Forsa-Umfrage Pflegeheim für jeden Siebten zu teuer
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24. August 2023, 20:17 Uhr
Die Kosten für den Platz in einem Pflegeheim steigen – wegen steigender Löhne und der allgemeinen Teuerung. Sylvia Bühler, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, sieht die Gefahr, dass sich die Situation weiter verschärft. Der Paritätische Wohlfahrtsverband warnt vor Pflegebedürftigkeit als Armutsfalle. Ein Bündnis fordert daher die Einführung einer Pflege-Vollversicherung.
Drei Viertel der Erwachsenen in Deutschland unterschätzen, welche Summen sie im Pflegefall selbst aufbringen müssen. Das geht aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Bündnisses für eine solidarische Pflegeversicherung hervor, die am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. Insbesondere die unter 45-Jährigen schätzen demnach die Kosten als zu gering ein. Nur jeder Zehnte habe einen Betrag angegeben, der momentan den aktuellen Kosten entspreche.
Mehrheit will Pflege-Vollversicherung
Derzeit müssen Pflegebedürftige im ersten Jahr ihres Aufenthaltes in einem Pflegeheim durchschnittlich rund 2.700 Euro pro Monat selbst aufbringen. Davon entfallen allein auf die pflegerische Versorgung rund 1.250 Euro, der Rest setzt sich zusammen aus Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitions- und Energiekosten. Nur 14 Prozent gehen der Umfrage zufolge davon aus, diese Kosten im Pflegefall selbst stemmen zu können.
Lediglich sechs Prozent der Befragten halten Zusatzkosten trotz Pflegeversicherung in dieser Höhe für angemessen. Eine deutliche Mehrheit von 81 Prozent der Befragten ist daher für den Ausbau der gesetzlichen Pflegeversicherung zu einer Vollversicherung. Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, sagte, immer mehr Menschen würden von den hohen Kosten bei der Pflege kalt erwischt, wenn nicht die Pflegeversicherung endlich solidarisch ausgebaut würde. Er machte deutlich, dass Pflegebedürftigkeit sich "zu einer regelrechten Armutsfalle" entwickle.
Warnung vor Kosten-Lohn-Spirale
Sylvia Bühler, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft Verdi, mahnte, dass Pflegebedürftige und das Personal in der Pflege nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften. Die Logik müsse durchbrochen werden, wonach jede Verbesserung bei Arbeitsbedingungen und Löhnen zu höheren Kosten bei den Pflegebedürftigen führe.
Für die repräsentative Forsa-Erhebung von Anfang August wurden 1.010 Personen über 18 Jahre online zur Pflege und anderen Themen befragt. Für eine Pflegevollversicherung müssten die Beiträge deutlich steigen oder die zusätzlichen Ausgaben mit staatlichen Milliarden-Zuschüssen finanziert werden. Dem Bündnis für eine Pflegevollversicherung gehören unter anderem der Paritätische Gesamtverband, weitere Sozialverbände, der DGB, Verdi und Pflegeverbände an.
epd,dpa(kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 24. August 2023 | 10:00 Uhr