Migrationspolitik Was bedeuten die angedachten Verschärfungen von Union und SPD?
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11. März 2025, 11:52 Uhr
Migration war eines der großen Themen bei der Bundestagswahl. Und das war es auch wieder in den Sondierungsgesprächen zwischen den Wahlgewinnern CDU/ CSU und dem möglichen Koalitionspartner SPD. Erste Vereinbarungen dazu sind nun im Sondierungspapier veröffentlicht worden. Wie kommen die Pläne an?
- Landrat in Görlitz hofft auf bessere Integration
- Polizei erwartet Entlastung durch konsequente Zurückweisungen
- ProAsyl will rechtliche Schritte einlegen
Deutschland solle ein einwanderungsfreundliches Land bleiben. So heißt es in dem gemeinsamen Sondierungspapier von Union und SPD. Gleichzeitig solle die irreguläre Migration zurückgedrängt werden. Wie, das fasst CDU-Chef Friedrich Merz knapp so zusammen: "Wir werden in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn Zurückweisungen an den gemeinsamen Grenzen auch bei Asylgesuchen vornehmen."
Mit rechtsstaatlichen Maßnahmen soll die irreguläre Migration insgesamt reduziert werden. "Wir werden von erstem Tag unserer gemeinsamen Regierung die Grenzkontrollen massiv ausbauen, und wir werden mit diesen Grenzkontrollen die Zahl der Zurückweisungen deutlich anheben", so Merz.
Hoffnung auf schnellere Integration
An der Grenze zu Tschechien und Polen im sächsischen Landkreis Görlitz werden diese Pläne begrüßt. Landrat Stephan Meyer (CDU) sieht in dem Sondierungspapier viele gute Ansätze. Er hofft, dass diese Maßnahmen sowohl für gesellschaftlichen Frieden sorgen als auch die Integration beschleunigen könnten.
"Das erhoffe ich mir, dass das die Bundesregierung jetzt tatsächlich auch löst. Und wir jetzt denjenigen, die eine Bleibeperspektive bekommen, auch in Sachen Integration näher kommen können", sagt Meyer. "Weil wir haben nach wie vor zu wenig Sprachkurse, die Kapazitäten sind da zu begrenzt. Und wir sind zu langsam was die Integration angeht." Das betreffe dann auch die Akzeptanz, wenn Leute sehen würden, dass nichts vorangeht. "Und dass die Leute nicht in Arbeit kommen, dann schwindet die Akzeptanz", sagt er.
Polizei erwartet Entlastung
Eine Entlastung durch verschärfte Grenzkontrollen und konsequente Zurückweisungen verspricht sich auch Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, für Polizeibeamte. Denn eine Zurückweisung mache weniger Arbeit als die Aufnahme und ein Asylverfahren.
"Die Arbeit wird leichter, weil die Länder, aus denen diese Personen kommen ihre Binnengrenze auch viel besser kontrollieren und besser schützen werden", sagt Wendt. "Und ihrerseits – das ist der sogenannte Dominoeffekt – verhindern werden, dass Menschen, die aus einem sicheren Land einreisen, in ihr Land kommen. Weil sie sie sonst in ihrem Land haben."
ProAsyl: Sorge um Menschenrechte
Karl Kopp kann dem Sondierungspapier beim Thema Migration nichts Positives abgewinnen. Der Geschäftsführer von ProAsyl findet klare Worte für das Papier: beschämend, schäbig und feindlich. Denn Kopp fürchtet, dass Menschenrechte und Menschenwürde auf der Strecke bleiben werden. "Wenn man es so reinschreibt, ist es auch eine Aufforderung an die Bundespolizei vielleicht öfters nochmal ein Schutzgesuch zu überhören und rechtswidrige Zurückweisungen zu machen", warnt Kopp.
Wenn man es so reinschreibt, ist es auch eine Aufforderung an die Bundespolizei vielleicht öfters nochmal ein Schutzgesuch zu überhören und rechtswidrige Zurückweisungen zu machen.
ProAsyl ist alarmiert und erwägt perspektivisch auch rechtliche Schritte einzulegen. Sollte eine künftige Bundesregierung ihre migrationspolitischen Pläne so umsetzen, wolle man genau hinsehen, erklärt Kopp. "Als Zivilgesellschaft werden wir mit unseren Partnerorganisationen in Europa bestimmte Praktiken versuchen zu überwachen." Wenn Menschen rechtswidrig zurückgewiesen oder Opfer von Menschenrechtsverletzungen würden, würde man sie auch gerichtlich vertreten, so Kopp.
Wie konkret die Punkte zur Migrationspolitik tatsächlich in einem Koalitionsvertrag umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Die Koalitionsverhandlungen sollen am Donnerstag beginnen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 11. März 2025 | 06:05 Uhr