Linke in der Krise Mögliche Linken-Spaltung: Risiko oder Rettung?

15. September 2023, 17:42 Uhr

Seit Monaten gibt es Streit zwischen der Linken und Sahra Wagenknecht. Bis Ende des Jahres will sie über eine Partei-Neugründung entscheiden. Die Bundestagsfraktion gilt als völlig zerstritten. Spaltet sich die Linke? Ist eine Neugründung vielleicht sogar eine Chance, um sich wieder mehr auf Inhalte zu fokussieren? Politikwissenschaftler sehen unterschiedliche Perspektiven für eine gespaltene Linke.

Von einer "herausfordernden", einer "fordernden Aufgabe" spricht Sören Pellmann, Bundestagsabgeordneter der Linken aus Leipzig. Er meint die Besetzung des Bundestagsfraktionsvorsitzes. Dietmar Bartsch und Amira Mohamed Ali sind derzeit noch im Amt, wollen es aber gerne abgeben. Weil bislang keine Nachfolger gefunden wurden, musste die für Anfang September geplante Abstimmung darüber verschoben werden.  

Beobachter sehen es als symptomatisch an, dass sich die Fraktion nicht auf ihre Chefs einigen kann. "Was wir an Streitereien haben, wo gegebenenfalls alle Monate die Gefahr besteht, dass die Fraktion auseinanderfällt - das muss beendet werden", sagt auch Pellmann. Würden die Rahmenbedingungen stimmen, könne er sich vorstellen, für das Amt zu kandidieren.  

Das muss beendet werden.

Sören Pellmann, Bundestagsabgeordneter Die Linke.

Der Streit in der Linken dreht sich vor allem um den Umgang mit Sahra Wagenknecht. Sie ist noch immer die bekannteste Politikerin der Partei. Allerdings scheint sie mit vielen Positionen zu fremdeln. Als "Lifestyle-Linke" bezeichnet sie das großstädtische Klientel, dem das Gendern wichtiger sei, als die Bedürfnisse der klassischen Linken-Wähler aus der Arbeiterschaft, so ihre Argumentation.

"Lifestyle-Linke" vs. "Wagenknechte" 

Eine Wagenknecht-Partei könnte vor allem im Osten auf ordentliche Stimmenanteile hoffen, sagt der Politikwissenschafter Jan Philipp Thomeczek von der Uni Potsdam. Der Grund: Es gäbe eine Lücke im aktuellen Parteiensystem: "Es gibt Leute, die eben wirtschaftspolitisch linke Positionen vertreten, aber eben konservativer sind, also migrationskritischer beispielsweise." Mit linken Positionen in gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Fragen deckten die Linke, aber eben auch die anderen großen Partein das nicht ab. 

Auf der anderen Seite steht ein Linke-Lager, das die Gruppe um Wagenknecht als "Wagenknechte" bezeichnet und im Falle einer Spaltung weiter sinkende Umfragewerten fürchte könnte. Schon heute sehen einige bundesweite Umfragen die Partei unter der Fünf-Prozent-Hürde, die für den Einzug in den Bundestag notwendig wäre. Unklar ist auch, wie viele Linke-Funktionäre Wagenknecht folgen würden. Für eine neue Partei braucht es neben Geld schlicht auch Personal.  

Wo die Linke noch groß ist 

"Dieser große Strom, der dann gehen wird, der ihr da folgen wird, wohin auch immer", sagt Katja Maurer von der Linken in Thüringen: "Daran glaub ich einfach nicht." In Thüringen stellt die Linke den Ministerpräsidenten, in Mecklenburg-Vorpommern und Bremen ist sie an der Regierung beteiligt. Allerdings zeigt der Trend in den Wahlergebnissen nicht nur im Bund, sondern auch in vielen Bundesländern schon länger nach unten.

Wir machen hier Realpolitik, und darüber wollen wir sprechen.

Katja Maurer, Stellv. Fraktionsvorsitzende die Linke. Thüringen

Maurer will sich nicht vom Weg in Thüringen abbringen lassen. Die Personal-Debatte und Streitigkeiten in der Bundestagsfraktion seien im Freistaat weit weg. "Wir machen hier Realpolitik, und darüber wollen wir sprechen", sagt Maurer. "Natürlich ist es aber auch so, dass an den Infoständen die Leute immer wieder fragen: Was ist jetzt eigentlich mit Sahra?"

Wäre eine Spaltung am Ende vielleicht sogar eine Chance für die Partei? Darum geht es in der aktuellen Folge recap [LINK]. 

Dieses Thema im Programm: recap bei YouTube | 15. September 2023 | 17:00 Uhr

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