stillschweigevereinbarung", die im Vertrag enthalten ist. Auch wenn so eine Vereinbarung durchaus üblich ist. Kritisch sieht Enz darüber hinaus, dass der Moderator die Moderationstätigkeit laut Vertrag "weisungsfrei" durchgeführt hätte. Enz' Besorgnis: Die Veranstaltung hätte so zu einer Wahlkampfveranstaltung umgemünzt werden können.

In einer Mitteilung werfen die Veranstalter Wagenknecht vor, sie habe die geplante Veranstaltung zu Wahlkampfzwecken missbrauchen wollen. "Ihr Verhalten entspricht autoritärem Denken, das sie katastrophal handeln lässt. Einem solchen Denken und Handeln entspringen unserer Auffassung im nächsten Schritt Stasi-Methoden", heißt es.

Dass Wagenknecht um Verschiebung der Veranstaltung gebeten habe, dem widersprach die Politikerin selbst: Der deutschen Presse-Agentur sagte sie im Juli, sie habe nicht um Verschiebung gebeten. Doch sei die Organisation der Veranstaltung "nicht überzeugend" verlaufen. Vor allem die relativ hohen Eintrittspreise seien "für einen öffentlichen Auftritt von mir eine Woche vor der Landtagswahl schwer vermittelbar" gewesen, sagte sie demnach weiter.

Wagenknecht-Sprecherin: Von Honorarforderungen nichts gewusst

Aus Wagenknechts Umfeld kommen gemischte Reaktionen auf die erneute Kritik. Von ihrer Pressesprecherin, Caroline Heptner, heißt es auf MDR-Anfrage: "Weder die Gruppe BSW noch Sahra Wagenknecht wussten von der Honorarforderung von Herrn Kayser an die Organisatoren der Löwenherz Preisverleihung." Wagenknecht habe, so heißt es weiter, Herrn Kayser in Abstimmung mit den Veranstaltern darum gebeten, den Festakt zu moderieren. "Als Frau Wagenknecht davon erfuhr, dass Herr Kayser dafür ein Honorar von den Veranstaltern verlangt hat, war sie entsetzt. Von dem Zeitpunkt an hatte Herr Kayser nichts mehr mit der Veranstaltung zu tun." Auch habe beim BSW niemand von einer geplanten Spende gewusst, so die Pressesprecherin.

Aber: Heptner spricht in Bezug auf die Preisverleihung von "organisatorischen Defiziten", die bei der Vorbereitung der Veranstaltung immer offenkundiger geworden seien. Die Bitte um eine zeitliche Verschiebung der Verleihung sei dann mehrere Monate nach dem Vorfall mit dem möglichen Moderator erfolgt. "Es ist sehr bedauerlich, dass die Initiatoren des Löwenherz-Preises das jetzt dazu nutzen, unsachliche und ungerechtfertigte Angriffe gegen Frau Wagenknecht – die zudem dem Anliegen des Preises zuwiderlaufen – zu verbreiten", heißt es weiter.

Eine Aussöhnung beider Seiten ist wohl nicht zu erwarten. Es ist nicht das erste Mal, dass es rund um den Preis zu Problemen kommt. Im vergangenen Jahr sollte neben Gabriele Krone-Schmalz auch der ehemalige Prinzensänger und Leipziger Sebastian Krumbiegel den "Friedenspreis" erhalten. Doch er sagte ab. Zur Begründung schrieb es damals, dass er nach langem Abwägen beschlossen habe, den Preis abzulehnen, weil er mit der Meinung einiger Beteiligter zum Ukrainekrieg und dessen Ursachen nicht übereinstimme.

Dieses Thema im Programm: MDR exact | 21. August 2024 | 20:15 Uhr

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