Politik-Finanzierung Höhere Parteispenden im Wahljahr 2024
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03. Mai 2024, 16:44 Uhr
Dieses Jahr gibt es nach der Europawahl am 9. Juni wichtige Wahlen in Ostdeutschland und 2025 die Bundestagswahl. Das führt auch zu größeren Spenden an Parteien, wovon zuletzt vor allem das BSW profitierte.
- Schon fast doppelt so viel Geld wie 2023 – vor allem für das BSW.
- Namen der Spender öffentlich bekannt – Motive aber meist unklar.
- Blinde Flecken bei den Vermögensverhältnissen der Spender.
Im Wahljahr 2024 bekommen Parteien in Deutschland wieder größere Spenden. Laut Webseite Donation Watch flossen bis Ende April bereits 6,2 Millionen Euro – nach 3,8 Millionen im ganzen Jahr zuvor und 3,9 Millionen 2022. Im Bundestags-Wahljahr 2021 waren demnach insgesamt 14 Millionen Euro über Großspenden an Parteien geflossen, fast doppelt so viel wie 2017, im Jahr der vorherigen Bundestagswahl, als es 7,3 Millionen Euro waren.
Großspenden ab 35.000 Euro öffentlich
Berücksichtigt sind vorerst aber nur große Spenden ab 35.000 Euro, die umgehend veröffentlicht werden müssen. Bis März dieses Jahres lag die Schwelle noch bei 50.000 Euro. Weitere, auch geringere Spenden müssen aber in jährlichen Rechenschaftsberichten der Parteien auftauchen.
Mit den Beträgen größerer Spenden werden Namen und Adressen der Spenderinnen und Spender veröffentlicht – etwa vom Bundestag für 2024 oder für 2023 und darauf basierend dann auch bei Wikipedia.
Spenden sichern staatliche Finanzierung
Parteien finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge und eigene Einnahmen, etwa durch Spenden, durch Geld vom Staat und unternehmerische Aktivität, geregelt im Parteiengesetz. Spenden lohnen sich für Parteien dabei doppelt, denn sie erhöhen die Obergrenze dessen, was sie vom Staat zusätzlich pro erzielter Wählerstimmen bekommen dürfen.
Denn neben einer absoluten Obergrenze für die teilweise staatliche Parteienfinanzierung gibt es auch eine relative: Die Summe staatlicher Mittel darf die der parteieigenen Einnahmen nicht übersteigen. Der Grund ist: Die Parteien sollen nicht überwiegend vom Staat finanziert werden.
Aktueller Spitzenreiter ist das BSW
Großspenden-Spitzenreiter der Bundestagsparteien waren 2023 die der Union. Die CDU bekam rund eine Million und die bayerische CSU fast 830.000 Euro. Die fast 307.000 Euro für die FDP und 265.000 Euro für die AfD sowie jeweils mehr als 250.000 für SPD und Grüne wirkten da bescheidener.
Im Bundestags-Wahljahr 2021 hatten allerdings die FDP mit 4,43 Millionen Euro an Großspenden und die Grünen mit fast 3,5 Millionen vorn gelegen, vor CDU und CSU und mit einigem Abstand vor den übrigen Parteien.
Auffällig ist das meist geringere Aufkommen an größeren Spenden für die SPD, die trotzdem bei den Gesamt-Einnahmen nicht selten die Spitze hält. Das liegt daran, dass die SPD aus Immobilien und Beteiligungen an Unternehmen höhere Einnahmen hat und deshalb auch mehr staatliche Mittel.
Aktueller Spitzenreiter bei Großspenden ist allerdings das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Laut Bundestag flossen bis 26. April exakt 5.986.463,64 Euro an Spenden über 35.000 Euro an Parteien – allein 5.160.463,64 Euro davon an das BSW. Neben 80.463,64 Euro vom BSW-Förderverein bekam die Partei Mitte März mehr als vier Millionen von Thomas Stanger, der schon zur Parteigründung im Januar 990.000 Euro locker gemacht hatte.
Bekannteres ostdeutsches Gesicht ist CDU-Spender Stephan Schambach. Regelmäßig tauchen auch die BMW-Erben Susanne Klatten und Stefan Quandt als CDU-Spender auf und neben Privatleuten auch Unternehmen und Verbände, die Sixt Autovermietung etwa, die Deutsche Vermögensberatung oder Bayerns Verband der Metall- und Elektroindustrie, wobei die meisten von ihnen neben der Union auch FDP, SPD und Grüne unterstützen.
Motive für Parteispenden bleiben eher vage
Wer, wann und wie viel spendet, wird also öffentlich, weniger bekannt aber das Motiv der Spender und Spenderinnen. Denen sind selten und meist nur allgemeine Aussagen dazu zu entlocken – wenn überhaupt.
Das hat auch rechtliche Gründe, weil mit Parteispenden gar keine konkreten Ziele verfolgt werden dürfen. So lässt das Parteiengesetz die Annahme einer Spende nicht zu, wenn sie "erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung" für einen bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteil fließt.
Probleme damit hatte etwa der auch in Leipzig bekannte Berliner Immobilieninvestor Christoph Gröner. Er hatte 2020 persönlich und über die Gröner Family Office GmbH der Berliner CDU 800.000 Euro zukommen lassen und in Interviews später von Bedingungen gesprochen. So sagte er unter anderem im Mai 2021 beim Deutschlandfunk Kultur mit Bezug zum Berliner Mietendeckel, er habe gewollt, dass die CDU diesen "modifiziert".
Erst zwei Jahre später forderte die Berliner Linke eine Prüfung, doch die Bundestagsverwaltung erklärte, die CDU habe den Verdacht ausgeräumt: Die Aussagen "wurden zwischenzeitlich nachvollziehbar richtiggestellt".
Blinde Flecken: Die Vermögen der Spender
Nicht geprüft wird, ob die Spender sich das leisten können. Mit öffentlich zugänglichen Quellen ist kaum möglich zu überprüfen, ob als reich geltende Menschen tatsächlich eigenes Geld einsetzen. Bekannt ist nur bei Leuten wie Gröner, Klatten, Quandt oder Schambach, woher sie ihr Vermögen haben.
Schambach etwa, 1970 in Erfurt geboren, entwickelte 1995 eine Software für Online-Handel und gründete unter anderem das Unternehmen Intershop in Jena. Beim Verkauf des Intershop-Nachfolgers Demandware an Salesforce erhielt er 2016 dann rund 220 Millionen US-Dollar.
Weniger bekannt ist indes, wie der noch keine 30 Jahre alte Thadaeus Friedemann Otto der Partei Volt Deutschland dieses Jahr und im vergangenen stolze 325.000 Euro spenden konnte. Mögliche Einkünfte als Rapper "Alo Thadeus" dürften das kaum erklären können. Möglicherweise könnte hier aber auch Erbschaft eine Rolle spielen.
Wenig war bisher auch über die Herkunft des Vermögens von BSW-Spender Thomas Stanger zu erfahren. Aus Fulda stammend, soll er in Spanien gelebt haben und aktuell in einer kleinen Gemeinde bei Wismar an der Ostsee, wo er und Ehefrau Lotte Sanlingré anscheinend auch Immobilien besitzen.
Dem RND hatte Stanger im Januar gesagt: "Wir kommen aus der Hightech-Branche. Ich habe eine Firma mit aufgebaut und bin dort noch Teilhaber." Er und seine Frau nutzen demnach seit Jahren "einen Teil unseres Wohlstands auch dazu, Organisationen zu unterstützen, die sich für Frieden, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen." Von welcher Firma die Rede war und von welchen anderen unterstützten Organisationen, blieb offen.
Davon abgesehen beklagen Kritiker ein Transparenzproblem auch bei Spenden unter den Meldeschwellen. In Rechenschaftsberichten müssen sie zwar auftauchen. Die Berichte erscheinen jedoch oft bis zu zwei Jahre später und Spenden unter 10.000 Euro bleiben anonym.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 06. Mai 2024 | 13:49 Uhr
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