Steuern Hohe Inflation bedeutet nicht pauschal mehr Geld für den Staat
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11. April 2024, 06:29 Uhr
Durch die Inflation steigen die Preise – und damit auch die realen Einnahmen durch die Mehrwertsteuer. Daher hat sich MDR-AKTUELL-Hörer Bernd Richter gefragt, ob der Staat daran nicht mitverdiene. Wirtschaftsforscher Reint Gropp sagte, so einfach sei das nicht: Wenn alles teurer werde, werde auch mehr gespart. Zudem hat der Staat Maßnahmen ergriffen, die die Mehreinnnahmen aus den Steuern schmälern. An der Lohnsteuer verdient der Staat dennoch mehr.
- Der Staat nimmt bei Inflation nicht automatisch mehr Konsumsteuern ein, denn höhere Preise bedeuten sinkende Kaufkraft.
- Theoretisch gäbe es Steuer-Mehreinnahmen durch den Konsum, doch der Staat hat auf die Inflation reagiert.
- Wegen der Anpassung der Löhne an die Inflation nimmt der Staat zwar mehr Geld durch Lohnsteuern ein, hat jedoch auch mehr Ausgaben.
Steigen die Preise, freut sich der Finanzminister, denn dann steigen auch seine Steuereinnahmen. Das klingt irgendwie plausibel. Denn die Mehrwertsteuer beträgt ja sieben oder 19 Prozent des Warenwerts. Aber so einfach sei das nicht, sagt der Wirtschaftsforscher Reint Gropp. Denn wenn Preise steigen, konsumierten viele Bürger weniger. "Das Geld muss ja irgendwoher kommen. Die Leute werden dann eben [...] wenn sie fürs Heizen mehr bezahlen müssen, an anderer Stelle einsparen. Sie gehen eben nicht ins Restaurant oder gehen nicht ins Kino. Oder fahren nur in den Schwarzwald und nicht nach Spanien in den Urlaub."
Staat hat Steuern und Preise auf Inflation angepasst
Wegen dieser Konsumzurückhaltung führen fünf Prozent Inflation nicht automatisch zu fünf Prozent höheren Mehrwertsteuer-Einnahmen. Ein gewisses Plus verzeichnet der Finanzminister aber schon. Allerdings gilt auch das nur, wenn die Politik nicht auf die gestiegenen Preise reagiert. Genau das habe die Bundesregierung aber getan, sagt die Ökonomin Kristina van Deuverden. "Als wir in die Energiepreise reingeschlittert sind, war die Umsatzsteuer 19 Prozent. Die ist natürlich im Zuge der ganzen Maßnahmen, die da passiert waren, auch teilweise abgesenkt worden auf sieben Prozent reduzierter Mehrwertsteuersatz."
Zudem hat der Staat Strom- und Gaspreise eine Zeit lang gedeckelt. Unterm Strich dürften den Finanzminister die gestiegenen Energiepreise deswegen mehr gekostet haben als er zusätzlich an Steuern eingenommen hat.
Mehr Steuereinnahmen durch Lohnsteuer
Trotzdem ist der Staat in einem Punkt Profiteur der Inflation. Das liege an der Lohnsteuer, sagt Reint Gropp. Denn nach Phasen der Preissteigerungen handelten Gewerkschaften höhere Löhne aus. Mit einem höheren Lohn rutsche man aber in einen höheren Lohnsteuertarif. "Und das führt generell tatsächlich zu höheren Steuereinnahmen des Staates. Es gibt auch Länder, wo das dann automatisch angepasst wird, also wo diese Grenzen sich mit der Inflation verändern. In Deutschland ist das aber nicht so. Und von daher ist das dann etwas, wo der Staat dann tatsächlich profitiert durch höhere Steuereinnahmen."
Kalte Progression wird der Effekt genannt, wenn Gewerkschaften sieben Prozent mehr Brutto aushandeln, davon aber nach Steuern nur fünf Prozent mehr Netto übrigbleiben. Hier profitiert der Staat. Zum Gesamtbild gehört aber auch: Der Staat hat durch die Inflation mehr Ausgaben. Die Teuerung trifft ihn auch selbst, betont van Deuverden: "Es wurden ja auch Transferleistungen erhöht, es wurde das Kindergeld erhöht, es wurden Bürgergeldanpassungen vorgenommen mit Blick auf die Preisentwicklung."
Unterm Strich lässt sich deshalb sagen: Der Staat nimmt in der Inflation zwar mehr ein. Doch er muss eben auch mehr ausgeben. Und seine Mehreinnahmen sind nicht zwangsläufig so hoch wie die Inflation selbst. Das zeigt ein abschließender Blick auf Bund und Länder. Vergangenes Jahr nahmen sie knapp zwei Prozent mehr Steuern ein als 2022. Die Inflation lag aber bei sechs Prozent.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. April 2024 | 06:27 Uhr
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