Zweitstimmendeckung Neues Wahlrecht: Wahlkreisgewinner können leer ausgehen
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10. Februar 2025, 19:08 Uhr
Neu bei der Bundestagswahl 2025 ist der Wegfall von Überhang- und Ausgleichsmandaten und die Kopplung von Direktmandaten ans Zweitstimmenergebnis. Wir erklären die Neuregelung an Beispielen. Zugleich korrigiert MDR AKTUELL einen Fehler in einer ersten Version des Artikels zu den Auswirkungen für die Partei Die Linke.
- Wahlrechtsreform: Zahl der Sitze im Bundestag wird auf 630 gedeckelt.
- Drei Direktmandate hebeln Fünf-Prozent-Klausel aus – Chance für die Linke. Korrektur von Falschaussage.
- Nach der neuen "Zweitstimmendeckung" könnten Wahlkreissieger leer ausgehen.
- Die neue Regelung an einem Beispiel erklärt.
Bundestag wird auf maximal 630 Sitze gedeckelt
Bei der Bundestagswahl 2025 greift die Wahlrechtsreform der Ampelregierung. Kernpunkt ist, dass die bislang üblichen Überhang- und Ausgleichsmandate für die Parteien wegfallen. Damit soll der Bundestag nach zuletzt 733 Sitzen auf 630 Sitze verkleinert werden.
Außerdem wollte die Ampelkoalition die sogenannte Grundmandatsklausel abschaffen, doch das wurde vom Bundesverfassungsgericht untersagt. Es gilt also weiter die Ausnahmeregelung, wonach mindestens drei Wahlkreisgewinne einer Partei die weiterhin geltende Fünf-Prozent-Hürde aushebeln.
Linke setzt im Wahlkampf erneut auf Wahlkreisgewinner
In den Wahlumfragen lagen zuletzt drei Parteien im Bundestag um die fünf Prozent und müssen somit um den Einzug in den Bundestag bangen. Die Linke setzt daher parallel wieder auf den Sieg von mindestens drei Direktkandidaten. Sie hatte schon bei der Bundestagswahl 2021 den Einzug in den Bundestag nur deshalb geschafft, weil sie in insgesamt drei Wahlkreisen in Berlin und Leipzig die Direktmandate holte. Bei den Zweitstimmen war sie mit 4,9 Prozent eigentlich an der Sperrklausel gescheitert. Doch die drei Wahlkreiserfolge sicherten ihr den Sprung ins Parlament.
Von der Fünf-Prozent-Klausel grundsätzlich befreit sind weiterhin Parteien nationaler Minderheiten wie der SSW der Dänen und Friesen in Schleswig-Holstein. Eine weitere Ausnahme gilt für parteiunabhängige Wahlkreissieger, die ebenfalls mit Mehrheit der Erststimmen in den Bundestag einziehen können.
Anmerkung der Redaktion Richtigstellung: An dieser Stelle korrigiert MDR AKTUELL Aussagen in der ersten Version dieses Textes vom 9. Februar 2025. Dort hieß es zu den möglichen Folgen der Wahlrechtsreform: "Demnach würde die Linke mit ihrem Ergebnis von 2021 aus dem Bundestag fliegen." und "Die Linke hätte trotz dreier Direktmandate den Einzug in den Bundestag verpasst." Das ist falsch. Die Linke hat weiterhin Chancen, mit drei Wahlkreissiegen in den Bundestag einzuziehen. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
Wahlkreissieger könnten durch neue Zweitstimmendeckung leer ausgehen
Neu bei dieser Bundestagswahl ist das Prinzip der Zweitstimmendeckung für Wahlkreisgewinner, welches die bisherige komplizierte Regelung mit Ausgleichs- und Überhangmandaten ersetzt. Demnach entscheidet nun das Zweitstimmenergebnis der Partei im Bundesland über die Zahl der Sitze im Bundestag. Die Mandate werden dabei zunächst an die Wahlkreisgewinner der Partei vergeben und bei einem entsprechend hohen Zweitstimmenergebnis um Kandidaten der Landesliste aufgestockt.
Es dürfen also nur so viele Direktkandidaten in den Bundestag einziehen, wie der Partei nach dem Zweitstimmenergebnis zustehen. Das kann auch dazu führen, dass Wahlkreissieger bei der Sitzvergabe leer ausgehen. Das wäre der Fall beim Gewinn vieler Wahlkreise ohne entsprechendes Zweitstimmenergebnis der Partei. Wie sich die Neuregelung im Einzelnen auf die Sitzvergabe an die Parteien auswirkt, wird sich nach der Wahl am 23. Februar zeigen.
Die Zweitstimmendeckung an einem Beispiel erklärt
Die Partei X gewinnt im Bundesland Y laut Zweitstimmenergebnis zehn Sitze im Bundestag. Diese Sitze werden zuerst mit ihren beispielsweise fünf Wahlkreisgewinnern besetzt und dann um die fünf ersten Plätze von den Landeslisten aufgestockt.
Bei zehn Wahlkreissiegern könnte entsprechend niemand von der Landesliste nachrücken. Hätte die Partei sogar zwölf Wahlkreissieger, greift die neue Zweitstimmendeckung: Dann ziehen wegen des Zweitstimmenergebnisses trotzdem nur zehn Wahlkreisgewinner in den Bundestag ein. Die beiden Wahlkreissieger mit dem prozentual geringsten Erststimmenergebnis gehen leer aus. Ihr Wahlkreis wird dann im Bundestag nicht durch einen direkt gewählten Abgeordneten vertreten.
MDR AKTUELL RADIO