Reform-Forderungen Steigende Pflegekosten belasten auch Kommunen
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30. Januar 2023, 09:03 Uhr
Die Kosten für die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger sind explosionsartig angestiegen – und Pflegebedürftige sind ratlos, woher sie das Geld nehmen sollen. In solchen Fällen kommt dann die Sozialhilfe auf. Das heißt aber, dass dann die Kommunen finanziell belastet werden.
- 35 bis 40 Prozent der Pflegebedürftigen können den Eigenanteil nicht leisten.
- Kostensteigerungen belasten auch die Landkreise, die als Ausfallbürge einstehen.
- Sächsischer Landkreistag sieht die Pflegekassen in der Pflicht.
Bis zu 3.000 Euro im Monat – so viel Geld müssen Menschen im bundesweiten Schnitt für einen Platz im Pflegeheim bezahlen. Wie MDR-Recherchen zeigen, sind die Kosten für die Eigenanteile auch in Mitteldeutschland um bis zu 45 Prozent gestiegen.
Die Gründe: Pflegekräfte kriegen mehr Lohn, dazu kommt die Energiekrise. Die Heimkosten könnten viele aber nicht mehr stemmen, sagt Markus Sutorius.
Eigenanteile für Pflege für viele nicht leistbar
Sutorius ist Jurist beim Pflegeschutzbund BIVA und berät Heimbewohner zu den Kosten. "Das werden sehr viele pflegebedürftige Menschen nicht als Einkommen zur Verfügung haben." Und wenn auch kein Vermögen da sei, etwa ein erworbenes Einfamilienhaus, seien die Personen tatsächlich auch auf die "Hilfe zur Pflege" in Höhe des Betrages, der eben durch das eigene Einkommen nicht gedeckt sei, angewiesen.
Sutorius schätzt, dass sich etwa 35 bis 40 Prozent der Pflegebedürftigen die Eigenanteile nicht mehr leisten können. Manche müssen deshalb die sogenannte "Hilfe zur Pflege" beantragen, die der Jurist schon angesprochen hat.
Kostensteigerung in der Pflege: Landkreise als Bürgen stark belastet
Das ist eine Sozialleistung, die das Sozialamt übernimmt – und damit auch die Landkreise, kritisiert die stellvertretende Geschäftsführerin des Sächsischen Landkreistags, Veronika Müller: "Die Landkreise als Sozialbehörden müssen jetzt für diese Kostensteigerungen als Ausfallbürge einstehen und das kann, unserer Meinung nach, so nicht funktionieren."
Müller rechnet vor: "2022 haben die sächsischen Landkreise knapp 60 Millionen Euro für den Zuschuss zu den Pflegekosten aufgewendet und in diesem Jahr werden es schon 20 Millionen Euro mehr sein. Und damit ist das Ende der Fahnenstange ja noch lange nicht erreicht und die kommunalen Haushalte sind dadurch extrem belastet."
Sozialministerin fordert Reform der Pflegeversicherung
MDR AKTUELL hat noch beim Sozialministerium in Sachsen-Anhalt nachgefragt. Dort hätten sich die Ausgaben für die Kommunen in fünf Jahren mehr als verdoppelt – von etwa 32 auf rund 65 Millionen Euro.
Für die Zukunft ist die Prognose auch hier eher düster, wie ein schriftliches Statement zeigt: "Nicht wenige Einrichtungen haben bislang ihr Erdgas noch zu vergleichsweise günstigen Preisen bezogen, doch Ende vergangenen Jahres sind viele Verträge ausgelaufen. Die höheren Kosten – allein aufgrund verteuerter Energie – werden somit erst in diesem Jahr für die Bewohner und letztlich auch für die Kommunen zu Buche schlagen."
Sachsen-Anhalts Sozialministerin Grimm-Benne fordert deshalb eine Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene. Ähnlich formuliert es Veronika Müller vom Sächsischen Landkreistag. Sie sehe ganz klar die Pflegekassen in der Pflicht.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 30. Januar 2023 | 06:00 Uhr