Nach Angriff in Aschaffenburg Polizeigewerkschaft hält flächendeckende Grenzkontrollen für nicht umsetzbar
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24. Januar 2025, 10:27 Uhr
Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg hält die Gewerkschaft der Polizei die Forderung von Unions-Chef Friedrich Merz nach flächendeckenden Kontrollen an den deutschen Grenzen für nicht durchsetzbar. Zudem kritisieren Kanzler Olaf Scholz und Innenministerin Nancy Faeser die bayerischen Behörden. Sie seien verantwortlich dafür, dass der als gewalttätig bekannte Täter nicht abgeschoben wurde. Bayerns Innenminister sieht die Schuld dafür beim Bund.
- Die Gewerkschaft der Polizei hält flächendeckende Kontrollen an den deutschen Grenzen für nicht durchsetzbar.
- Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will illegale Einwanderung umgehend stoppen.
- Bund und Bayern machen sich im Fall Aschaffenburg gegenseitig Vorwürfe.
- Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) verlangt nach dem Angriff von Aschaffenburg ein Drei-Punkte-Sofortprogramm zur Inneren Sicherheit.
Nach dem Messerangriff in Aschaffenburg und der von CDU-Chef Friedrich Merz geforderten Einreiseverbote hält die Gewerkschaft der Polizei flächendeckende Kontrollen an den deutschen Grenzen für nicht durchsetzbar. Der Vorsitzender für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte MDR AKTUELL, die Binnengrenzen hätten eine Länge von 3.800 Kilometern. "Wir glauben, das ist gar nicht umsetzbar", so Roßkopf.
Man sei jetzt schon mit den Kontrollen personaltechnisch am Limit. Um mehr zu leisten, bräuchte man tausende zusätzliche Kolleginnen und Kollegen. Zudem müssten diese Kollegen erst einmal ausgebildet werden, was zwei bis drei Jahre dauern könne. Nötig, so Roßkopf, seien auch Investitionen in moderne Hilfsmittel wie Drohnen- und Kennzeichenerfassungs-Technik.
Merz: Grenzkontrollen wieder einführen
Zuvor hatte Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz angekündigt, im Falle eines Wahlsieges die illegale Einwanderung umgehend zu stoppen. Er werde dafür sorgen, dass künftig dauerhaft an allen deutschen Grenzen wieder kontrolliert werde. Zudem kündigte er an, seine Partei werde sich dafür stark machen, dass künftig auch die Bundespolizei Haftbefehle beantragen darf. CSU-Chef Markus Söder schloss sich Merz an und forderte eine "Null Toleranz"-Politik bei der Migration.
Bund und Bayern machen sich im Fall Aschaffenburg gegenseitig Vorwürfe
Unterdessen machen sich Bund und Bayern gegenseitig für Versäumnisse verantwortlich. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach im Interview mit MDR AKTUELL von Vollzugsdefiziten in Bayern. Es sei schwer verständlich, dass es in diesem Fall nicht gelungen sei, den Täter rechtzeitig aus Deutschland rauszubringen.
Außerdem warf er der Union vor, sie hätten im Bundesrat aus parteipolitischen Gründen Gesetze zur Verbesserung der inneren Sicherheit aufgehalten. Scholz hatte sich Mittwoch mit den Chefs der deutschen Sicherheitsbehörden getroffen und danach Konsequenzen angekündigt.
Faeser: Bayern soll Versäumnisse im Umgang mit Täter aufklären
Auch Bundesinnenminister Nancy Faeser forderte die bayerischen Behörden auf, mögliche Versäumnisse beim Umgang mit den Tätern aufzuklären. Die SPD-Politikerin forderte, die bayerischen Behörden müssten erklären, warum der Mann trotz mehrfacher Gewaltdelikte noch auf freiem Fuß und in Deutschland war.
Faeser sagte, es gehe jetzt darum, die bestehenden Gesetze konsequent umzusetzen. Dies sei sinnvoller, als jetzt neue populistische Vorschläge zu machen.
Bayerns Innenminister Herrmann sieht Fehler beim Bundesamt für Migration
Der CSU-Politiker Herrmann warf dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf), das dem Innenministerium unterstellt ist, Versagen vor. Er sagte, die am 19. Juni 2023 im Dublin-Verfahren angeordnete Abschiebung des tatverdächtigen Afghanen nach Bulgarien sei den zuständigen bayerischen Behörden verspätet mitgeteilt worden. Damit sei die Frist, innerhalb derer die Abschiebung hätte vollzogen werden müssen, so weit fortgeschritten gewesen, dass eine Abschiebung nicht mehr möglich gewesen sei.
Bundesinnenministerin Faeser bestätigte, dass Fristen für die Abschiebung nicht eingehalten wurden und deshalb der Täter von Aschaffenburg in Deutschland bleiben konnte.
Sachsens Innenminister Schuster fordert Drei-Punkte-Sofortprogramm
Sachsens Innenminister Armin Schuster etwa verlangt nach dem Angriff von Aschaffenburg ein Drei-Punkte-Sofortprogramm zur Inneren Sicherheit. Dazu gehören für den CDU-Politiker die "vollständige Zurückweisung an der Grenze nach der Drittstaatenregelung", der sofortige Stopp aller Aufnahmeprogramme und des Familiennachzugs. Zudem fordert er eine Flüchtlings-Obergrenze. Diese könne für Jahre nicht über der Zahl von 100.000 liegen, sagte Schuster.
Messerattacke in Aschaffenburg
Ein ausreisepflichtiger Afghane hatte am Dienstag in einem Park in Aschaffenburg einen zweijährigen Jungen marokkanischer Abstammung und einen 41 Jahre alten Mann mit einem Küchenmesser getötet und drei weitere verletzt. Der Mann litt unter psychischen Problemen und war Bayerns Innenminister Joachim Herrmann zufolge ausreisepflichtig. Ein Ermittlungsrichterin ordnete inzwischen die Einweisung des 28-Jährigen in eine psychiatrische Klinik an.
MDR/dpa/AFP (lmb,jks)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 23. Januar 2025 | 13:16 Uhr