Partei Extreme Verbindungen in der Werteunion

01. Februar 2024, 05:00 Uhr

Rund um den ehemaligen Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen soll eine neue Partei gebildet werden: die Werteunion. Bislang ist das ein Verein – doch dessen Mitglieder haben einige dubiose Kontakte und an einem geheimen Treffen teilgenommen.

Es wird eine weitere Option bei den anstehenden Wahlen geben. Mitte Januar haben die Mitglieder des rechtskonservativen Vereins der Werteunion beschlossen, dass eine Partei gegründet werden soll. Die neue Partei könnte dann bei den Landtagswahlen etwa in Thüringen und Sachsen eine Rolle spielen.

Ein Mann steht dabei besonders im Fokus: Der Vorsitzende der Werteunion, Hans-Georg Maaßen. Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz steht schon länger in der Kritik, weil er sich in den vergangenen Jahren immer radikaler in der Öffentlichkeit äußerte. Deshalb wollte ihn die CDU aus der Partei schmeißen. Inzwischen ist er selbst ausgetreten.

So behauptete Maaßen etwa in einem Interview mit dem "Deutschland Kurier" im Mai des vergangenen Jahres am Rande einer Konferenz in Budapest, dass Flucht und Migration in Deutschland gezielt genutzt würden: "Die politische Linke, die Ökosozialisten, wollen eine gesellschaftliche Veränderung. Die wollen eine neue Gesellschaft, einen neuen Menschen. Das sagen sie ganz offen und Migration ist ein Instrument zur Zerstörung der bisherigen Gesellschaft."

Auf der Plattform X (früher Twitter) äußerte Maaßen den Verdacht, dass ein wesentlicher Teil der Politik und Medien an der Auslöschung weißer Menschen in Deutschland arbeite. Sie treibe ein "Eliminatorischer #Rassismus gegen Weiße und der brennende Wunsch das #Deutschland verrecken möge."

Also, mit solch einem Sprachgebrauch wird er nicht allzu viele Leute erreichen, die nicht ohnehin bei der AfD längst angekommen sind.

Ursula Münch Professorin

Dies bediene die Verschwörungsideologie eines angeblichen Umvolkungsplans, wie er von extrem rechten Gruppen verbreitet wird, um Angst vor Migration zu schüren, sagt die Direktorin der Akademie für Politische Bildung, Professorin Ursula Münch. Das Ziel der neuen Partei, enttäuschte CDU-Wähler anzusprechen, könnte mit solchen Äußerungen über angebliche Umvolkungspläne schwer werden. "Also, mit solch einem Sprachgebrauch wird er nicht allzu viele Leute erreichen, die nicht ohnehin bei der AfD oder bei der NPD-Nachfolgepartei schon längst angekommen sind." Bisher sei die Werteunion aber nur ein Verein und keine Partei, sagt Münch.

Mitglieder der Werteunion bei Geheimtreffen in Potsdam

Am 20. Januar hatten sich die Mitglieder der Werteunion bei einem Treffen in Erfurt zu 95 Prozent für die Gründung einer Partei ausgesprochen. Maaßen veröffentlichte nach dem Treffen ein Gruppenfoto aller Mitglieder, die bei der Veranstaltung dabei waren, darunter auch: Michaela Schneider und Simone Baum.

X-Post
Dieses Bild hatte Hans-Georg Maaßen auf Twitter gepostet. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die beiden hatten an einem geheimen Treffen in Potsdam teilgenommen. Die Rechercheredaktion "Correctiv" berichtete, dass dort Neonazis, Unternehmer und Politiker von AfD, CDU und Werteunion über Vertreibungspläne von Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland diskutierten. Baum ist im Bundesvorstand des Vereins Werteunion.

Auf Anfrage von MDR Investigativ dazu, antwortete die Werteunion schriftlich, dass bei dem Treffen in Potsdam über die Vertreibung von Millionen von Menschen gesprochen worden sein soll, sei frei erfunden: "Die Anschuldigungen sind infam, unwahr und offenbar Teil einer zeitlich gut positionierten Kampagne, um der Werteunion, die sich anschickt, Partei zu werden, im Zuge einer 'politischen Marktbereinigung' bereits vor Ihrer Gründung massiv zu schaden.” Die Werteunion lehne Rechtsextremismus ab.

Kristin Schwietzer und Hans-Georg Maaßen mit Audio
Der Werteunion-Vorsitzende Hans-Georg Maaßen (noch CDU) will am Samstag bei einer Mitgliederversammlung in Erfurt aus dem CDU-nahen Verein am Sonntag eine Partei machen. Bildrechte: ARD-Hauptstadtstudio/Reiner Freese, dpa Heiko Rebsch

Nach MDR-Anfrage aus Werteunion ausgeschlossen

Ebenfalls auf dem Bild zu sehen ist Eric V., der im Netz mit NS-verherrlichenden Posts auffällt und der über ein Deutschland ohne Migranten sinniert. So postete er etwa auf X: "Also, wenn es keine Ausländer in Deutschland mehr gäbe, dann gäbe es doch auch keinen Rassismus mehr, oder?".

Auf einem anderen Foto, welches er selbst gepostet hatte, ist V. an einem Werbestand der AfD zu sehen, auf einem weiteren Foto mit Martin Sellner. Der Österreicher war früher Sprecher der rechtsextremen "Identitären Bewegung" und hatte bei dem Geheimtreffen in Potsdam die sogenannten Remigrationspläne vorgestellt. Auf Anfrage von MDR Investigativ sagt V., dass es nicht zu weiteren Treffen mit Sellner gekommen sei. Andere Posts von ihm würden unter die freie Meinungsäußerung fallen. Er habe sich für die AfD engagiert, sei aber kein Mitglied.

Zwei Personen
Eric V. (links) auf einem Bild mit dem Österreicher Martin Sellner. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Die Werteunion antwortete dem MDR dazu: "Nach Kenntnisnahme der MDR-Anfrage hat der Bundesvorstand umgehend gehandelt, recherchiert und daraufhin V. umgehend aus der Gruppe der Jungen Werteunion (JWU) entfernt, sowie aus der Werteunion ausgeschlossen."

Wieso erst jetzt? Die Jugendorganisation der CDU hatte gegen V. bereits 2021 aufgrund rassistischer Posts ein Ausschlussverfahren angestrengt, woraufhin er austrat. Die Werteunion habe von seinem Engagement für die AfD, seinen Auftritten mit Sellner und menschenverachtenden Posts bisher keine Kenntnis gehabt.

Markus Krall und die Kontakte zu "Reichsbürgern"

Doch die Werteunion zeigt sich gegenüber einer Zusammenarbeit mit Rechtsaußen offen. "Zumindest haben wir ja schon gesagt, dass wir mit allen reden", sagte der Beisitzer des Bundesvorstandes, Michael Kuhr, am 20. Januar über die AfD. Man rede auch mit den Grünen. "Warum sollen wir die AfD da ausschließen? Ich halte eine Brandmauer für zutiefst antidemokratisch."

Neben Maaßen hat offenbar ein zweiter Mann das Projekt maßgeblich mit vorangetrieben: Markus Krall. Auch er war Mitte Januar in Erfurt. Der 61-Jährige war einer der Ersten, der in sozialen Netzwerken unter dem Hashtag "Let's roll" öffentlich für das Parteiprojekt warb.

Laut einer Veröffentlichung von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" stand Krall im intensiven Austausch zu Heinrich XIII. Prinz Reuß aus dem "Reichsbürger"-Mileu, der inzwischen als mutmaßlicher Rechtsterrorist angeklagt ist. Demnach sollen Krall und Reuß offenbar gemeinsam zu mehreren geheimen Treffen – unter anderem auch einmal auf Schloss Waidmannsheil in Ost-Thüringen – gefahren sein.

Auf die Frage nach seinen Kontakten zu Prinz Reuß erhält MDR Investigativ auf eine schriftliche Anfrage keine Antwort. "Eine programmatische Rolle", antwortete Krall auf die Frage, welche Rolle er in der neuen Partei spielen würde. Das Programm soll nun in den nächsten Wochen ausgearbeitet und die Partei Werteunion noch im Februar gegründet werden.

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Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR exakt | 24. Januar 2024 | 20:15 Uhr

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