Geplante Erstaufnahme Proteste und Bürgerdialog zu geplanter Asylunterkunft: "Zu viel für Waldheim"

24. Januar 2025, 13:40 Uhr

Die Stadt Waldheim hat ihre Bürger am Donnerstagabend bei einer Dialogveranstaltung über die Pläne des Freistaates Sachsen zur Errichtung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende informiert. Bürgermeister Steffen Ernst (FDP) betonte vor dem Gespräch, die Meinungen und Bedenken der Bürger aufnehmen zu wollen.

Die Landesdirektion Sachsen hatte angekündigt, das einstige AOK-Schulungsheim in Waldheim im Ortsteil Massanei zu kaufen. Die Landesregierung will das Gebäude als Unterkunft für bis zu 500 Asylsuchende zu nutzen.

Proteste gegen Asylunterkunft in Waldheim
Bei einer Dialogveranstaltung in Waldheim sind am Donnerstagabend mehrere Hundert Menschen zusammengekommen. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Dialog auf dem Marktplatz

Bei der Veranstaltung auf dem Obermarkt konnten nach MDR-Informationen alle Fraktionen des Stadtrats auf der Bühne ein Statement abgeben und sagen, wie sie zu dem Vorhaben stünden. Dort sagte Bürgermeister Ernst, man habe am 7. Januar von den Plänen des Freistaates erfahren, etwa 500 Asylsuchende in Waldheim unterzubringen. "Das ist für Waldheim zu viel", sagte der Bürgermeister der 9.000 Einwohner zählenden Stadt.

Man werde jetzt schauen, was man gegen die Übernahme des Freistaates tun könne.

Mehrheit im Stadtrat gegen Unterkunft

Auch die Mitglieder des Stadtrats sprachen sich am Donnerstagabend gegen die geplante Unterkunft aus. CDU und AfD positionierten sich klar dagegen, ein Vertreter der Grünen plädierte für Gespräche mit der Landesregierung. Im Anschluss kamen Bürgermeister und Stadträte zum Bürgerdialog auf den Obermarkt.

Parkplatz
Dieses Gebäude soll nach dem Willen der Landesdirektion Sachsen zu einer Ernstaufnahmeeinrichtung werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Vorerst positive Bilanz aus dem Rathaus

Bürgermeister Ernst hat den Präsidenten der Landesdirektion am Freitag darüber informiert, dass er nach Dresden kommen werde, um ihn über die Sorgen und Ängste der Waldheimer Einwohner zu unterrichten. "Wir sind beide der Meinung, dass wir die Probleme nur durch Gespräche lösen können. Ich hoffe es werden gute Gespräche."

Die Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat Waldheim, Kathrin Schneider, hatte ein gutes Gefühl, weil viele Einwohner zum Bürgerdialog kamen. "Ich habe sehr viele Gespräche geführt, die die Dialogbereitschaft der Einwohner zeigen, auch wenn es teilweise zu Störungen kam." Aber Kommune und Stadträte treibe die Ablehnung der Erstaufnahmeeinrichtung durchaus um. "Wir haben das Gefühl, dass für die Stadt Waldheim eine Grenze erreicht ist."

 Kathrin Schneider (CDU), Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat Waldheim.
Kathrin Schneider, Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat Waldheim, ist mit dem Verlauf des Bürgerdialoges zufrieden. Bildrechte: MDR

Wir haben das Gefühl, dass für die Stadt Waldheim eine Grenze erreicht ist.

Kathrin Schneider Fraktionsvorsitzende der CDU im Stadtrat Waldheim

Mike Mende von der AfD-Fraktion zog eine positive Bilanz des Bürgerdialogs. "Es waren sehr viele Bürger da." Er habe mehr als eine Stunde lang mit Bürgern gesprochen. "Die gesammelten Fragen wird der Bürgermeister dann der Staatskanzlei übermitteln."

Demo von Rechtsextremen

Bei einem ebenfalls für den Donnerstagabend angemeldeten Protest der rechtssextremen Kleinstpartei "Freie Sachsen" fanden sich nach Reporterangaben zunächst etwa 50 Menschen ein. Später seien es mehrere Hundert Menschen gewesen, die sich einem Protestzug durch die Stadt anschlossen. Die Polizei beschrieb die Situation bei der Demo als "ruhig".

Landesdirektion Sachsen hält am Standort fest

Der Präsident der Landesdirektion Sachsen, Béla Bélafi, sprach sich am Tag nach dem Bürgerdialog und den Protesten in Waldheim für eine Errichtung der Erstaufnahmeeinrichtung im Stadtteil Massanei aus. Er sagte MDR SACHSEN, dass man so die Überbelegung anderer Objekte beenden könne. "Das ist aus unserer Sicht ein sehr gutes Objekt, weil es aktuell bereits für die entsprechenden Zwecke genutzt wird." Er glaube, dass man Konflikten innerhalb und außerhalb der Einrichtungen durch geeignete Unterkünfte entgegenwirken könne.

Die Landesdirektion plane in Abstimmung mit der Stadt eine Einwohnerversammlung zu dem Thema. "Wir nehmen die Proteste natürlich ernst, sind aber der Überzeugung, dass wir auf all die Fragen der Anwohner entsprechende Antworten finden können."

Béla Bélafi, der Präsident der Landesdirektion Sachsen
Béla Bélafi, der Präsident der Landesdirektion Sachsen, will die Waldheimer Einwohner über die geplante Erstaufnahmeeinrichtung informieren. Bildrechte: MDR

Wir nehmen die Proteste natürlich ernst, sind aber der Überzeugung, dass wir auf all die Fragen der Anwohner entsprechende Antworten finden können.

Béla Bélafi Präsident der Landesdirektion Sachsen

Anwalt will gegen Sachsen klagen

Der Waldheimer Rechtsanwalt Enrico Brandt hat bereits eine Klage gegen das Projekt vorbereitet. Er sieht juristische Probleme bei dem Vorhaben. "Es gibt von 1995 einen Bebauungsplan für das Gebiet 'Am Breitenberg / AOK Tagungszentrum', der eine allgemeine Wohnbebauung vorsieht." Wenn man dort eine Erstaufnahmeeinrichtung einrichten wolle, gebe es eine Nutzungsänderung. Die müsste über eine Änderung des Bebauungsplans herbeigeführt werden.

Geplante Asylunterkunft in Waldheim: drei moderne Gebäude inmitten von Wiesen.
Nach Auffassung des Rechtsanwalts Enrico Brandt lässt der aktuelle Bebauungsplan eine Erstaufnahmeeinrichtung in Waldheim nicht zu. Bildrechte: MDR

Zudem ließe der jetzige Bebauungsplan gar keine Erstaufnahmeeinrichtung zu. "Dort ist schriftlich verankert, dass nur die Wohnhäuser umzäunt werden dürfen und die Zäune nur 1,20 Meter hoch sein dürfen." Das AOK-Gelände dürfe gar nicht umzäunt werden. "Laut Verordnung des Sächsischen Innenministeriums erfordert der Betrieb einer Erstaufnahmeeinrichtung jedoch eine Einfriedung mit einem 2,40 Meter hohen Zaun."

Bislang habe auch niemand eine Änderung des Bebauungsplan beantragt. Weitere Schwierigkeiten sieht Brandt durch zu viel Lärm und Mängel im Sicherheitskonzept.

MDR (tfr/ben)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalnachrichten aus dem Studio Chemnitz | 23. Januar 2025 | 17:30 Uhr

Mehr aus Döbeln und Rochlitz

Mehr aus Sachsen