Demonstranten einer Bürgerinitiative gegen Windräder halten ein Schild mit der Aufschrift - Schluss mit der Klimahysterie Schluss mit der Abzocke - nach oben
In Thüringen gibt es immer wieder Demonstrationen, auf denen der Klimawandel verharmlost oder geleugnet wird. Bildrechte: imago images/Karina Hessland

Konferenz in Wien Aktiv gegen Klimaschutz – Die Klimawandel-Leugner aus Thüringen

15. Juni 2024, 07:51 Uhr

In Wien trifft sich an diesem Wochenende das "Who is Who" der internationalen Klimawandel-Leugnerszene. Organisiert hat die zweitägige Konferenz ein Verein mit Sitz im thüringischen Jena, der seit Jahren als Teil eines weltweiten Netzwerkes von Anti-Klimaschutzlobbyisten gegen die Energiewende mobilmacht.

Die Redner der "16. Internationalen Klima- und Energiekonferenz" in Wien kommen aus aller Welt. Auf der Internetseite der Veranstalter werden sie als Leiter internationaler Organisationen, Forscher, Wissenschaftler an Universitäten vorgestellt. Beim Blick auf die Vortragsthemen wird schnell klar, dass es sich hier nicht um einen Austausch unabhängiger Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen handelt, sondern um eine Lobby-Veranstaltung von Klimaschutz-Gegnern. "Wie die Wissenschaft half, den Klimanotstand zu erfinden" oder "Mit dem Energiewende-Narrenschiff mit voller Fahrt aufs Riff" – so die Titel der Veranstaltungen. Das mag absurd klingen, tatsächlich gilt das Treffen in Wien unter Experten als eines der wichtigsten Vernetzungs-Treffen internationaler Klimawandel-Leugner auf europäischem Boden.

Thüringen als Zentrum der deutschen Klimawandel-Leugnerszene

Janine Patz vom IDZ Jena erforscht für das "Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt" die Netzwerke der Klimawandel-Leugner. Bei den angekündigten Rednern in Wien handle es sich um das "Who is Who" des international organisierten "klimaskeptischen" bis klimaleugnenden Netzwerkes, so Patz. Vertreter aus Lobbyvereinen, großen Denkfabriken, pseudowissenschaftlichen Initiativen, aber auch universitären Bereichen, allerdings zumeist fachfremde Akademiker seien in Wien dabei.

Veranstalter der Konferenz, die in den vergangenen Jahren unter anderem in Gera, Braunsbedra und München stattgefunden hat, ist das so genannte "Europäische Institut für Klima und Energie", kurz: der Verein Eike aus Jena. Gegründet wurde der Verein nach eigenen Angaben 2007. Auf seiner Webseite präsentiert sich der Verein selbst als "Zusammenschluss einer wachsenden Zahl von Natur, Geistes- und Wirtschaftswissenschaftlern, Ingenieuren, Publizisten und Politikern, die die Behauptung eines 'menschengemachten Klimawandels' als naturwissenschaftlich nicht begründbar und daher als Schwindel gegenüber der Bevölkerung ansehen".

Folglich lehne man jegliche Klimapolitik ab. Eike-Präsident Holger Thuß, der in Wien das Grußwort spricht, hat nicht nur den Verein gegründet, sondern nach Angaben der Autorinnen Susanne Goetze und Annika Joeres in ihrem Buch "Die Klimaschmutzlobby" auch den europäischen Ableger der Klimawandelleugner-Organisation CFACT mit Sitz in Jena.

Vernetzung bis in die Trump-Administration

Bei der Mutterorganisation von CFACT Europe handelt es sich um einen neoliberalen Thinktank CFACT aus Washington D.C., der früher laut LobbyControl direkt vom US-Mineralölkonzern ExxonMobile unterstützt und später mit Geldern aus verschiedenen Fonds der Erdöl- und Kohleindustrie finanziert wurde. Mit Craig Rucker und Marc Morano sprechen gleich zwei führende Köpfe von CFACT auf der diesjährigen Eike-Konferenz in Wien. Rucker und Morano sind seit Jahren enge Bündnispartner der Jenaer Anti-Klimaschutz-Lobbyisten.

Eine weitere wichtige Partnerorganisation ist das ebenfalls US-amerikanische Heartland Institute. Expertinnen wie die amerikanische Bestsellerautorin und Klima-Aktivistin Naomi Klein halten das Heartland Institute für eine der weltweit einflussreichsten Anti-Klimaschutz-Lobbyorganisationen. Seit nunmehr vier Jahrzehnten gibt es den Thinktank, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Klima- und Umweltmaßnahmen zugunsten der fossilen Industrie zu verhindern – durch Lobbyismus bis in höchste Regierungskreise.

Finanziert wurde das Heartland Institute, das unter der Präsidentschaft von Donald Trump bis in die Trump-Administration vernetzt gewesen sein soll, laut LobbyControl über Jahre unter anderem durch Spenden der Konzerne Phillip Morris und Exxon Mobile. Seit einigen Jahren bekommt die Organisation nun Spendengelder über Stiftungen wie dem Donors Trust und dem Donors Kapital Funds, mittels derer zum Beispiel die fossile Industrie in den USA ihre Spendenzahlungen verschleiert. Auch die Mercer Family Foundation von Trump-Förderer Robert Mercer gilt demnach als Heartland-Unterstützer.

Heartland-Präsident James Taylor, der auf der Wiener Eike-Konferenz einen Vortrag mit dem Titel "Was Klimaalarmisten Ihnen verheimlichen" hält, ist ein alter Bekannter von Eike-Generalsekretär Wolfgang Müller, der in Wien wie schon in den vergangenen Jahren das Schlusswort spricht und seinerseits schon auf einer Veranstaltung des Heartland-Instituts in Washington als Redner auftreten durfte. Dort hatte er den Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres zufolge keinen Hehl aus der engen Vernetzung gemacht. Man freue sich über die regelmäßige Unterstützung von Heartland, ohne die die Arbeit von Eike nicht so erfolgreich wäre, zitieren die Autorinnen aus Müllers Rede in ihrem Buch.

Bündnispartner von AfD und Windkraft-Gegnern

Der Verein Eike strebt hierzulande nach dem Vorbild der US-Thinktanks nach Einflussnahme und Kontakten in die Politik und hier insbesondere zur extrem rechten AfD. Mittlerweile gibt es sowohl personelle Verbindungen von Eike-Publizisten in die Partei als auch wechselseitige Zusammenarbeiten zwischen AfD und Verein. So berufen sich AfD-Politiker immer wieder auf die behauptete Expertise Eikes in Klimafragen. Eike-Vizepräsident Michael Limburg soll das Parteiprogramm im Bereich Klimapolitik mitentwickelt haben.

Grafik: Co2 Fussabdruck bei der EM, Quelle UEFA 7 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Eike und das Netzwerk der Anti-Klimalobby erfüllten eine zentrale Funktion für die extreme Rechte, sagt Forscherin Janine Patz. Sie "sind die zentralen Stichwortgebenden und die herangezogene Legitimationsgrundlage der klimaschutzfeindlichen extremen Rechten – weltweit und in Deutschland, besonders für die AfD", so Patz. "Sie haben durch ihre personellen Überschneidungen erblichen Einfluss auf die Programmatik wie auch die parlamentarische Arbeit und sind für Abgeordnete tätig oder sitzen direkt in themenrelevanten Fachausschüssen."

Regional ist Eike nach MDR-Informationen vor allen Dingen zu lokalen Vereinen und Initiativen gegen Windkraft vernetzt, wie etwa zur Anti-Windkraftlobby-Organisation "Vernunftkraft". Auch beim so genannten "Waldkampftag" in St. Gangloff bei Gera war der Verein in den letzten Jahren immer wieder präsent. Bei dem Protesttag, organisiert von einer lokalen Bürgerinitiative, vernetzen sich politische Akteure der extremen Rechten wie AfD, Werteunion und Windkraftgegner.

Forscherin: "Eike-Konferenzen bieten antidemokratischen Kräften eine Brücke"

Dass die Konferenz ausgerechnet in Wien stattfindet ist offenbar kein Zufall. Eike sei einerseits international gut vernetzt, sagt Janine Patz vom FGZ, zum anderen bestünden enge Verbindungen zwischen AfD, FPÖ, Eike und innerhalb der klimawandelleugnenden Szene. "Die Verbindungen der FPÖ in diese Strukturen ist mit denen der AfD vergleichbar. Die FPÖ wird beispielsweise ebenfalls von der Hayek-Gesellschaft Österreich beraten, welche auch engste personelle, strukturelle und finanzielle Überschneidungen u.a. zu Eike aufweist."

Künftig dürften die Verbindungen allen voran der rechten Parteien zu den internationalen Klimaleugner-Netzwerken im Kontext europäischer Politik noch sehr viel spür- und sichtbarer werden, so Patz weiter. Mit potentiell gravierenden gesellschaftlichen Folgen auch für den Klimaschutz. Die Konferenz verbinde sämtliche klimaregressive und klimaleugnende Strukturen, und zwar über politische Spektren und gesellschaftliche Milieus hinweg. "Eike und ihre Konferenzen bieten antidemokratischen und offen demokratiefeindlichen Akteurinnen eine Brücke. Die strategische Lobbyarbeit ist nicht nur demokratiegefährdend, sondern leider auch sehr erfolgreich bezüglich der Verschleppung, Ausbremsung und Verhinderung vom Klimaschutzmaßnahmen", warnt Forscherin Janine Patz.

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 15. Juni 2024 | 16:15 Uhr

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